Küsse unterm Mistelzweig: Weihnachtstradition - In Holzwickede werden Liebende glücklich

Die immergrünen Blätter der Mistel | Foto: Werner Hessel
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Die Mistel ist eine außergewöhnliche Pflanze. Seit Jahrtausenden wird sie wegen der ihr nachgesagten Heilkräfte verehrt, und auch Miraculix schnitt mit seiner goldenen Sichel Misteln für Asterix‘ Zaubertrank. Nun sichtete Pflanzenkenner Werner Hessel ein Exemplar dieser Pflanze in Holzwickede.

Ab Frühjahr sind die Pflanzen hinter dichtem Laub nur schwer auszumachen. Auch wenn die Bäume ihr Laub abgeworfen haben, kann man die Mistelkugeln leicht mit Krähennestern oder Eichhörnchenkogeln verwechseln. Doch bei diesem Exemplar in Holzwickede handelt es sich eindeutig um eine immergrüne Mistel.

Die Pflanze ist eine Schmarotzerpflanze und macht den Bäumen, auf denen sie sich einnistet, keine Freude. Sie verwurzelt sich in den Zweigen oder Stämmen des Baumes, durchdringt die Rinde und knüpft sich an die nährstoffführenden Bahnen. Zusätzlich kann sich die Mistel durch eigene Fotosynthese ernähren.
Der botanische Gattungsname „Viscum“ bedeutet soviel wie klebrig und bezieht sich auf das klebrige Fruchtfleisch der weißen Früchte. Hauptblütezeit ist der Fe­bruar. Sie können je nach Witterung auch von Januar bis in den April hinein blühen.

Interessant ist die Methode der Ausbreitung dieser Pflanzen. Die kleinen, bis zu einem Zentimeter großen, kugeligen und weißen Beeren enthalten ein schleimiges Fruchtfleisch. Darin sind die etwa fünf Millimeter kleinen Samen enthalten. Von den Früchten ernähren sich in der Winterszeit auch unsere heimischen Vögel. Besonders die Misteldrosseln sind auf Früchte dieser Pflanzen angewiesen.

Nach der Mahlzeit putzt sich die Mistel­drossel den mit Fruchtfleisch verklebten Schnabel an der Baumrinde ab. Dabei bleiben vereinzelt Samen mit Hilfe der Klebmasse an der Rinde haften. Hier kann sich nach erfolgreicher Keimung eine neue Mistelpflanze entwickeln. Auch durch Vogelkot kann sich die Mistel gut ausbreiten. Da der Samen nicht verdaut werden kann, wird er mit dem Kot ausgeschieden.

Warum küssen wir uns unter dem Mistelzweig?

Der Ursprung, warum unter dem Mistelzweig geküsst wird, ist nicht ganz klar. Es kann sein, dass diese Tradition auf der römischen Feier der Saturnalien beruht. Hierbei fanden auch Misteln Verwendung. Gefeiert am 17. Dezember, fällt es auch hinsichtlich des Jahreszyklus zeitlich in die Weihnachtsphase.

Nach einem Opfer für Saturn und einem gemeinsamen Mahl beschenkte man sich, und in einer Art Narrenfreiheit wurden die Standesunterschiede für diesen Tag aufgehoben. In diesem Brauch vermutet man auch den Ursprung unserer Karnevalstraditionen.

Bei den Saturnalien spielten auch Alkoholexzesse und sexuelle Ausschweifungen eine Rolle. Diese Verbindung zwischen Mistelzweig und Liebe hat sich dann womöglich über heidnische Hochzeitsbräuche bis in die Neuzeit weiter entwickelt hin zum harmlosen Kuss unterm Mistelzweig.

Auch im keltischen und germanischen Ritus waren die Misteln von Bedeutung.Das berichten zumindest Plinius der Ältere, ein römischer Gelehrter, in seiner Naturgeschichte, und auch Julius Cäsar in „de bello gallico“ über den gallischen Krieg. Plinius schildert die Mistel als eine Pflanze, die von den Galliern besonders bewundert wird – besonders, wenn die Mistel auf einer Eiche wächst. Man geht davon aus, dass die Kelten die Mistel deshalb als heilig empfanden, da diese Pflanze ohne irdische Wurzeln auskam, zwischen Himmel und Erde existiert, und es nicht anders zu erklären war, als dass dies eine von Göttern geschickte Pflanze sein musste.

War sie dann auch noch auf einer Eiche­ beheimatet, betrachtete man dies wohl als Hinweis auf einen heiligen Ort, an dem die Götter wollten, dass man dort heilige Handlungen vornahm, zum Beispiel Opfer darbrachte. Im Laufe der Jahrhunderte wurde aus diesem "Opfer" ein Kuss unter Liebenden.

Autor:

Elke Böinghoff aus Unna

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