Durst wird durch Bier erst schön: Interview mit Braumeister Dirk Weber - 500 Jahre Reinheitsgebot

23. April 2016
12:00 Uhr
Suberg's bei Boente, 45657 Recklinghausen
Seit 1985 ist Dirk Weber (48) Brauer. "In der Hausbrauerei kann ich komplett kreativ sein, meine Ideen verwirklichen." | Foto: Suberg's bei Boente
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  • Seit 1985 ist Dirk Weber (48) Brauer. "In der Hausbrauerei kann ich komplett kreativ sein, meine Ideen verwirklichen."
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Es gibt den Tag der Gummistiefel, des Butterbrotes, der Jogginghose ... Aber dass der 23. April der Tag des Bieres ist, wissen viele Menschen, ohne eine Suchmaschine zu bemühen. Am Samstag ist der Tag des Bieres sogar ein besonderer Festtag, denn vor 500 Jahren wurde das deutsche Reinheitsgebot erlassen.

Am Samstag, 23. April, feiert natürlich auch die Hausbrauerei Súberg's bei Boente in Recklinghausen das stolze Jubiläum. In der Zeit von 12 bis 15.30 Uhr wird dem Kult-Getränk familienfreundich gehuldigt - und das erste Maibock-Fass angeschlagen. Das sieht so aus: Eine 25 Mann starke Kapelle sorgt für Stimmung. Kinder amüsieren sich mit Popcorn und Luftballons, während die Großen sich Bierspezialitäten munden lassen. (Danach wird Fußball-Bundesliga geguckt.)

Einer, der sich bestens mit dem Kult-Getränk ausgekennt, ist Dirk Weber. Er übt ein altes Handwerk aus - mit modernster Technik. Seit 1985 ist er Braumeister und arbeitet bei Boente.

Sie haben es gut getroffen?
Dirk Weber:Ja, weil ich in einer Hausbrauerei arbeite. Das ist der Sechser im Lotto, denn ich kann hier alles machen, was ich in meiner Ausblldung gelernt habe. Ich kann richtig kreativ sein, eigene Ideen umsetzen, natürlich in Absprache mit dem Gastronom. Denn das Bier, die Biersorten, müssen sich ja auch verkaufen. In einer der großen Brauereien, die Konzerne sind, könnte ich nicht so kreativ sein. Zudem ist Suberg's bei Boente ein Familienunternehmen, in dem man sich wohlfühlt."

Wie sieht Ihre Arbeit aus?
"Wenn ich meine Schicht beende, kommen die ersten Gäste. Das Sudhaus umfasst 17 Tanks zu je 1.000 Litern. Wir brauen alles selbst. Boente's Märzen ist unser bernsteinfarbenes, untergäriges Bier, das Helle ist untergäriges, gut gehopftes, frisches Pils, Boente's Dunkel dunkles, naturtrübes, obergäriges Bier mit malzigem, süffigem und rundem Geschmack. Hinzu kommen saisonale Biere wie beispielsweise das Winterbier. Aktuell ist es der Mai-Bock."

Das ist ein gehaltvolles Bier, ein Starkbier.
"Der Mai-Bock hat 6,8 Prozent, das ist schon was."

Es gibt Biertrinker, die behauptet, sie könnten ihre Sorte blind herausschmecken bei einer Verkostung.
"Sie irren. Pils ist in Deutschland die beliebteste Sorte, der Geschmack sehr ähnlich. Während der Brauer-Ausbildung und hinterher im Beruf muss man auch verkosten, aber einfach ist das nicht. Die Trefferquote liegt bei 14 Prozent."

Was trinken Sie im Urlaub?
"Immer das Bier, das es in der Region gibt."

Sie sind stolz auf Ihr Handwerk?

"Darauf bin ich sehr stolz und damit nicht alleine Seit Januar ist mein Sohn Dominik ausgebildeter Brauer. Er ist 22 und arbeitet auch bei Boente."

Tipp:
- Die Gilde der Recklinghäuser Stadtführer bietet den zweiten Mittwoch im Monat eine Führung durch die die Altstadt an, bei der die Teilnehmer Spannendes über die Geschichte der Brauereien und Gaststätten von Recklinghausen erfahren.
- Die Touren starten um 18 Uhr in der Hausbrauerei Suberg's bei Boente, mit Blick in den Braukeller. Zum Schluss wird bei Boente eingekehrt. Intos unter Telefon: 02361/ 904499-0 oder info@bei-boente.de
- Boentes Braukeller kann auch außerhalb dieser Touren kurz oder ausgiebig besichtigt werden.
- Standort: Augustinessenstraße 4, 45657 Recklinghausen.

