Rezension

Beiträge zum Thema Rezension

Kultur

„Unsichtbare Tinte“ - der neue Roman von Nobelpreisträger Patrick Modiano
Graben im Gedächtnis

„Ich habe mich nie an eine chronologische Reihenfolge gehalten. Sie hat für mich nie existiert.“ So treffend hat der französische Schriftsteller Patrick Modiano vor einigen Jahren sein eigenes Schreiben charakterisiert, das wie ein unendlicher Erinnerungs- und Assoziationsprozess auf den Leser wirkt. Als Modiano 2014 etwas überraschend der Nobelpreis für Literatur zugesprochen wurde, hatte die Stockholmer Akademie ihn gerühmt „für die Kunst des Erinnerns, mit der er die unbegreiflichsten...

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  • 03.03.21
Kultur

Norbert Gstreins Roman „Der zweite Jakob“
Zwischen Kunst und Leben

"Jetzt kommen sie und holen Jakob." So eröffnete Norbert Gstrein 1988 seine erste literarische Veröffentlichung, die schmale Erzählung „Einer“. Nun steht ein Schauspieler namens Jakob Thurner im Mittelpunkt des neuen Romans, der sich wie eine künstlerische Zwischenbilanz des österreichischen Autors liest, der im Juni seinen 60. Geburtstag feiert. Längst gehört der seit einigen Jahren mit seiner Familie in Hamburg lebende Schriftsteller zu den arrivierten Autoren der deutschsprachigen...

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  • 17.02.21
Kultur

Thilo Krauses stilles Romandebüt „Elbwärts“
Alles zerstört

„Es gab ein reibendes Geräusch, ein dumpfes Schlagen und Schaben. Ich weiß nicht mehr, ob Vito schrie oder ob ich ihn nicht habe schreien hören,“ heißt es im Romandebüt des 43-jährigen Thilo Krause, der in Dresden geboren wurde und seit einigen Jahren in Zürich lebt. Der verhängnisvolle Jugendunfall hat das Leben des Ich-Erzählers und seines besten Freundes Vito schlagartig verändert. Die Teenager liebten es, ins Elbsandsteingebirge zu klettern, genossen gemeinsam die Einsamkeit und den...

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  • 24.08.20
Kultur

Norbert Gstreins Roman „Als ich jung war“
Von Tirol nach Wyoming

Der 58-jährige Norbert Gstrein gehört längst zu den wichtigsten Stimmen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Der Österreicher ist bekannt dafür, dass er literarisch gern Tacheles redet und keinen großen Bogen um brisante Themen macht. Nach dem Balkankrieg („Das Handwerk des Tötens“) und einer gegen Suhrkamp-Chefin Ulla Berkéwicz gerichteten Roman-Persiflage („Die ganze Wahrheit“) hatte er sich zuletzt in „In der freien Welt“ (2016) mit dem Nahostkonflikt und in „Die kommenden Jahre“...

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  • 07.08.19
Kultur

Jostein Gaarders Erzählung „Genau richtig“
Alles verändert

„Vorhin war ich bei Marianne, und mir ist klar, dass von nun an alles verändert ist.“ Mit diesem Satz des Lehrers Albert eröffnet der norwegische Schriftsteller Jostein Gaarder seine neue kurze Erzählung. Albert bekommt von seiner Ärztin Marianne, die zufällig auch seine Jugendliebe war, die Nachricht, dass er unheilbar an ALS erkrankt ist und sein Nervensystem peu à peu versagen wird. Vielleicht drei, wahrscheinlich aber nur etwas mehr als ein Jahr bleibt ihm, so die düstere Prognose der...

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  • 31.07.19
  • 1
  • 1
Kultur

Einsam, ruhelos und getrieben

Zum 70. Geburtstag von Barbara Honigmann (am 12. Februar) ist der Band „Georg“ erschienen „Ein sechzigjähriger Mann in einem möblierten Zimmer!“ Dieser Satz auf der dritten Seite des neuen Buches von Barbara Honigmann schrillt wie ein Aufschrei durch den Handlungsbeginn. Es klingt nach Verzweiflung, nach Mitleid und Klage aus der Feder, der seit vielen Jahren in Straßburg lebenden Autorin, die am 12. Februar ihren 70. Geburtstag feiert. Barbara Honigmann hatte vor vier Jahren in „Chronik meiner...

