Historiker tragen Fakten zusammen zum ehemaligen „Ostarbeiter-Gemeinschaftslager Langenberg/Rhld. Heegerstraße“
Langenberger beachteten die Zwangsarbeiter nicht

Harald Schmitz (von rechts) weist auf die Gedenktafel des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers (Uferstraße) hin, zu dem Jürgen Lohbeck, Frank Overfoff und Josef Johannes Niedworok Fakten zusammengetragen haben. | Foto: Foto und Text von: Ulrich Bangert
  • Harald Schmitz (von rechts) weist auf die Gedenktafel des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers (Uferstraße) hin, zu dem Jürgen Lohbeck, Frank Overfoff und Josef Johannes Niedworok Fakten zusammengetragen haben.
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Historiker tragen Fakten zusammen zu einem ehemaligen „Ostarbeiter-Gemeinschaftslager Langenberg/Rhld. Heegerstraße“ an der Uferstraße in Langenberg. Ein Text von Ulrich Bangert:

Hinter zwei eher kleinen Gebäuden an der Uferstraße verbirgt sich ein Kapitel deutscher Geschichte, das erst langsam aufgearbeitet wird. Es handelt sich um das „Ostarbeiter-Gemeinschaftslager Langenberg/Rhld. Heegerstraße“, das im Oktober 1942 auf dem seinerzeit städtischen Gelände zwischen Bonsfelder Straße und dem Deilbach nördlich der Böschung zur Brücke Heegerstraße gebaut wurde. Die beim Rüstungskontor Berlin gekauften Baracken wurden in Einzelteilen per Bahn geliefert. Zusammen mit der Stadtverwaltung der Stadt Langenberg und einigen Firmen wurde das „Lager zur Unterbringung russsicher Zivilarbeiter für die Industrie“, für das mal die Stadt und mal die Firma Intensiv-Filter verantwortlich war.

Auf alliierten Luftaufklärungsfotos

Die ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Jürgen Lohbeck und Josef Johannes Niedworok sind beim Studium eines alliierten Luftaufklärungsfotos auf die Einrichtung gestoßen: „Das Lager bestand aus vier Unterbringungsbaracken und weiteren Funktionsgebäuden für Wachlokal, Toiletten, Speicher und einer Arrestzelle mit kleinem Schuppen“, hat Jürgen Lohbeck herausgefunden.

Damals: "ganz normales Geschehen"

„Ein Zementabflussrohr im Damm zur Heeger Brücke war mit einer Tür versehen; das war ein provisorischer Luftschutzbunker“, fand Josef Johannes Niedworok heraus. „Das Vorhandensein dieser Zwangsarbeiter war seinerzeit damals ein ganz normales Geschehen“, musste Frank Overhoff feststellen. „Nicht nur in Betrieben wurden die Zwangsarbeiter eingesetzt, auch Langenberger Bürger kamen und forderten für ihre Arbeiten Zwangsarbeiter an“, berichtet der pensionierte evangelische Schulpfarrer, der sich intensiv mit dem Nationalsozialismus in Langenberg und dem Schicksal der jüdischen Bevölkerung befasst.

Auch Frauen und Kinder im Lager

In dem Lager befanden sich um die 250 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, darunter auch Frauen und Kinder, hauptsächlich russischer und polnischer Nationalität, zum Kriegsende kamen Italiener hinzu.

Der 1927 geborene Russe Vitalij Sjomin wurde 1942 zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt, 1944 kam er in das Langenberger Lager. In seinem autobiografischen Roman „Zum Unterschied ein Zeichen“ schildert er das Lager, wobei ihm die Gleichgültigkeit der Menschen in den benachbarten Wohnhäusern erstaunte: „Das Lager mit seinen deutschen Standardbaracken war von der Brücke aus einzusehen. Es war auch aus den Fenstern mehrerer drei- bis vierstöckiger Häuser zu sehen, die von unten, aus dem Lager, wegen ihrer hohen Ziegeldächer, übergroß wirkten. Wie oft versuchte ich, einen neugierigen Blick aufzufangen! Es gelang mir nicht ein einziges Mal. Ich war nicht schlüssig, ob es Teilnahmslosigkeit oder Disziplin war. Jedenfalls war es etwas, was ich nicht begriff.“

Nach dem Krieg

Mit dem Einmarsch der amerikanischen Truppen im April 1945 wurde das Lager befreit. Die danach weitgehend unversorgten „displaced persons“ versuchten, durch Diebstähle an Lebensmittel zu kommen.

Nach dem Krieg errichtete der Kleinunternehmer Herbert Keller dort eine Waschmaschinenfabrik. 1989 erwarb Harald Schmitz eine der Baracken für seinen Malerbetrieb und gestaltete sie ansehnlich in roten und weißen Farben. Von der Vergangenheit wusste er nichts, erst durch einen Umbau wurde er auf die historische Substanz aufmerksam.

Eine vom Bergischen Geschichtsverein, Abteilung Velbert-Hardenberg, finanzierte Tafel erinnert an die geschichtlichen Zusammenhänge.

Autor:

Lokalkompass Niederberg aus Velbert

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