Von Dichtern und Denkern

Nicht nur dank Twitter hat es eine 18-jährige Gymnasiastin aus Köln in den letzten Monaten zu einem beachtlichen Bekanntheitsgrad gebracht, über den mancher D-Promi glücklich wäre. Mit ihrem mittlerweile berühmten Tweet „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen“ wurde die junge Naina über Nacht Gesprächsthema in sämtlichen Altersgruppen. Toll: Das mit der Analyse in vier Sprachen hätte ich in dem Alter nicht gekonnt. Aber warum schickt das Mädchen ihre Sorgen in alle Welt hinaus und fragt nicht erstmal die, die dafür da sind, ihr solche Sachen zu erklären: ihre Eltern? Dazu passt, dass die Grünen in NRW, die ja bekanntlich die Schulministerin stellen, darüber nachdenken, wie sich alltagsbezogene Kompetenzen besser in den Unterricht eingliedern lassen. Die Lehrer werden begeistert sein, demnächst noch mehr Aufgaben zu übernehmen, die nicht die ihren sind. Und man fragt sich, wie viele Erziehungsaufgaben die Eltern eigentlich noch an die Schule abgeben wollen. Gleichzeitig spielt man mit einem Schulfach namens Alltagskunde künftigen Ausbildern in die Hände: Umso mehr wirtschaftliche Kompetenzen den Jugendlichen bereits in der Schule vermittelt werden, umso weniger Arbeit haben die Unternehmen mit ihnen hinterher in der Lehre. Es geht nicht mehr um Bildung, sondern nur noch um Wissen, das sich in barer Münze auszählt. Dichter und Denker – das war gestern. Naina hat’s als erste erkannt.

Autor:

Susanne Schmengler aus Duisburg

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