Das zweite Leben des kleinen Löschfahrzeugs

Neben seinem Fahrzeug und einem Pulverlöschanhänger befinden sich noch einige Feuerwehr-Devotionalien im Besitz von Erhard Becker. Hier zum Beispiel ein Schwerschaumrohr. Sein Traum wäre ein kleines Feuerwehrmuseum. Doch leider fehlt dem begeisterten Sammler dazu der nötige Platz.     Foto: Jörg Prochnow
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  • Neben seinem Fahrzeug und einem Pulverlöschanhänger befinden sich noch einige Feuerwehr-Devotionalien im Besitz von Erhard Becker. Hier zum Beispiel ein Schwerschaumrohr. Sein Traum wäre ein kleines Feuerwehrmuseum. Doch leider fehlt dem begeisterten Sammler dazu der nötige Platz. Foto: Jörg Prochnow
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Ehemaliger Feuerwehrmann restauriert altes Löschfahrzeug der Feuerwehr Rottum

Beruf kommt bekannterweise von Berufung. Leider ist der Beruf für viele heute allerdings nur noch ein „Job“ zur Sicherung des Lebensunterhalts. Anders sieht es allerdings bei vielen Feuerwehrleuten aus. Nicht wenige Berufsfeuerwehrleute engagieren sich neben ihrer hauptamtlichen Tätigkeit auch in Freiwilligen Feuerwehren und bleiben dieser sogar nach dem Dienstende in der Alters- und Ehrenabteilung treu.

Erhard Becker aus Unna-Königsborn (69) ist so ein Beispiel. „Ede“, wie seine Freunde ihn nennen, versah seinen Dienst als Oberbrandmeister bis zur Pensionierung bei der Berufsfeuerwehr Dortmund und war nebenbei auch in der Freiwilligen Feuerwehr Unna, Löschgruppe Königsborn, tätig. Nach seinem Ausscheiden vor neun Jahren wechselte er in die Alters- und Ehrenabteilung und trifft sich noch heute regelmäßig mit seinen ehemaligen Kameraden.

Doch das reichte ihm anscheinend noch nicht. Vor acht Jahren kaufte er von der Stadt Kamen das ausgemusterte Löschfahrzeug der Löschgruppe Rottum, ein so genanntes „TSF“ – auf deutsch: Ein Tragkraftspritzenfahrzeug. Ein solches Löschfahrzeug wird überwiegend von kleineren Feuerwehren, meistens in ländlichen Gebieten, eingesetzt.

Im Gegensatz zu den größeren Löschfahrzeugen, verfügt das TSF über keinen eigenen Tank und besitzt eine eingeschobene Tragkraftspritze am Heck, mit der das Löschwasser entweder aus offenen Wasserentnahmestellen oder aus Hydranten gefördert wird. Im Feuerwehrjargon spricht man deshalb von einem „nichtwasserführenden“ Fahrzeug.

Aufwendige Restaurierung

Zugelassen wurde der Mercedes-Benz 308 am 26.02.1981 und war bis zur Aussonderung einziges Einsatzfahrzeug der kleinen Löschgruppe Rottum. Viele Einsätze hat er in dieser Zeit allerdings nicht erlebt, trotzdem nagte der Zahn der Zeit kräftig an seiner Karosserie.

Als Ede Becker das Fahrzeug dann erwarb, war es quasi komplett leer und musste aufwendig restauriert werden. In welchem Umfang allerdings, stellte sich erst nach der Unterbodenwäsche heraus. Am Unterboden war auch die Herkunft des Fahrzeugs gut zu erkennen. Die rechte Seite war stark lehmverkrustet, da es überwiegend auf Feldwegen in Rottum und Umgebung unterwegs war. Nachdem der Lehm mit dem Hammer beseitigt war, blickte Becker auf viele Durchrostungen. Aber auch sonst mussten an vielen Stellen der Karosserie Blecharbeiten durchgeführt werden.

Wie viele Feuerwehrleute, erlernte Becker vorher einen handwerklichen Beruf. Als Klempner war er deshalb auch in der Lage, viele Blechteile selbst auf die gewünschte Form und Größe zu bringen und auch Schweißarbeiten selbst durchzuführen. „Während meiner Zeit bei der Berufsfeuerwehr Dortmund habe ich den Kfz-Schlossern viel über die Schultern geschaut und mit den Augen gestohlen“, erklärt er lachend. Weniger lustig fand Becker die vielen Punkte der Arbeits- und Schadensliste, die er vor Beginn der Restaurierung anfertigte: Tür links, innen und außen, Einstieg und Seitentür hinten, Tür rechts, Schweller der Radkästen und, und, und…

Durchgeführt wurden die Arbeiten unter dem eigenen Carport, das zu einer Werkstatt umfunktioniert wurde. Insgesamt dauerte die komplette Restauration ungefähr zwei Monate. Viel Zeit und Material steckte Becker in das Restaurierungsprojekt. Doch damit nicht genug. Das TSF sollte ja auch von innen komplett ausgestattet sein, wie früher eben. Über Internet-Auktionen und andere Quellen wurde die authentischen Ausrüstungsgegenstände eines TSF beschafft. „Von seiner Ausrüstung her wäre das TSF eigentlich einsatzklar, wenn die einzelnen Teile nicht ausgemustert wären“, erklärt Becker.

Interessengemeinschaft Feuerwehroldtimer NRW

Zu bewundern ist das kleine Löschfahrzeug übrigens auf den regelmäßigen Treffen und Ausfahrten der Interessengemeinschaft Feuerwehroldtimer NRW, dessen Sprecher Erhard Becker ist. Es handelt sich dabei um einen losen Zusammenschluss ohne Vereinsstrukturen von zurzeit elf Liebhabern historischer Feuerwehrfahrzeuge aus dem Kreis, dem Ennepe-Ruhrkreis und sogar aus dem Rheinland. Die IG besteht seit März 2016 und führt regelmäßig Ausfahrten durch, besucht Ausstellungen oder trifft sich zum Erfahrungsaustausch.

Das Tragkraftspritzenfahrzeug, kurz „TSF“ genannt, ist ein bei kleineren Löschgruppen weit verbreitetes Einsatzfahrzeug zur Brandbekämpfung und einfachen technischen Hilfeleistung.

Die Besatzung besteht aus einer Staffel, also sechs Feuerwehrleuten. Die Ausrüstung ist für neun Feuerwehrleute, einer Gruppe also, ausgelegt. Im Fahrzeugheck befindet sich eine eingeschobene Tragkraftspritze, mit der das Löschwasser aus offenen Wasserentnahmestellen oder aus Hydranten entnommen und weiter gefördert wird.

Das TSF wird nach und nach von moderneren Fahrzeugtypen, wie das mittlere Löschfahrzeug oder dem Kleinlöschfahrzeug abgelöst. Das zulässige Gesamtgewicht lag früher bei 3,5 Tonnen, damit es noch mit der Führerscheinklasse 3 gefahren werden darf.

Autor:

Jörg Prochnow aus Kamen

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