Er Tarzan, ich Jane

Für Rune Hock Moller ist der 50-Meter-Flug über den Köpfen des Publikums Business as usual, für mich ein unvergessliches Erlebnis... Foto: Winni Winkler/Stage
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„Es ist also kein Wunder, wenn sich zum Schluss so manche Zuschauerin wünscht, sie wäre die Jane, die da in Tarzans Armen durchs Theater fliegt...“, mit diesen Worten endete meine Theaterkritik, nachdem ich Disneys Musical „Tarzan“ zum ersten Mal im Metronom Theater in Oberhausen gesehen hatte. Und jetzt wurde mir dieser Wunsch erfüllt!

Doch von Anfang an: Da flatterte diese Einladung in die Redaktion - „Ein Tag im Dschungel bei Disneys Musical Tarzan“. Na ja, so ein Blick hinter die Kulissen einer so großen Musical-Produktion kann ja sehr spannend sein. Als ich aber den Teil mit „sportlicher Kleidung und festen Schuhen“ las, wurde ich doch etwas stutzig. Und dann das: „Einmal als Tarzan durchs Theater fliegen!“ Das soll ich mich trauen? Und schlussendlich: „Einmal als Jane in Tarzans Armen durchs Theater fliegen!“ Wie großartig! Blieb nur dieses eine, klitzekleine Problem: Ich habe Höhenangst.
„Niemand wird gezwungen, wirklich durchs Theater zu fliegen“, erklärte die sympathische Tarzan-Pressesprecherin, also sagte ich zu.

Hinter den Kulissen von Disneys Musical "Tarzan"

Und der Blick hinter die Kulissen des Musical-Spektakels war mega-spannend: Welche Wege die Musicaldarsteller hinter der Bühne zurücklegen, aus welchen Höhen sie sich Richtung Publikum hinabstürzen - irre. Und schon die erste Plattform - oder Abflugstelle - ist eine Herausforderung für Menschen mit Höhenangst: Einatmen, ausatmen...
Den Rundgang hinter der Bühne, über dem Saal, am Arbeitsplatz des Callers vorbei und durch Kostüm und Maske begleitet Rune Hock Moller. Der sympathische Däne ist der sogenannte alternierende Tarzan, spielt also immer dann, wenn Josh Strickland frei hat. Und während Techniker Fabian die Feinheiten der Arbeitsabläufe, die jede Menge Affenflüge möglich machen, erklärt, erzählt er die Geschichte aus Sicht der Darsteller. Fabian: „Die Bungees sind individuell auf die Darsteller und deren Gewicht zugeschnitten.“ „Es ist also schlecht, wenn man bei seinem Gewicht flunkert“, schmunzelt Rune. 20 Meter über dem Saal gibt es einen Gitterboden, der dem Höhenängstlichen nicht geheuer ist. „Bitte auf den Teppichen bleiben“, mahnt Rune. Ich bin erleichtert. Dann kommt Fabian, rennt zehn Meter übers Gitter und bittet alle zu sich. „Rune sagte, wir sollen auf den Teppichen bleiben?!“, hauche ich. Schweiß bricht aus. „Miiiiii.“

20 Meter über dem Saal - mit Höhenangst

Danach geht es dann zum Fliegen. Und inzwischen denke ich, dass das, was mir alle, denen ich vorab von diesem Termin erzählt habe, gesagt haben, stimmt: „Du musst das machen! Das ist eine einmalige Gelegenheit!“
Und schon stehe ich auf der Bühne und meine Beine stecken im Harness (das ist das Geschirr, an dem man festgemacht wird - meins hat nicht die kleinste Größe). Rune sagt: „Soll ich Dich festmachen!“ „Ja.“ Viel mehr Text habe ich in dem Moment nicht, ein sehr seltener Fall... Dann sagt er auch noch: „Bitte lege deinen linken Arm um mich.“ Sehr gern. Er nimmt mich auch in den Arm und schon heben wir ab. Ist das toll. Die gute Nachricht: Jeder hängt an seinem Seil, der Tarzan muss die Jane nicht tragen, aber er lenkt den Flug. Oben angekommen sagt er: „Jetzt landen wir kurz zwischen.“ Okay, meine Beine sind in der Luft. Er: „Ich hab‘ Dich!“ Und dann geht‘s mit Schwung wieder Richtung Bühne, 50 Meter Höhenflug mit Achterbahn-Feeling, aber ohne Kreischen! Ich atme und sage: „Habe nicht gekreischt.“ Er grinsend: „Ich hab‘s bemerkt.“ Und: „Jetzt mal die Beine so wie Marilyn halten.“ Hm. Vielleicht sind meine ja zu kurz dazu... Und schon landen wir wieder auf der Bühne, also er landet uns, hält mich so lange fest, bis ich wieder sicher stehe und jedem davon erzählen kann, wie genial das war.

Als Jane in Tarzans Armen - wie genial...

Sich das Musical „Tarzan“ danach anzusehen, macht es fast noch gewaltiger, weil das Bewusstsein für das, was die Darsteller da leisten, noch gewachsen ist. Alle Kollegen, die es gewagt haben, den Tarzan-Alleinflug zu versuchen, landeten mit dem Allerwertesten auf dem weichen Bühnenboden. Denn die ganze Wahrheit ist auch: Als Jane mitzufliegen ist unter anderem deshalb so schön, weil Tarzan alles macht. Und so wird auch der Satz, den ich am Ende meines Berichts über die Premiere von Josh Strickland als Tarzan geschrieben habe, noch wahrer: „Am Ende der Show wäre mancher im Publikum gern Jane gewesen, um in Tarzans Armen davonzufliegen.“ So wie ich...

Für Rune Hock Moller ist der 50-Meter-Flug über den Köpfen des Publikums Business as usual, für mich ein unvergessliches Erlebnis... Foto: Winni Winkler/Stage
Hinter den Kulissen gibt es Arbeitslicht - natürlich nicht während der Vorstellung, dann erklimmen die Musicaldarsteller ihre Abflugpositionen im Dunkeln. Respekt! Foto: Winni Winkler/Stage Entertainment
Autor:

Silke Heidenblut aus Essen

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