Villa oder Ruine?

Foto: PR-Foto Köhring/KM
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Alle sprechen von der Villa. Selbst „Nocheigentümer“, der Mülheimer Wohnungsbau (MWB) in Person von Geschäftsführer Frank Esser, lädt ein zum „Besuch in der Villa an der Scheffelstraße 18“ im Dichterviertel. Besser wäre es jedoch, von einer vor sich hindümpelten, baufälligen, verschimmelten und verwahrlosten Bauruine zu sprechen.

So kann es halt passieren im Leben. Aus einem sicherlich sehr tollem Schmuckstückchen von vor über 100 Jahren ist nun in mancherlei Hinsicht und bei vielen Anwohnern ein Stein des Anstoßes und ein Objekt des Austausches im Internet geworden. In etlichen Foren lassen sich die User über die frühere Wohnstätte des Mülheimer des Chefs der Ruhrtaler Maschinenfabrik aus.

Und auch der Preisverfall geht im Sinkflug steil nach unten. Im Jahr 2005 bot die Finanzdienstleistungs-GmbH (FDL; Tochter der Sparkasse Mülheim) das Objekt für rund 245.000 Euro an. Auch damals stand schon im Exposee „umfassende Kernsanierung in allen Bereichen erforderlich, Vandalismusschäden“. Heute wäre Esser froh, wenn es überhaupt Interessenten gäbe. „Verschenkt werden soll es zwar nicht, aber wir wären froh, wenn wir das Grundstück bezahlt bekämen.“ meint der MWB-Chef.
Das genaue Geburtsdatum der Immobilie ist nicht auszumachen. So etwa um das Jahr 1904 wurde es auf dem 20.000 qm² großen Areal der Ruhrtaler Maschinenfabrik Schwarz & Dyckerhoff errichtet. Jürgen Steinmetz, Architekt und Vorstandsmitglied beim MWB erklärt: „Bei ersten Aufräum- und Renovierungsarbeiten wurde eine Zeitung aus dem Jahr 1907 hinter Tapetenresten gefunden. Also mindestens 100 Jahre alt ist dieser Bau.“

Das Gelände und somit auch die „Villa“ wechselten häufig den Besitzer. 1998 erwab die Essener Immobiliengeselslchaft Gagfah das Gelände. Die Gagfah wollte auf dem Gelände hochwertige Seniorenwohnungen bauen. Aus diesen Plänen wurde jedoch nichts. Der MWB erwarb das Gelände im Jahr 2006 von der Gagfah. 2010 hatte ein Privatmann die Immobilie vom MWB übernommen. Es wurde auch ein bischen rumgewerkelt. Mehr nicht. Nichts Halbes und nichts Ganzes. Der Kauf wurde rückabgewickelt, weil die Sanierungskosten zu hoch waren. Der MWB hat auf dem Areal zwischenzeitlich ein Seniorenstift gebaut. Und möchte weiter bauen. Es soll eine autofreie Siedlung mit unterirdischem Parkhaus entstehen. „Wir planen dort 45 Einfamilienhäuser zu bauen,“ so Jürgen Steinmetz Architekt und Vorstandsmitglied des MWB. Da wäre es natürlich hilfreich wenn das Haus abgerissen wäre.

Und das, so meinen Esser und Steinmetz unisono, wäre die wirtschaftlich beste Lösung. Laut einem Gutachten aus dem Jahr 2003 weist die Immobilie erhebliche Schäden auf, hervorgerufen durch den Echten Hausschwamm und andere holzzerstörende Organismen. Dazu ist es in der Zwischenzeit zu weiteren Schäden durch Vandalismus und Zerstörungswut sowie Diebstahl von „alten Teilen“ des Treppengeländer“ gekommen. Die Sanierungskosten werden vom MWB auf 500.000 bis 600.000 Euro geschätzt. Und Esser ist der Meinung: „Das Gebäude ist nicht einzigartig. Wir halten es nicht für erhaltenswert.

Das sieht die untere Denkmalschutzbehörde in Person von Erich Bocklenberg ganz anders. Das Gebäude steht bereits seit 1988 unter Denkmalschutz. Und den aufzuheben scheint schwierig, weil wahrlich sehr viel Formalismus im Spiel ist. Denn Bocklenberg hat für den Planungsausschuss eine Darstellung gefertigt, in welcher er ausführlich darlegt, warum die Villa erhalten werden soll: „Eine Besichtigung des Gebäudes im November 2011 führte zur Feststellung durch das Amt für Denkmalpflege im Rheinland, dass das Gebäude zwar in einem heruntergekommenen Zustand ist, aber Dank der vorgenommenen Beseitigung des Schädlingsbefalls weiterhin technisch erhaltungs- und sanierungsfähig ist.“

Und warum die Diskussion? Die SPD-Fraktion hat für die Sitzung des Planungsausschuss am 27. März 2012 den Antrag gestellt: „Erhalt der Historischen Villa an der Scheffelstraße“. Dies jedoch ohne den MWB vorab informiert zu haben. Und das, obwohl dessen Geschäftsführer Frank Esser Mitglied ist und bis vor einem Jahr Vorsitzender in Mülheim war.

Autor:

Heinz Haas aus Mülheim an der Ruhr

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