Kerzen werden scheinen

Rabbinerin Natalia Verzhbovska erklärte dem Wochen-Anzeiger alles, was man über das jüdische Fest Chanukka wissen muss. | Foto: Rüdiger Marquitan
  • Rabbinerin Natalia Verzhbovska erklärte dem Wochen-Anzeiger alles, was man über das jüdische Fest Chanukka wissen muss.
  • Foto: Rüdiger Marquitan
  • hochgeladen von Verena Reimann

Weihnachten steht vor der Tür. Christen weltweit feiern die Geburt von Jesu Christi. Doch mit den Feierlichkeiten sind sie in dieser Zeit des Jahres nicht allein, denn auch bei den Juden steht eines der höchsten Feste des Jahres an. Vom 25. Dezember bis zum 1. Januar begehen sie in diesem Jahr „Chanukka“.

Das achttägige jüdische Lichterfest soll an die Neuweihe des zweiten Jerusalemer Tempels (zirka 165 v. Chr.) erinnern. Und so laufen auch die Vorbereitungen der liberalen jüdischen Gemeinde Oberhausen für das große Fest auf Hochtouren.
Denn schließlich wird acht Tage lang gefeiert. „Jeden Tag zünden wir eine Kerze mehr auf der Chanukkija an. Neun scheinen dann schließlich auf dem Kerzenständer. Die neunte Kerze benutzen wir, um die anderen Kerzen entzünden zu können“, erklärt Rabbinerin Natalia Verzhbovska. Doch nicht nur der Einweihung des zweiten Tempels wird während des Chanukka-Festes gedacht. Auch an die Zeit, in der die Juden unter der Herrschaft der Griechen leiden mussten, diese aber schließlich vertreiben konnten, wird erinnert. Vor allem aber das Ölwunder steht im Mittelpunkt der Feierlichkeiten. „Damals gab es nicht genug Öl für alle Kerzen auf dem Menora-Kerzenständer. Doch obwohl das Öl nur für einen Tag hätte reichen können, brannten die Kerzen die vollen acht Tage durch“, erklärt die Rabbinerin.
Um an das Ölwunder zu erinnern, essen Juden weltweit Speisen, die in Öl gebacken werden. Und auch in Oberhausen wird zu Chanukka traditionell gegessen. „Bei uns kommt dann unter anderem Latkes (Reibekuchen) auf den Tisch. Das Ganze wird dann mit Sauerrahm oder Apfelmus gegessen“, so die 48-Jährige. Auch Berliner Ballen dürfen an diesen Tagen bei den Juden in Deutschland nicht fehlen.
Und genau wie an Weihnachten christliche Kinder beschenkt werden, bekommen auch jüdische Mädchen und Jungen etwas zu Chanukka. „Kinder bekommen Geschenke oder Geld“, erklärt Lev Schwarzmann, erster Vorsitzender der Gemeinde. Häufig würden sie während des Festes dann jeden Tag ein kleines und am achten Tag ein größeres Geschenk bekommen. „In meiner Kindheit gab es allerdings nur Geld und das musste frisch sein. Diese neuen Scheine habe ich immer von meinem Großvater bekommen“, berichtet Schwarzmann.
„Traditionell wird auch immer die Chanukkija während der acht Tage ins Fenster der jüdischen Familien gestellt. Damit soll die Freude mit den anderen Menschen geteilt werden“, so die Rabbinerin. Heute würden die Leuchter allerdings nur selten ans Fenster gestellt, da viele Juden in Deutschland nach wie vor Angst hätten, Opfer von Antisemitismus zu werden.
Die Feierlichkeiten zu Chanukka fänden in der Regel abends im Rahmen der Familie oder in der Gemeinde statt. Dabei wird aus der Tora vorgelesen, in Öl gebackene Speisen gegessen und Wein getrunken.
Besonders viel zu tun, hat in diesen Tagen Natalia Verzhbovska. Denn die Rabbinerin betreut nicht nur die Gemeinde in Oberhausen, sondern auch zwei weitere in Köln und Unna. Dabei muss sie die Tora-Rolle, auf der die Gesetze Gottes stehen, stets von einem Ort zum anderen transportieren. „Wir haben leider keine eigene Tora-Rolle in Oberhausen. Diese ist sehr teuer und bereits eine gebrauchte Rolle kostet zwischen 10.- und 15.000 Euro“, so die Rabbinerin. Dem Fest in der liberalen jüdischen Gemeinde wird es dennoch an nichts mangeln und so wird auch in diesem Jahr wieder ein frohes Chanukka-Fest in Oberhausen gefeiert werden können.

Autor:

Verena Reimann aus Oberhausen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.