Politik will Sitzungsbetrieb aufnehmen
Hauptausschuss könnte entscheiden

Der Hauptausschuss mit 19 Mitgliedern könnte im Ratssaal tagen. | Foto: Foto: PR-Foto Köhring
  • Der Hauptausschuss mit 19 Mitgliedern könnte im Ratssaal tagen.
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Seit Mitte März ist auch der Sitzungsbetrieb in der Politik still gelegt. Keine Gremien und Ausschüsse tagen mehr, Fraktionssitzungen finden per Videokonferenz statt, wichtige Entscheidungen werden zurzeit durch Dringlichkeitsbeschlüsse gefasst. Nun aber werden auch in der Politik die Stimmen immer lauter, die sich für die Aufnahme des Sitzungsbetriebes aussprechen, damit die Lokalpolitiker ihr Mandat auch wahrnehmen können. Nur über das wie ist man sich noch nicht einig.

Ein erster Vorstoß von Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort vom 8. April fand keine Mehrheit. Dieser sah vor, eine Ratssitzung mit nur je zwei Vertretern pro Fraktion und dem fraktionslosen Mitglied Cevat Bicici durchzuführen. Daraufhin machte Steinfort am 22. April einen weiteren Vorschlag: entweder eine Sitzung des Hauptausschusses Anfang Juni durchzuführen oder am 25. Juni eine Sitzung des Rates. Bis diesen Mittwoch hatten die Fraktionen Zeit, über den Vorschlag der Hauptausschusssitzung abzustimmen.
 
Bis zum 30. April, so hatten sich Politik und Verwaltung zu Beginn der Einschränkungen abgestimmt, solle es keine Sitzungen geben. Noch letzte Woche prüfte der Verwaltungsvorstand, ob aktuell eilig zu entscheidende Themen vorliegen. Das sei nicht der Fall, heißt es am 22. April in einem Schreiben von Dr. Steinfort an die Fraktionen. Auch in Anbetracht des besonderen Gesundheitsschutzes der Sitzungsteilnehmer sieht die Verwaltung deshalb keine Notwendigkeit für eine Sitzung vor dem 29. Mai. Nach wie vor, so betont Steinfort in der Mail, sei ein großer Teil der Verwaltung massiv mit der Abwehr des Coronavirus beschäftigt.

Entscheidungsbefugnis auf
Hauptausschuss übertragen

Der Landtag hat am 14. April ein Gesetz beschlossen, das es erlaubt, in der momentanen Situation die Entscheidungsbefugnisse vom Rat auf den Hauptausschuss zu übertragen, wenn dem zwei Drittel der Ratsmitglieder zustimmen. Das gilt zunächst bis zum 14. Juni.

Deshalb schlägt die Verwaltung nun vor, entweder eine Sitzung des Hauptausschusses Anfang Juni durchzuführen oder am 25. Juni eine Sitzung des Rates. Bis Mittwoch ist eine Rückmeldung der Fraktionen zu einer möglichen Hauptausschusssitzung erbeten, über eine Ratssitzung Ende Juni könne später entschieden werden. Videokonferenzen sowie Umlaufbeschlüsse anstelle von Ausschusssitzungen seien nicht statthaft, betont Steinfort.

Die SPD spricht sich für die Hauptausschusssitzung aus, eine Präsenzsitzung des Rates hält man angesichts der Situation nicht für angebracht, ein Ruhen der Sitzungen aber auch nicht. Es sei zum einen wichtig, dass die Politik die Möglichkeit haben sollte, auf detailliertere Fragen zur Arbeit des Krisenstabes und der Verwaltung eingehen zu können. "Zum anderen stehen wichtige Entscheidungen zu Bauleitplanungen an", erklärt Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler. Da seien Entschlüsse der Politik nötig, damit die Verwaltung weiter arbeiten könne. Den Zeitpunkt einer Sitzung sollte man nach dem Arbeitsstand der Verwaltung ausrichten. Je mehr Beschlüsse man in eine Sitzung packen könne, desto besser für alle.

