Theater in der Stadthalle
Religionen setzen sich an einen Kabarett-Tisch

"Geächtet" ist ein Stück Literatur in einer multikulturellen Welt, in der es noch immer an adäquaten Antworten auf die drängenden Fragen mangelt. Das Theater wird am Dienstag, 20. November, 20 Uhr in der Erich Göpfert Stadthalle, Parkstraße 44 in Unna aufgeführt.

Wenn ein Moslem, der seine Herkunft verachtet, ein Jude, der Political Correctness über alles stellt, eine aufgestiegene Afroamerikanerin im Karriere-Rausch und eine weiße Amerikanerin, die der Kunst des Islams verfallen ist, sich zum Abendessen treffen, dann ist das Konfliktpotenzial bereits gewaltig. Wenn dann noch äußere Einflüsse wie Eifersucht, Minderwertigkeitsgefühle und Job-Neid den Spannungen Zündstoff liefern, ist die Eskalation der Situation vorprogrammiert. So hält Pulitzer-Preisträger Ayad Akthar in „Geächtet“ der gebildeten, vermeintlich toleranten und selbstgerechten amerikanischen Mittelschicht den Spiegel vor…

Der Pakistani Amir ist erfolgreicher Anwalt und glücklich mit Emily verheiratet, die als Künstlerin kurz vor dem Durchbruch steht. Dazu bedarf es nur ein wenig der Unterstützung von Kurator Isaac, der mit seiner Frau Jory, die wiederum eine Konkurrentin von Amir in der Anwaltskanzlei ist, zum Dinner vorbeikommt. Als Isaac Emily die frohe Nachricht überbringt, dass ihre Werke in seiner nächsten Ausstellung gezeigt werden, scheint der Abend perfekt zu laufen. Wenigstens für den Bruchteil einer Sekunde. Denn augenblicklich beginnen die Diskussionen um Tradition, Glaube und Fundamentalismus. Wenn Amir erzählt, wie er an Flughäfen angestarrt wird, weil man in ihm immer einen Terroristen vermutet oder Jory sich empört, dass die Verschleierung der Frau das Individuum auslösche, fliegen harte Thesen durch die Luft. Und viele von ihnen schweben noch lange im Raum.

Nach und nach kommen die (Vor-)Urteile und Weltanschauungen der vier sehr unterschiedlichen Menschen in den Dialogen zum Vorschein und buchstäblich auf den Tisch. Zwischendurch reicht man Pfeffermühle und Brot hin und her. Als schließlich der Alkohol die Zungen löst, werden die Diskussionen hitziger. Amir begreift nicht, was seine Frau am Islam fasziniert. Er selbst sieht darin eine rückständige Stammes- und Wüstenkultur, die für ihn keine erstrebenswerte Lebensform darstellt. Isaac, der die Argumente Amirs immer wieder beschwichtigt, wird von Emily angeklagt, überall Antisemitismus zu argwöhnen. Und dann dringt auch noch eine bittere Nachricht in die Runde: Jory ist befördert worden, obwohl Amir viel länger in der Kanzlei arbeitet als sie. Ist es weil…? Und warum stellt sich diese Frage überhaupt?

Patrick Khatami, Natalie O´Hara, Markus Angenvorth, Jillian Anthony und Christopher Gollan sind in dieser Inszenierung des Alten Schauspielhauses Stuttgart unter der Regie von Karin Boyd zu sehen.

Akhtars sprachgewaltige Auseinandersetzung mit wiederkehrenden Klischees über religiöse oder ethnische Zugehörigkeiten bestimmt dieses Schauspiel, das viel mit den tragikomischen Theaterstücken von Yasmina Reza gemein hat. Von subtil bis nachdenklich, von brüllend komisch bis aggressiv – immer geht es darum, die eigene Meinung und Perspektive zu hinterfragen.

Autor:

Lokalkompass Unna/Holzwickede aus Unna

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