Wo die "junge Stadt am Niederrhein" zwar auch jung, aber nicht besonders schön ist ...
Zwischen Möllen und Mehrum: Angler lassen ihren Müll liegen, Wildparker entlang der Deichwege

Müll und Wildparker an den Rheinuferwegen - traurige Tatsachen, die in Voerde viele Menschen stören.  | Foto: Fotos: Archiv/ Collage: dibo
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  • Müll und Wildparker an den Rheinuferwegen - traurige Tatsachen, die in Voerde viele Menschen stören.
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Schmucke Rheinauen, urige Bauernschaften und nette Ortsteile inmitten von Kopfweiden gesäumten Wiesen - das ist Voerde. So weit die sympathische Facette. Doch die "junge Stadt am Niederrhein" (O-Ton auf der städtischen Homepage) hat auch ein Problem: Die Spazierwege in Rheinufernähe werden ständig vermüllt. Eine Bestandsaufnahme.

Heinz Abel, Deichstuhlmitglied im Deichverband Mehrum, kann ein Lied davon singen: "Es ist der Wahnsinn - und seit Corona ist es besonders schlimm!", sagt er. Entlang der rund 150 Meter Deichweg in der Nähe seines Hauses finde man regelmäßig "extreme" Müllmengen. Mit dem beginnenden Winterhalbjahr werde das Problem kleiner - aber eben nur für ein paar Monate. "Seit vier Jahren kämpfe ich dafür, dass etwas dagegen unternommen wird", klagt Abel, der seinen Deichgräf Ingo Hülser und andere Kümmerer hinter sich weiß.
Besonders prekär ist die Situation an Schönwetter-Wochenenden. Dann kommen die Ausflügler - oft aus dem Ruhrpott - und parken sämtliche Nebenstraßen zu. "Wenn der Boden weich ist, sind hinterher alle Straßenränder kaputt gefahren", hat der Anwohner beobachtet. Der von der Freizeitlern achtlos weggeworfene Müll werde zwar zwei mal wöchentlich von der Stadt abgeholt, doch das reiche oft nicht aus. Heinz Abel sieht die Stadt Voerde in der Pflicht - und die Ranger des Kreises Wesel: "Der Bereich muss öfter kontrolliert werden, sonst wird sich das nicht ändern!".

Ganz ähnliche Erfahrungen hat ein Leser aus Möllen (Name der Redaktion bekannt), der fast täglich mit seinem Hund auf den Rheinuferwegen zwischen Haus Wohnung und der Emschermündung unterwegs ist: Wild parkende Autos, Hinterlassenschaften von Grillpartys, stehengelassene Pavillons und Zelte von Übernachtungen am Rheinstrand. Vor allem die Angler hat dieser Beobachter als Verantwortliche für den Naturfrevel ausgemacht und liefert dem NA eine Reihe von Beweisfotos, die weggeworfene Verpackungen von Angelbedarf zeigen.
"Als ich einen Wagenbesitzer aus dem Ruhrgebiet mal gefragt habe, warum er keine regulären Parkplatz benutzt, hat er mir Prügel angedroht", erinnert sich der Möllener. Deshalb ziehe er es vor, seinem Namen nicht in diesem Bericht zu lesen. Man könne ja nie wissen ...

Scheinbar verschärft sich die Lage unter anderem, weil der Bereich am Deich bei Möllen Privatgelände ist. Und nicht - wie Manche glauben - städtischer Grund. Und weil dort keine Verbotsschilder stehen, ist das Parken entlang der Wege tatsächlich erlaubt. Die bestätigt auf Anfrage Timm Wandel vom Pressestab der Kreispolizei Wesel. "Unsere Kollegen waren im März vor Ort und haben sich ein Bild von der Lage gemacht", erklärt Wandel. Die Voerder Wache stehe in Kontakt mit dem städtischen Ordnungsamt und würde den Bereich beim Streifefahren im Auge behalten. Allerdings existiere das Müllproblem nicht nur in der Rheinaue, sondern beispielsweise auch rund um die Tenderingsseen.

Eine weitere Stimme liefert Fabian Friese von der DLRG-Ortsgruppe Dinslaken, deren Rheinrettungsstation auf einem angrenzende  Grundstück der STEAG steht. Er meint: "Unser Gelände ist umzäunt, daher haben wir keine Probleme durch Vermüllung. Ich kann Ihnen jedoch bestätigen, dass die Rheinufer leider immer wieder von Unrat überzogen werden. Wir haben dieses Jahr im Rahmen der Aktion "Rhine Clean Up" gemeinsam mit vielen Freiwilligen den Müll von der Wasserlinie beseitigt."