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  • 01.02.19
Kultur

Stimmungen und Empfindungen

„Schlafende Erinnerungen“ - Meisterliche Prosa von Nobelpreisträger Patrick Modiano  „Es geht in meinen Büchern überhaupt nicht um mein eigenes Leben. Ich benutze nur Empfindungen, die ich gehabt habe, und Stimmungen, in denen ich gelebt habe“, bekannte Patrick Modiano, Nobelpreisträger des Jahres 2014, in einem seiner wenigen Interviews. Und doch schreibt der inzwischen 73-jährige französische Autor, für dessen umfangreiches Werk Paris mindestens ebenso wichtig ist, wie es Köln einst für...

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  • 05.09.18
  • 1
Kultur

Drei Frauen und ein Mord

Margriet de Moors Roman „Von Vögeln und Menschen“ "Das einzige Leben, das zählt, ist das normale Leben. Je normaler, umso wunderbarer, je alltäglicher, umso prachtvoller“, heißt es im neuen Roman der 76-jährigen niederländischen Schriftstellerin Margriet de Moor, die in der Vergangenheit auch hierzulande mit "Der Herzog von Ägypten" (1997), "Die Verabredung" (2000) und mit ihrem Meisterwerk "Sturmflut" (2005) beachtliche Erfolge gefeiert hat. Von einem normalen unbeschwerten Leben sind die drei...

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  • 01.06.18
  • 1
Kultur

Alles ist in Bewegung

Norbert Gstreins Roman „Die kommenden Jahre“ Der 57-jährige österreichische Schriftsteller Norbert Gstrein ist bekannt dafür, dass er keinen großen Bogen um brisante Themen macht. Nach dem Balkankrieg („Das Handwerk des Tötens“) und einer gegen Suhrkamp-Chefin Ulla Berkéwicz gerichteten Roman-Persiflage („Die ganze Wahrheit“) hatte er sich zuletzt in seinem Roman „In der freien Welt“ (2016) mit dem Nahostkonflikt auseinander gesetzt. Nun widmet er sich dem Thema Flüchtlinge, eingebettet in eine...

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  • 27.02.18
Kultur

Leben in einer Wirklichkeitsdoublette

Wilhelm Genazinos Roman "Kein Geld, keine Uhr, keine Mütze" (erscheint Montag) Wilhelm Genazino, der vor einer Woche seinen 75. Geburtstag feierte, spricht im Rückblick über seine Schriftstellerlaufbahn von "einem konventionellen, langsamen bürgerlichen Aufstieg." 2001 hatte Marcel Reich-Ranicki im "Literarischen Quartett" des ZDF die Werke des gebürtigen Mannheimes hochgelobt, drei Jahre später gab es den öffentlichen Ritterschlag durch die Verleihung des Georg-Büchner-Preises. Seitdem...

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  • 28.01.18
  • 2
Kultur

Sechs Frauen als Musen 

Markus Orths opulenter Roman „Max“ Lou, Marie-Berthe, Gala, Leonora, Peggy und Dorothea. So lauten nicht nur die Kapitelüberschriften in Markus Orths neuem, ausschweifenden Künstlerroman Max, sondern es sind auch die Vornamen der wichtigsten Lebenspartnerinnen des künstlerischen Universaltalents Max Ernst (1891-1976). Der ehemalige Lehrer Orths hatte in seinen voran gegangenen (inzwischen in 18 Sprachen übersetzten) Romanen stets den schwierigen Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und...

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  • 04.01.18
  • 1
Kultur

Ohne Vater kann keiner leben 

"Die rothaarige Frau" - der neue Roman von Nobelpreisträger Orhan Pamuk "Ich bin in einem Haus aufgewachsen, in dem viele Romane gelesen wurden. Mein Vater hatte eine umfangreiche Bibliothek und erzählte von den großen Schriftstellern wie Thomas Mann, Kafka, Dostojewski oder Tolstoi. Schon als Kind waren für mich all diese Romane und Autoren eins mit dem Begriff Europa", erklärte Orhan Pamuk einst in einem Interview. Doch trotz dieser frühen Affinität zur großen europäischen Literatur hat der...