Wissenswertes über Bier

Pils ist nicht alles:
Altbier (obergärig) ist keineswegs alt, nur älter als viele andere Biere, wenn man das Brauverfahren betrachtet. Es stammt aus der Zeit, als es noch keine technischen Kühlverfahren gab und zur Herstellung von Bier fast überall in Deutschland obergärige Hefe verwendet wurde. Sie benötigt für die Umwandlung des Malzzuckers in Alkohol Temperaturen von 15 bis 20 Grad Celsius, stieg in den früher meist verwendeten offenen Gärbottichen an die Oberfläche des frischgebrauten Bieres und konnte dann dort abgeschöpft werden. Damit war es auch während der warmen Jahreszeiten möglich, ein gutes Bier zu brauen.
Kölsch (auch obergärig, aber hell) ist konzentriert auf den Regierungsbezirk Köln und die daran anschließenden Gebiete.

Pils ist mit Abstand die beliebteste Biersorte in Deutschland. Sein Anteil am gesamten Bierausstoß liegt bei mehr als 55 Prozent.

Bierkultur - Zahlen, bitte:
Bier ist Deutschland, Deutschland ist Bier: Es gibt rund 1350 Brauereien und 7000 verschiedene Biere gibt es in Deutschland. Mann oder Frau könnte 19 Jahre lang jeden Tag ein anderes Bier probieren.

Seit 2002 ernennt der Deutsche Brauerbund einen Bierbotschafter oder Bierbotschafterin - Prominente, die sich um die Bierkultur verdient gemacht haben. Zu diesen Auserwählten gehörten bisher Ina Müller, Norbert Blüm, Cem Özdemir, Sony Krauss, Barbara Schöneberger, Volker Kauder, Frank-Walter Steinmeier, Horst Seehofer und Jessica Schwarz, Europa-Abgeordnete Dr. Renate Sommer ist Präsidentin des Bier-Clubs des Europaparlamentes.

Der durchschnittliche Alkoholgehalt der meisten Lagerbiere (Pilsener) und Ales (Weizen, Alt, Kölsch) liegt bei ungefähr 5 Prozent. Natürlich gibt es in beide Richtungen Ausnahmen. Zum einen hätten wir da die alkoholfreien Biere, oder besser "alkoholarme Biere", denn alkoholfreies Bier kann bis zu 0,5 Prozent Alkohol enthalten.

Weit über den 5 Prozent liegen hingegen die sogenannten Bockbiere, die Werte von 7 und mehr Prozent Alkohol leicht erreichen. Je nach Bierstil kann man sich bei 10 bis 15 vol% Alkohol auch mit Weinen messen. Der aktuelle Weltrekord liegt bei 57 vol%. Die Frage, ob dies noch ein Bier ist, hat seine Berechtigung.

Eine Auswahl an Brauereien in unserer Region: Privatbrauerei Moritz Fiege in Bochum, Privatbrauerei Jakob Stauder (Essen), Rüttenscheider Hausbrauerei (Essen), Hövels Hausbrauerei, Suberg's bei Boete (Recklinghausen), Dortmunder Bergmann Brauerei, Dortmunder Actien-Brauerei, Restaurant im Eichwäldchen (Duisburg), König-Brauerei (Duisburg).

Reinheitsgebot im Wortlaut:

Das vom bayerischen Herzog Wilhelm IV. im April 1516 erlassene Reinheitsgebot für Bier hat folgenden Wortlaut: "Wie das Bier im Sommer und Winter auf dem Land ausgeschenkt und gebraut werden soll.

"Wir verordnen, setzen und wollen mit dem Rat unserer Landschaft, daß forthin überall im Fürstentum Bayern sowohl auf dem lande wie auch in unseren Städten und Märkten, die kein besondere Ordnung dafür haben, von Michaeli bis Georgi ein Maß (bayerische = 1,069 Liter) oder ein Kopf (halbkugelförmiges Geschirr für Flüssigkeiten = nicht ganz eine Maß) Bier für nicht mehr als einen Pfennig Münchener Währung und von Georgi bis Michaeli die Maß für nicht mehr als zwei Pfennig derselben Währung, der Kopf für nicht mehr als drei Heller (Heller = gewöhnlich ein halber Pfennig) bei Androhung unten angeführter Strafe gegeben und ausgeschenkt werden soll.
Wo aber einer nicht Märzen-, sondern anderes Bier brauen oder sonstwie haben würde, soll er es keineswegs höher als um einen Pfennig die Maß ausschenken und verkaufen. Ganz besonders wollen wir, daß forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen. Wer diese unsere Anordnung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Faß Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden.
Wo jedoch ein Gauwirt von einem Bierbräu in unseren Städten, Märkten oder auf dem Lande einen, zwei oder drei Eimer (= enthält 60 Maß) Bier kauft und wieder ausschenkt an das gemeine Bauernvolk, soll ihm allein und sonst niemandem erlaubt und unverboten sein, die Maß oder den Kopf Bier um einen Heller teurer als oben vorgeschrieben ist, zu geben und auszuschenken."
Gegeben von Wilhelm IV. Herzog in Bayern am Georgitag zu Ingolstadt anno 1516
^* Quelle: Deutscher Brauer Bund e.V.

Autor:

Kerstin Halstenbach aus Recklinghausen

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