Lichtkunstzentrum: Schönfärberei oder Milchmädchenrechnung?

Nach langem Ringen um die Rechenschaftsberichte des Unnaer Zentrum für internationale Lichtkunst e.V., bis hin zur Klage vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, wurden mir nun endlich die von der Stadtverwaltung eingeforderten Dokumente ausgehändigt. Wer nun aber glaubt, jetzt käme Licht ins Dunkel um das Unnaer Lichtkunstzentrum, der wird enttäuscht sein. Was ich bekommen habe, ist ein unübersichtliches Zahlenkonglomerat, das teilweise von einem zum nächsten Jahr schon nicht mehr zusammenpasst und das überdies auch noch große Lücken aufweist. Diese pikanterweise vor allem in den Jahren 2006 bis 2008, welche, aufgrund des umstrittenen Turrell-Projektes, wohl am interessantesten sein dürften. Hat doch ein, vom Stadtrat angeblich nicht genehmigter, Kredit von 150.000 Euro aus dem Jahr 2008, für eben dieses Projekt, die derzeitige Schieflage des Lichtkunstzentrum mit verursacht.

Die größten Auffälligkeiten
Obwohl gemäß Geschäftsbesorgungsvertrag der jährliche Wirtschaftsplan des Folgejahres mit der Stadt Unna abgestimmt werden muß, liegt nicht ein einziger Wirtschaftsplan mit einem entsprechenden Bestätigungsvermerk vor. Es ist eigentlich auch kaum vorstellbar, dass die Stadt einem Wirtschaftsplan, wie dem für das Jahr 2009 mit einem Fehlbetrag von 135.000 Euro zugestimmt hätte, oder etwa doch?

Die Jahresabschlüsse bis 2005, die der Mitgliederversammlung zur Abstimmung vorgelegt wurden, stimmen teilweise nicht mit den Einnahmen-Ausgabenrechnungen der jeweiligen Jahre überein, die vom Wirtschaftsprüfer bestätigt wurden. Die Wirtschaftspläne der späteren Jahre sind nur noch sehr rudimentär ausgeführt und müssen teilweise den Jahresabschlüssen der Folgejahre entnommen werden. Wenn die Zahlen den Mitgliedern des Vereins wirklich so schlecht aufbereitet vorgelegt wurden, könnte man schon beinahe von einer bewußten Täuschung reden.

Bei genauerer Betrachtung, stellt man auch schnell fest, dass der Turrell-Turm weitaus teurer war, als die 650.000 Euro mit denen er immer wieder gehandelt wurde. Rechnet man alle Ausgaben zusammen, die in den Jahresberichten 2008 bis 2010 auf das Projekt entfallen sind, kommt man auf einen Betrag von 854.700 Euro. Dabei sind eventuelle versteckte Kosten, die sich möglicherweise noch in Posten wie "Honorare" verbergen naturgemäß gar nicht nicht berücksichtigt.

Die Berichte des Wirtschaftsprüfers für die Jahre 2006 bis 2008 fehlen gänzlich. Was will man uns hier verheimlichen? Ersichtlich ist aber, dass in den Folgejahren der durch den Wirtschaftsprüfer bestätigte Kassenbestand von +72.370,87 Euro am 31.12.2008 auf -125.882,57 Euro am 31.12.2012 sank, also ein Verlust von sage und schreibe 198.253,44 Euro in 4 Jahren. Macht 50.000 Euro pro Jahr. Das deckt sich auch mit der Aussage des Wirtschaftsprüfers vom 26.02.2013, der hier angesichts eines Fehlbetrages von 49.000 Euro für 2012 auf ein strukturelles Defizit des Lichtkunstzentrums hinweist. Anscheinend entwickelt sich das Zentrum zu einem Fass ohne Boden. Und daran sind sicher nicht allein die Zinszahlungen für die laufenden Darlehen Schuld, diese betrugen im Jahr 2012 lediglich 8.000 Euro.

Der Bericht des Wirtschaftsprüfers vom 26.02.2013 weist darüberhinaus "... auf die Regelungen in §42 BGB zur Insolvenz eines Vereins sowie zu den Pflichten und der Haftung des Vorstandes im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren" hin. Weiter heisst es dort: "Das strukturelle Defizit aus der Tatsache, dass die Erträge derzeit nicht ausreichen, um die laufenden Kosten zu decken und sich somit folglich die laufende Verschuldung weiter aufbaut, kann aber aus unserer Sicht in Zukunft zu einer Zahlungsunfähigkeit führen". Deutlicher kann man es wohl nicht sagen. In den bunten Folien vom Stadtkämmerer, Herrn Mölle, sieht das alles immer viel netter aus.

Interessant ist auch ein Blick auf die Entwicklung der Personalkosten. So sind diese von ursprünglich 94.481,60 € im Jahr 2003 auf 223.108,17 € (2012) angestiegen. Besonders auffällig ist, dass die Personalkosten in den Jahren 2006 und 2007 von dieser Entwicklung deutlich abwichen und mit über 290.000 € weit über den Planzahlen von 110.000 € bzw. 214.000 € lagen. Eine Erklärung dafür ist ist man mir bislang schuldig geblieben.

Der Betrag von 174.873,62 Euro, der in der Beschlussvorlage 0785/13E1 des Stadtrates vom 29.08.2013 genannt wird, taucht in dem Zahlenwerk übrigens auch nicht auf. Vom Wirtschaftsprüfer bestätigt sind zwei Darlehen die zum 31.12.2012 mit insgesamt 162.873,62 Euro angegeben werden. Wo die restlichen 12.000 Euro herkommen wird nirgends erklärt. Aber was sind schon läppische 12.000 Euro? Meine Anfragen vom 03. November, bezüglich der oben genannten Unstimmigkeiten und der fehlenden Dokumente, an Herrn Stemplewski als Vorsitzenden des Lichtkunstvereins und an die Stadtverwaltung der Kreisstadt Unna, blieben übrigens bis heute unbeantwortet.

Aus dem allgemein chaotischen Zustand der am 07.10.2013 an mich übergebenen Unterlagen - diese waren teilweise sogar falsch geordnet, und der Tatsache dass das Zusammenstellen dieser Unterlagen allein schon 2 Wochen in Anspruch genommen hat, könnte man die Schlußfolgerung ziehen, dass die Stadt Unna zu keinem Zeitpunkt einen wirklichen Überblick über die Situation des Lichtkunstzentrums hatte. Ob das in Zukunft besser wird, wird sich zeigen. Zu befürchten ist, dass man mit dem Beschluss vom 09.09.2013 weitere 95.000 Euro verbrannt hat, ohne dass sich an der Situation irgendetwas ändert. Die Insolvenz wird damit nur hinausgezögert.

Autor:

Claus Palm aus Unna

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