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  • 27.09.17
Kultur

Wahnsinn und Liebe

Sara Stridsbergs erschütternder Roman „Das große Herz“ Im deutschsprachigen Raum ist die 44-jährige schwedische Autorin Sara Stridsberg noch weitestgehend unbekannt. Anders in ihrer Heimat, wo sie im letzten Jahr mit dem renommierten Selma-Lagerlöf-Preis ausgezeichnet und in die Schwedische Akademie gewählt wurde. Stridsberg gehört nun zur elitären Gilde des Nobelpreis-Komitees. Nach „Traumfabrik“ (2010) und „Darling River“ (2013) ist nun ihr dritter Roman in deutscher Übersetzung erschienen –...

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  • 03.04.17
  • 1
Kultur

Der Schuss im Treibhaus

Margriet de Moors Novelle „Schlaflose Nacht“ „Ein ganz normaler Mann, der keine eineinhalb Jahre meines Lebens mit mir geteilt hat, hatte sich nach einem Schuss in einem Treibhaus in ein wahnsinnmachendes Geheimnis verwandelt“, heißt es in Margriet de Moors Novelle „Schlaflose Nacht“, die bereits 1989 – in leicht abgewandelter Form – erschienen war. Eine junge Frau quält sich mit den Trümmern ihres Lebens. Die Ich-Erzählerin hatte in den frühen 1970er Jahren Ton beim Schlittschuhlaufen kennen-...

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  • 01.10.16
  • 3
Kultur

Die Heiterkeit des Unerträglichen

"Außer uns spricht niemand über uns" - der neue Roman von Georg-Büchner-Preisträger Wilhelm Genazino "Mein Leben verlief nicht so, wie ich es mir einmal vorgestellt hatte", bekennt der namen- und alterslose Ich-Erzähler im neuen Roman aus der Feder von Georg-Büchner-Preisträger Wilhelm Genazino und funkt damit auf der gleichen emotionalen Frequenz wie die meisten Protagonisten aus den Vorgängerwerken. Diese Figuren pendeln stets ein wenig zwischen Flaneur und Streuner, zwischen Müßiggänger und...

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  • 28.07.16
  • 1
  • 1
Kultur

Nicht lesen, sondern dechiffrieren

„Oben das Feuer, unten der Berg“ - der neue Roman von Büchner-Preisträger Reinhard Jirgl Reinhard Jirgl, Georg-Büchner-Preisträger des Jahres 2010 und damals wegen seines avantgardistischen Schreibgestus' gerühmt, hat einen gewaltigen Erzählbrocken vorgelegt. Ein Buch, das nicht gelesen, sondern dechiffriert werden muss. Wie schon in den Vorgängerwerken „Die atlantische Mauer“ (2000), „Die Unvollendeten“ (2003), „Die Stille“ (2009) und „Nichts von euch auf Erden“ (2013) stehen wieder Figuren...

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  • 30.03.16
  • 1
Kultur

Buch der Woche: Tod des unbekannten Freundes

Norbert Gstreins Roman „In der freien Welt“ „Der Tod meines Freundes John in San Francisco ist mir mit wochenlanger Verspätung bekannt geworden, aber die genauen Umstände liegen immer noch im dunkeln“, lautet der Spannung verheißende Eröffnungssatz im neuen Roman von Norbert Gstrein. Der 54-jährige österreichische Schriftsteller ist bekannt dafür, dass er brisante Themen nicht scheut. Nach dem Balkankrieg („Das Handwerk des Tötens“) und einer nur mäßig verschleierten, gegen Suhrkamp-Chefin Ulla...

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  • 15.02.16
Kultur

Buch der Woche: Melancholischer Brückenbauer

„Diese Fremdheit in mir“ - der neue Roman des Nobelpreisträgers Orhan Pamuk „Mit großem Aufwand versuchte ich der moralischen Pflicht nachzukommen, Mevluts Menschlichkeit auf 600 Seiten auszubreiten und ihn als vielschichtigen Menschen zu zeigen – und das, ohne auf die Tränendrüse zu drücken“, bekannte der Literatur-Nobelpreisträger von 2006, Orhan Pamuk, über die Hauptfigur seines neuen Romans. Es ist alles etwas anders als in den Vorgängerwerken. Pamuk erzählt zwar nach wie vor sehr...

