Geburt im japanischen Erdbebengebiet: "Ich habe doch noch Glück gehabt"

Michiru Kawai mit Söhnchen Mitzuki.
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„Ich habe auf dem Bett gesessen, mein Baby ganz fest umarmt und gebetet, dass uns nichts passiert“. Als das gewaltige Erdbeben Japan am 11. März erschütterte befand sich Michiru Kawai in einem Krankenhaus in der Präfektur Miyagi im Nordosten des Landes, mitten im Erdbebengebiet.
Die 31jährige ehemalige Friedensdorf-Helferin hatte dort drei Tage zuvor ihren Sohn Mizuki zu Welt gebracht. Wie die meisten Japaner hatte Michiru schon einige Erdbeben miterlebt, doch diesmal war es anders, viel schlimmer. „Das ganze Gebäude hat sich stark bewegt und die Erschütterungen nahmen gar kein Ende, so ein heftiges und langes Beben habe ich noch nie erlebt. Ich war in Panik und hatte furchtbare Angst um mein Baby. Und dann konnte ich über viele Stunden meine Familie nicht erreichen und habe mir schreckliche Sorgen gemacht.“
Dabei war Michiru extra mit ihrem Mann, der für eine japanische Firma in Düsseldorf arbeitet, in die Heimat zurück gekehrt, um ihr Kind in der vertrauten Umgebung und in der Nähe ihrer Angehörigen zur Welt zu bringen.
Die haben glücklicherweise alle überlebt, doch ihre Häuser sind teilweise zerstört. Michiru ist vier Tage nach dem Beben aus dem Krankenhaus entlassen worden, jetzt lebt sie mit ihrem Neugeborenen und ihren beiden über 90jährigen Großvätern zusammen im Katastrophengebiet.
Michirus Mann musste Anfang dieser Woche zurück nach Deutschland fliegen, um seine Arbeit in Düsseldorf wieder aufzunehmen.
Immerhin steht ihr Haus noch, wenn auch stark beschädigt. Seit dem vergangenen Wochenende gibt es endlich wieder Strom. In den Tagen zuvor musste sie draußen bei Schnee und eisiger Kälte über dem offenen Feuer Reis kochen.
Die Heizung läuft immer noch nicht, weil kein Öl zu bekommen ist und für Lebensmittel im Supermarkt müssen die Menschen mehr als zwei Stunden in der Schlange stehen.
In der Notsituation ist die Solidarität unter den von der Katastrophe Betroffenen groß, die Menschen helfen sich gegenseitig. Ein Nachbar beispielsweise hat Michiru Windeln für ihren kleinen Sohn geschenkt.
„Ich habe doch noch Glück gehabt. Meine Familie ist gesund und unser Haus ist nicht komplett zerstört“, sagt Michiru mit der für die Japaner so typischen Zurückhaltung und Bescheidenheit.
Trotzdem hat sie natürlich Angst vor der Zukunft, auch wegen der atomaren Bedrohung. Die Nachrichten im Fernsehen kann sie sich immer noch nicht anschauen, das würde sie zu sehr aufwühlen.
Wie es jetzt weitergeht, weiß Michiru noch nicht so genau. Einerseits will sie natürlich das Beste für Ihr Baby, aber anderseits möchte sie gerade jetzt auch ihre Familie und ihr Land in dieser schwierigen Zeit nicht im Stich lassen. Geplant war, dass Michiru Mitte Mai ihrem Mann nach Düsseldorf folgt, doch jetzt überlegt sie, schon früher wieder nach Deutschland zu fliegen.

Autor:

Klaus Bednarz aus Dinslaken

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