Den Fähigkeiten auf den Grund gehen - Innovatives Angebot für Flüchtlinge in Mülheim an der Ruhr

Ich möchte Deutschland und Mülheim ein wenig von dem zurückgeben, was ich hier nach meiner Flucht erhalten habe.“ Hozan Othman (28) hat ein neues Angebot für Flüchtlinge in Mülheim an der Ruhr angenommen, das ihn motiviert in die Zukunft blicken lässt.
Der junge Syrer wirkt in unserem Gespräch müde, aber zufrieden. Müde, weil er gerade Vater eines Jungen geworden ist und deshalb der Schlaf ein wenig kurz kommt. Zufrieden, weil er erfolgreich an einem Assessment für Migranten teilgenommen hat, vom Jobcenter der Sozialagentur Mülheim in Zusammenarbeit mit der Bfz-Essen GmbH auf den Weg gebracht. Der Begriff Assessment stammt aus dem Englischen und steht für „Bewertung, Beurteilung, Einschätzung“.
Mit dieser neuen Maßnahme, so Klaus Konietzka, Leiter des Jobcenters, habe man bundesweit ein Pilotprojekt gestartet, das schon Nach- und Rückfragen aus ganz Deutschland hervorgerufen habe. Die Vermittlung von Personen mit Fluchthintergrund und fehlenden oder nur geringen deutschen Sprachkenntnissen stellt die Sozialagentur vor besondere Herausforderungen. Eine wesentliche Lücke ist das Wissen und der Dialog über fachlich vorhandene oder beruflich verwertbare Qualifikationen oder Kompetenzen sowie über die Lern- und Bildungsfähigkeit. Die Sozialagentur hat daher, in Zusammenarbeit mit der Bfz-Essen GmbH, das bundesweit einzigartiges, neues Konzept für Assessment entwickelt, das ganz konkret diese Lücke schließt.
Das jetzt abgeschlossene Assessment für 22 Menschen mit arabischen Sprachkenntnissen hatte eine umfassende Kompetenzfeststellung in Bezug auf die verfügbaren oder erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten und eine Analyse weiterer individueller Möglichkeiten von Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund zum Ziel. Ferner ging es um eine fundierte Einschätzung der Bildungsfähigkeit und der Bildungsbereitschaft. „Wir haben die festgestellten Fähigkeiten und Fertigkeiten der Teilnehmer mit Blick auf die realen Anforderungen des Arbeitsmarktes dokumentiert“, so Heike Thomeczek von der Bfz-Essen GmbH.
„Ich habe in Syrien Ingenieurwesen für Elektrotechnik studiert. Das ist mit den Studiengängen und Anforderungen in Deutschland überhaupt nicht vergleichbar“, erläutert Hozan Othman. Beim Assessment haben sich seine Neigungen und Fähigkeit herauskristallisiert. Im Bereich Technisches Zeichnen liegen seine Stärken, und die sollen nun potentiellen Arbeitgebern angeboten werden.
Ähnliches gilt für Karem Issa (43). Der Ägypter hat in seiner Heimat nach einem entsprechenden Studium in der Landwirtschaft gearbeitet. Hier hat er nach seiner Flucht in den Pflegebereich der Diakonie "hineingeschnuppert". Da sieht er künftig Berufung und Chance. Neben Othman und Issa sind alle weiteren 20 Teilnehmer individuell beurteilt und betreut worden, so dass die Träger große Hoffnungen haben, sie mittelfristig auf dem Mülheimer Arbeitsmarkt vermitteln zu können.
„Die Integration in den Arbeitsmarkt ist eine ganz besondere Herausforderung für die Menschen mit Fluchthintergrund, vor allem auch leider eine sehr lang dauernde“, erklärt Klaus Konietzka. „Das Assessment ist für die arbeitssuchenden Geflüchteten und uns ein enorm wichtiges Angebot, den Integrationsprozess zu beschleunigen. Um neben dem notwendigen Spracherwerb auch bereits andere Schritte in Richtung beruflicher Bildung und Arbeitsmarkt gehen zu können, benötigen wir konkrete Informationen und einen umsetzbaren Plan. Das erreichen wir mit dem Assessment, und das mit hoher Professionalität und Bravour.“ Ein nächster Durchgang für neue Teilnehmer startet im September.

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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