Antworten vom Kreis Wesel

Um mehr Licht in die Hintergründe zu bringen, stellen wir der Weseler Kreisverwaltung vier Fragen. Anja Schule vom Pressestab des Kreises schickte folgende Antworten ...

1. Sind in der Kreisverwaltung derartige Probleme bekannt?
Der Kreisverwaltung sind die mit der Vermüllung der Landschaft insbesondere in den Rheinvorlandflächen verbunden Probleme bekannt. Mit finanzieller Unterstützung der Kreistagspolitik wird u.a. hierauf seit 2019 mit dem Einsatz von Rangern in den Schutzgebieten des Kreises Wesel reagiert.

2. Wie sind Ihre Beobachtungen und über welchen Zeitraum geht das schon?
Diese Beobachtungen und Feststellungen werden bereits seit einigen Jahren gemacht. Eine gewisse Zunahme hat im Rahmen der Corona bedingten Kontaktbeschränkungen stattgefunden, da sich die Bürger*innen seit dieser Zeit vermehrt in der freien Natur aufgehalten haben. Ein konkreter belastbarer Zeitraum kann aber nicht benannt werden.

3. Müssten sich die Ranger des Kreises Wesel nicht um derartige Dinge kümmern?
Die Müllentsorgung ist grundsätzlich eine Aufgabe der Kommunen und nicht des Kreises. In vielen Bereichen findet hierzu auch ein enger Austausch zwischen Kommune und Kreis statt. Die seit zwei Jahren im Auftrag des Kreises Wesel eingesetzten Ranger des RVR achten bei ihren naturschutzrechtlichen Kontrollaufgaben natürlich auch darauf, dass in den Schutzgebieten im Rahmen der zugelassenen Nutzungen z.B. auch durch Angler kein Müll hinterlassen wird. Allerdings können die Ranger nicht an jedem Ort und zu jeder Zeit gleichzeitig präsent sein und dafür sorgen, dass der Müll immer mitgenommen wird. Aber erst die Ranger haben mit ihrer Arbeit massiv dazu beigetragen, dass die Vermüllung deutlich abgenommen und eine Aufklärung der Erholungsuchenden auch zur Müllentsorgung stattgefunden hat.

4. Gibt es vor Ort einen Anglerverein, der im betreffenden Bereich aktiv ist?
Auf dem von Ihnen benannten Rheinabschnitt ist das Angeln für alle, die einen Angelschein haben und zusätzlich den sogenannten Rheinschein erworben haben, erlaubt. Der Platz wird also von einer Vielzahl von Anglern genutzt, die nicht unbedingt einem speziellen Verein zuzuordnen sind.

Infos der Stadt Voerde

Und wie beurteilt die Stadt Voerde die missliche Situation? Die Stellungnahme der Ersten Beigeordneten und Technischen Dezernentin Nicole Johann bescheinigt die städtischen Zugriffsgrenzen: "Das Müllproblem am Rheinufer ist immer wieder ein Thema, leider auch bei uns in Voerde. Außerdem bahnen sich 'Ausflügler' ihren Weg teils mit dem Auto bis zum Rhein. Bei dem von Ihnen beschriebenen Rheinabschnitt handelt sich hauptsächlich um Flächen, welche sich nicht im Eigentum der Stadt Voerde befinden.

Dennoch liegt der Bereich auf dem Voerder Stadtgebiet und eine Vermüllung von Wegen und Landschaft ist insbesondere für unsere Stadtgesellschaft ein Ärgernis. Die Schwemmgutbeseitigung ist im o.g. Abschnitt auch oft ein Thema. Das Sammeln wird in der Regel durch die Eigentümer organisiert und erledigt. Wir als Stadt unterstützen, indem wir den Abtransport und auch die sachgerechte Entsorgung bestellen. Zusätzliche Info: Die Abfallbehälter in diesem Abschnitt auf dem Deich werden durch den DIN Service geleert.

Das Problem des Parkens kennen wir von verschiedenen Stellen des Rheinvorlandes. Auch der oben genannte Abschnitt wird in den Sommermonaten gerne zum Aufenthalt am Rheinufer genutzt. Der Bereich befindet sich m.E. nicht im Naturschutzgebiet, so dass die verschärften Vorgaben des Landschaftsplanes nicht greifen und auch die Ranger diesen Bereich nicht bestreifen. Im Sommer wurde der Bereich von der Stadt Voerde in Zusammenarbeit mit der Polizei, dem DLRG auch am späten Abend kontrolliert.
Das immer wieder durch die Bürger beanstandete Parken kann durch den Ordnungsbereich der Stadt Voerde nicht sanktioniert werden, da die Fahrzeuge auf privaten Flächen und nicht im öffentlichen Raum abgestellt werden." 
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Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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