Blick nach vorn

Blick nach vorn: Harald Lenßen hofft auf eine zweite Amtszeit.
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Seit knapp sechs Jahren ist Harald Lenßen Bürgermeister von Neukirchen-Vluyn – und wenn es nach ihm geht, soll das auch noch weitere sechs Jahre so bleiben.

Mit Elan hat der 1960 in Moers geborene CDU-Politiker sein Amt 2009 angetreten und fand erstmal, wie er sagt, einen „Sanierungsstau“ vor. Seitdem hat der passionierte Fußballer an vielen Fronten gekämpft: Schadstoffe an Schulen, Brandschutz, zunehmende Herausforderungen im sozialen Bereich und ein Defizit im Stadtsäckel, das „nicht hausgemacht“ ist, wie er betont.
Dass ihn die mangelnde Unterstützung durch Bund und Land – vor allem in finanzieller Hinsicht – immer wieder mal ärgert, würde wohl auch in seiner zweiten Amtszeit so bleiben. Schrecken lässt sich der amtierende Bürgermeister davon aber kaum: An den Schulen hat er viele Projekte umgesetzt, die Schulsportanlage „erstrahlt in neuem Glanz“ (O-Ton), er hat in den Kindertagesstätten für genügend U3-Plätze gesorgt, und auch auf dem Bau-Sektor hat sich mit dem Niederberg-Areal zweifellos eine ganze Menge getan. Stolz ist Harald Lenßen, wie er sagt, auf die Ansiedlung neuer Firmen wie Indunorm und die beeindruckende Steigerung von 15 Prozent sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze in Neukirchen-Vluyn. „Ohne Arbeitgeber keine Arbeitnehmer“, sagt er gern, wenn er auf seine Nähe zu den Unternehmen angesprochen wird.
Ob er trotzdem an ein knappes Rennen glaubt und wie sich sein Wahlkampf gestaltet, darüber spricht Harald Lenßen im Interview mit dem Wochen-Magazin.

Was hat Sie bewogen, ein zweites Mal anzutreten?
Lenßen: Wenn man eine „Stadt“ gestalten möchte, sind sechs Jahre nicht genug, das dauert mindestens zwei Amtszeiten. Das ist wie bei einem Tanker, der braucht eine gewisse Zeit, bis er anläuft. Es gibt soviele Aufgaben, die ich angestoßen habe, da wäre ich ein schlechter Bürgermeister, wenn ich diese Dinge jetzt jemand anderem überlassen würde. Es ist für mich immer noch eine Herausforderung.

Ihre beiden Slogans heißen „Viel getan – viel vor“ und „Neukirchen-Vluyn kommt voran“. Blicken Sie vor allem nach vorn, sind Sie sehr zukunfts-orientiert?
Ich bin ja kein Historiker. Man muss nach vorn blicken, sehen, was noch zu tun ist. Ich habe eine Vision. Wir sind auf dem richtigen Weg: Mit Niederberg geht es voran, der Vluyner Platz wird im November fertig sein, am Vluyner Nordring sind schon 110 Wohnungen in Kürze zur Vermietung fertig unter dem Logo „Neues Wohnen Vluyn“, es kommt noch der dritte Abschnitt der Schulsportanlage, es stehen noch die naturwissenschaftlichen Räume und die Mensa im Julius-Stursberg-Gymnasium an. Und es steht jetzt fest, dass Edeka definitiv ins Dorf Neukirchen kommt. Das alles möchte ich unter meiner Führung sehen. Und deswegen: Blick nach vorn. Aber ein Bürgermeister kann nie sagen: Ich bin fertig.

Welche drei Projekte in Ihrer Zeit als Bürgermeister waren Ihrer Meinung nach besonders erfolgreich?
Niederberg und die Sanierung der Grundschulen, die Schulsportanlage und die stärkere Würdigung des Ehrenamtes. Wenn wir das Ehrenamt nicht hätten, würde die Gesellschaft nicht funktionieren. Ich habe 36 Ehrennadeln in meiner Zeit als Bürgermeister verteilt – vorher gab es null. Ich habe fünf Ehrenringe verliehen – die gab es vorher in der Regel nur für Politiker. Und die Sportlerehrung, die muss sich noch etablieren. Auch in Sport und Kultur werbe ich für das Ehrenamt.

Was viel Staub aufgewirbelt hat, waren die Schließung der Kulturhalle und des Lehrschwimmbeckens. Sehen Sie da auf Ihrer Seite Versäumnisse in Sachen Krisenmanagement?
Nein. Ich habe das Lehrschwimmbecken so übernommen und dann nach kurzer Zeit gehört: Das ist zu gefährlich, wegen der Elektroanlagen, der Chemikalien und der Schäden an den Leitungen. Dann habe ich die Kosten prüfen lassen: eine Million Euro für eine kleine Wasserfläche bei steigenden Energiekosten? Nachdem wir gerade zwei Millionen in das Freizeitbad investiert hatten? Jetzt haben dort alle ihren Platz: die DLRG, die Schulen, die Bürger.
Und die Kulturhalle, die wurde in den 40ern gebaut und in den 80ern ausgebaut. Aber die Maßnahmen zum Brandschutz wurden damals nicht umgesetzt, was bei der Brandschau in 2007 nicht vollständig festgestellt wurde und insofern auch nicht mit dem notwendigen Nachdruck abgearbeitet wurde. Die Mängelliste sah nach der erneuten Brandschau in 2013 im Vergleich zu 2007 überraschenderweise ganz anders aus. Nach den Feststellungen der Brandschutzprüfung habe ich trotzdem nicht die gesamte Kulturhalle lahmgelegt, sondern das KuCa lief weiter.
Das Krisenmanagement hat insofern funktioniert, dass die Veranstaltungen alle durchgeführt werden konnten, auch dank der Hilfe der Familie Hirschel. Es war eine schwere Zeit, aber ich bin froh, dass wir das geschafft haben.

Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie in einer möglichen zweiten Amtszeit auf sich zukommen?
Die Fertigstellung der Arbeiten im Julius-Stursberg-Gymnasium, die Sportanlagen, das Ehrenamt, die steigende Zahl an Flüchtlingen – aber da haben wir uns gut positioniert – und die Mobilität. Ich möchte, dass der nicht motorisierte Verkehr mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Sie halten sich in den sozialen Netzwerken eher zurück. Lässt sich ein Wahlkampf ohne Facebook und Co. überhaupt noch machen?
Ich mache in Facebook gar nichts, aber ich sehe es mir an. Ich möchte nicht mein Frühstücksei fotografieren und ins Internet stellen, dazu habe ich keine Zeit. Mir ist die persönliche Ansprache wichtig. Ich bin auf den Märkten unterwegs, und ich schreibe tatsächlich noch Briefe. Und ich hatte in den ersten zehn Tagen im August über 1.000 Kontakte übers Internet.
Glauben Sie an ein spannendes Finale oder wird die Wahl ein „Selbstläufer“?
Auf keinen Fall. Es war eng und es bleibt eng. Aber ich will Menschen überzeugen, und wenn ich das schaffe, werde ich die Wahl gewinnen. Das politische Umfeld in Neukirchen-Vluyn ist schwierig, wir mussten uns den Strukturwandel hart erarbeiten. Dennoch haben wir es geschafft. Wenn wir andere Mehrheiten hätten, wäre es einfacher. Aber ich sehe nicht voll Neid auf andere Kommunen. Ich habe den Optimismus, dass Dinge, die nicht rund laufen, gut werden.

alle Fotos: Heike Cervellera

Autor:

Susanne Schmengler aus Duisburg

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