Koppelung von BV und Hauptausschuss

Die CDU-Fraktion wird sich erst in der Fraktionssitzung am Mittwoch entscheiden. "In der vergangenen Woche haben wir bereits über den Vorschlag von Dr. Steinfort gesprochen, aber es gab noch weiteren Beratungsbedarf", erklärt Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer. Auch die CDU will den Sitzungsbetrieb so schnell wie möglich wieder aufnehmen, damit die gewählten Vertreter auch ihr politisches Mandat ausüben können. Das gilt auch für die Bezirksvertretungen, deren nächsten Termine ursprünglich für Mitte Mai angesetzt sind. "Auch hier müssen wir noch schauen, inwieweit Sitzungstermine bis Ende Mai oder Anfang Juni angesetzt werden können. Denn es gibt ja auch Entscheidungen, die der Rat oder der Hauptausschuss treffen müssen, und denen eine Anhörung in den Bezirksvertretungen vorgeschaltet sind".

Wobei für jede Sitzung egal welches Gremium, auch geprüft werden müsse, inwieweit Ausschussmitgliedern, die Risikogruppen angehören, trotzdem die Teilnahme zumindest an Abstimmungen ermöglichst werde. Das könne man sich auch per Videokonferenz vorstellen, so Schiemer. All das müsse noch geklärt werden.

Die Grünen un­terstützen Überlegungen, im Mai den Haupt­ausschuss wieder tagen zu lassen. Dies unter Wahrung gängiger Abstandserlas­se und Hygienevorschriften. „Die 19 Mitglieder des Aus­schusses sollten im Rats­saal so platziert werden kön­nen, dass eine Gefährdung aus­geschlossen ist“, erklärt Fraktionssprecher Tim Gies­bert. Man könne sich auch für die nächsten Monate Videokonferenzen für die Gremienarbeit vorstellen, wenn entsprechende Voraussetzungen abgeklärt werden. Eine Ratssitzung in voller Besetzung lehnen die Grünen ab.

BAMH plädiert für Ratssitzung

Die BAMH-Fraktion wiederum lehnt eine Hauptausschusssitzung anstelle einer Ratssitzung ab. Man müsse jetzt langsam „verantwortbare Schritte in eine künftige Normalität“ gehen. Die Einberufung des Rates bis spätestens Ende Mai gehört für die BAMH dazu. Der gesamte Rat solle unter Beachtung der erforderlichen Abstands- und Hygieneregeln beteiligt werden, für die Öffentlichkeit könnte eine Live-Übertragung im Internet durchgeführt werden. Denn es gibt dringende Punkte, über die Politik informiert werden sollte, so die BAMH. Dazu gehören die Entwicklung der Finanzen in der Corona-Krise, die Situation von Kitas und Schulen, der Mülheimer Geschäftswelt und des ÖPNV.

Die FDP schließt sich dem Vorschlag einer Hauptausschusssitzung an. "Das Risiko einer Ratssitzung ist uns zu groß", erklärt Fraktionsvorsitzender Peter Beitz. Allerdings wäre es der FDP lieber, die erste Sitzung bereits Mitte Mai zu machen. Das Bündnis für Bildung plädiert für eine Ratssitzung in voller Besetzung, dafür könne man in größere Räumlichkeiten ausweichen. "Wir sind gegen einen Hauptausschuss. Dort habe ich als Fraktionsvorsitzender kein Stimmrecht. Darauf hatten wir bei der Bildung des Bündnisses wegen der Nähe zur Kommunalwahl verzichtet", erklärt Lutz Zimmermann. Die MBI tendiert eher dazu, auf Sitzungen zu verzichten, solange es nicht unbedingt nötig ist. Entscheiden wollen sie erst am Mittwoch.
Cevat Bicici von WIR aus Mülheim ist zwar Mitglied im Hauptausschuss, aber nur in beratender Funktion. Er will der Lösung einer Hauptausschusssitzung nur zustimmen, wenn er dort dann auch sein Stimmrecht ausüben kann. Diese Zusage lag ihm bis Dienstag noch nicht vor.

Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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