Rolling MULTI - Bildungswerk beim Oberhausener International Youth Exchange

Kompliziert. Eingeschränkt. Unfair. So empfanden Jugendliche, die am Stand der Bildungseinrichtung mitgemacht haben, die Situation im Rollstuhl. Beim MULTI, dem internationalen Jugendaustausch in Oberhausen, konnten sie beim Friedensdorf International Rollstuhl-Parcour am eigenen Leib erfahren, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen.

Was zunächst nach Spaß aussah, wurde ziemlich schnell ziemlich anstrengend. Mit „Einkäufen“ bepackt, mussten sie im Rollstuhlstuhl zunächst einen Slalom meistern, bevor sie im Sitzen Bilder „pflücken“ mussten, die in mehr als zwei Meter Höhe an einem Seil befestigt waren. Nach einer Runde Basketball ging es dann über Stock und Stein – bis die Räder des Rollstuhls jäh vor einem Gitter zum Stehen kamen. Dort alleine rüber fahren? Keine Chance!

Zum Glück stand eine geschulte Mitarbeiterin des Friedensdorf Bildungswerks zur Seite, um den vorübergehend gehandicapten Jugendlichen über die Schwelle zu helfen. Dabei zeigte sie ihnen, wie hilflos ein Mensch mit einer Gehbehinderung sein kann, wie sehr er auf die Hilfe anderer, vielleicht auch Fremder angewiesen ist, denen er blind vertrauen muss. Mit und auch ohne Hilfe schafften es alle Teilnehmer über die letzte Hürde. An einer Tafel fassten sie dann das Gefühl während des Parcours in ein Wort. Klein. Hilflos. Abhängig. Frustrierend. Anders. Anstrengend. Umständlich. Aufregend. Geschafft!

Anders Sein – Seminare im Friedensdorf Bildungswerk

„Anders sein und trotzdem gleich“ ist auch das Motto des Bildungswerkes. Es war den Mitarbeiterinnen wichtig, bei den Jugendlichen ein Bewusstsein für Rollstuhlfahrer zu schaffen. Denn auch im Friedensdorf sind viele der kranken Kinder an einen Rollstuhl oder an Krücken gebunden. Deswegen sollten die Jugendlichen beim MULTI erfahren, wie schwierig so ein Leben ist, aber auch, wie viel man aus dem Rollstuhl heraus meistern kann. Denn wer geübt im Umgang mit einem Rollstuhl ist, hätte die schwierige letzte Stufe locker alleine gemeistert. Auch die Kinder im Dorf fetzen mit ihren Rollstühlen umher und spielen mit Gehhilfen besser Fußball als manch junger Seminarteilnehmer ohne.

Das Rollstuhltrainingist Teil der Begegnungsseminare, die das Bildungswerk anbietet. Hierbei geht es nicht nur darum zu erfahren, wie so ein Leben mit einer körperlichen Einschränkung ist. Kinder und Jugendliche lernen auch, wie sie Menschen in solchen Situationen richtig helfen können. Denn ein Rollstuhlfahrer kommt vielleicht im Supermarkt nicht an das oberste Regal, seine Einkäufe kann er jedoch durchaus selbst nach Hause nehmen. Denn viele Gehbehinderte werden nicht so sehr von ihrer Gehhilfe eingeschränkt, wie von ihren Mitmenschen und ihrer Umwelt.

Insgesamt zielt die Arbeit des Bildungswerkes auf Respekt und Toleranz gegenüber allen Menschen ab. Deshalb gehört auch interkulturelle Kommunikation zum Programm. Gefördert von der Mercator-Stiftung werden Workshops angeboten, die das Verständnis für und das Interesse an anderen Kulturen wecken sollen. Durch gemeinsames Kochen, Fußballspielen, Basteln oder Singen stellen alle am Ende fest, dass Menschen mehr Gemeinsamkeiten haben als Unterschiede.

Das war auch der Gedanke des MULTI. Hier kamen Jugendliche aus über 14 Ländern zusammen, um gemeinsam zu lernen, zu verstehen und Spaß zu haben. Denn was beim Rollstuhl-Parcours des Friedensdorfs zunächst „nur“ nach Spaß aussah, führte ziemlich schnell zu mehr Verständnis, Respekt und Anerkennung gegenüber „Anderen“.

FRIEDENSDORF BILDUNGSWERK
Tel.: (02064)4974-141
Email: bildungswerk@friedensdorf.de

Autor:

Katharina Böhme aus Oberhausen

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