Literatur
„Der Kühlschrank ist voll und neben dir sitzt dein Kind und verhungert“ – Schmachtendorferin verarbeitet Magersucht literarisch

Foto: Lisa Marie Kusch

„Helle Worte an dunklen Tagen“ – so lautet der Titel des im letzten Monat erschienenen Buches, in dem die Schmachtendorfer Autorin Lisa Marie Kusch ihre Magersucht verarbeitet und anderen Betroffenen Mut machen möchte. Mut, den ihr die Krankheit zwischenzeitlich genommen hat.

Die heute 21-jährige erkrankte in der 7. Klasse an der Essstörung. Ihre Familie, Freunde, Lehrer und Lehrerinnen waren ratlos. Zu der Zeit, in der die Schmachtendorferin besonders stark unter den Bedingungen ihrer Krankheit litt, schrieb sie ihre Gefühle und Gedanken in Kurztexten in ihr Notizbuch. Als dieses nach einiger Zeit gut gefüllt war, beschloss sie, diese Texte in einem Buch zu veröffentlichen und so anderen Erkrankten mit Nachdruck zu vermitteln, dass Mut und Hoffnungslosigkeit manchmal miteinander einhergehen.

Dabei finden die Leser im Buch keine Zahlen, Berichte über kranke Essgewohnheiten oder Klinikaufenthalte. Denn hierüber haben bereits andere Autorinnen und Autoren geschrieben. Vielmehr möchte Lisa Marie Kusch die Worte teilen, die ihr früheres Ich selbst gerne gelesen hätte. Sie möchte durch die Gewichtung ihrer Worte zum Ausdruck bringen, wie wichtig es ist, Essstörungen ernst zu nehmen. Zu wissen, dass viele junge Frauen, aber auch Männer, unter einer Essstörung leiden und keinen Ausweg finden, bereitet Lisa Bauchschmerzen.

„Essstörungen werden unterschätzt und oftmals als Phase oder Pubertäres Verhalten abgetan. Während meiner Schulzeit war mir das Thema peinlich und ich habe mich nicht getraut, um Hilfe zu bitten, weil ich Angst hatte, nicht ernst genommen zu werden. Außerdem wollte ich kein Sorgenkind sein. Heute weiß ich, das war ein Fehler.“ Der Nutzen ihrer Krankheit war während ihrer Schulzeit zu groß, auch wenn ihr die gesundheitlichen Risiken durchaus bewusst waren und sich ihr gesundheitlicher Zustand immer weiter verschlechterte, bis sie am Ende nur noch 35 kg auf die Waage brachte. 35 kg, mit denen sie sich durch die Schulzeit bis zum Abitur schleppte. „Irgendwann, als ich nur noch Haut und Knochen war, haben mich in der Schule immer mehr Lehrerinnen und Lehrer angesprochen und gefragt, ob es mir gut ginge. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt bereits in Therapie war, war es schön zu wissen, dass jemand da war und mir helfen wollte, auch wenn ich nicht die Hilfe annehmen konnte, die ich eigentlich dringend gebraucht hätte. Ich war zu sehr in der Krankheit gefangen.“

Lisa wünscht sich im Nachhinein, eher um Hilfe gebeten zu haben, weiß aber auch, dass die Krankheit eine Überlebensstrategie war, um angestaute Gefühle und erschütternde Erfahrungen zu regulieren. Heute geht es Lisa besser: „Ich denke nicht, dass ich von Heilung sprechen kann, aber das Leben schmeckt wieder und ich weiß genau, was zu tun ist, um der Krankheit möglichst wenig Raum zu gewähren.

»Helle Worte an dunklen Tagen« von Lisa Marie Kusch ist ab sofort unter der ISBN 978-3-347-01951-5 erhältlich.

Autor:

Tobias Szczepanski aus Oberhausen

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