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  • 31.01.16
  • 1
  • 1
Kultur

Fräulein Susans Gespür für Aufrichtigkeit

Peter Hoegs Roman „Der Susan-Effekt“ Mit dem später von Bille August kongenial verfilmten und insgesamt über sechs Millionen Mal verkauften Roman "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" wurde der dänische Autor Peter Hoeg in den frühen 1990er Jahren weltberühmt. Danach hatte sich der öffentlichkeitsscheue Schriftsteller, der ohne Telefon und Fernsehgerät in einem kleinen jütländischen Dorf lebt, noch mit "Die Frau und der Affe" (1996) und seinem geheimnisvollen Roman "Das stille Mädchen" (2007)...

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  • 30.07.15
Kultur

Der ewigsuchende Erinnerungskünstler

Neuer Roman zum 70. Geburtstag des Nobelpreisträgers Patrick Modiano (am 30. Juli) – Erstverkaufstag: 27. JULI „Es geht in meinen Büchern überhaupt nicht um mein eigenes Leben. Ich benutze nur Empfindungen, die ich gehabt habe, und Stimmungen, in denen ich gelebt habe“, bekannte Nobelpreisträger Patrick Modiano in einem seiner wenigen Interviews. Und doch schreibt der Franzose, für dessen umfangreiches Werk Paris mindestens ebenso wichtig ist wie es Köln einst für Heinrich Böll war, stets sanft...

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  • 25.07.15
Kultur

Die Freunde lächeln sehen

Zum Tod des Schriftstellers Hans Bender "Was ich unternahm, wie ich lebte, wohin ich reiste, mit wem ich zusammenkam, war bestimmt von meiner Liebe zur Literatur", notierte der umtriebige Schriftsteller Hans Bender völlig zutreffend in seinem vor zehn Jahren erschienenen Band "Wie die Linien meiner Hand". Bender, der am 1. Juli 1919 in Mühlhausen im Kraichgau geboren wurde, verkörperte ein lebendiges Stück deutsche Nachkriegsliteratur. Seine Bedeutung war ungleich größer als es die Summe seiner...

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  • 28.05.15
Kultur

Buch der Woche: Anfang und Ende

Barbara Honigmanns „Chronik meiner Straße“ „Wenn wir sagen, dass wir in der Rue Edel wohnen, antwortet man uns meistens, ach ja, da haben wir am Anfang auch gewohnt.“ So lautet der erste, beinahe programmatisch anmutende Satz in Barbara Honigmanns autobiografischer Skizze über jene Straße im Osten Straßburgs, in der sie seit ihrer Übersiedlung aus Ost-Berlin im Jahr 1984 lebt. Wieder einmal schreibt die 66-jährige Autorin, die einst als Dramaturgin und Regisseurin an so renommierten Theatern...

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  • 28.04.15
  • 1
Kultur

Buch der Woche: Ein Schauspieler ohne Zuschauer

Milan Kunderas Roman „Das Fest der Bedeutungslosigkeit“ „Man muss sie lieben, die Bedeutungslosigkeit, man muss lernen, sie zu lieben“, verkündet Ramon, eine der Hauptfiguren in Milan Kunderas neuem Roman „Das Fest der Bedeutungslosigkeit“ – das erste größere Erzählwerk des 1929 in Brünn geborenen und seit den 1970er Jahren in Frankreich lebenden Autors seit 2001. Damals hatte sich Kundera in „Die Unwissenheit“ noch mit seinem eigenen Schwellendasein zwischen den Kulturen beschäftigt, hatte...

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  • 24.02.15
Kultur

Verführen, amüsieren, provozieren

Zwei neue Bücher zum 70. Geburtstag von Georg-Büchner-Preisträger Botho Strauß am 2. Dezember* Der exzentrische Nonkonformist Botho Strauß, der zur Melancholie neigende erzählerische Philosoph und vehemente Zeitgeistkritiker, ist deutlich ruhiger geworden und schlägt neuerdings bisher bei ihm noch nicht erlebte versöhnliche Töne an. Vor sieben Jahren hatte Strauß in seinem Band „Die Unbeholfenen“ noch mit Vehemenz das Leben in der modernen Gesellschaft abgelehnt und über durchtrainierte...

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  • 28.11.14
  • 1
  • 2
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