1000 historischen Ansichtskarten aus Schwelm
Aufgeschriebene Geschichte

Jens Möllenbeck (l.) zeigte den interessierten Bpürgern im Haus Martfeld dei umfangreiche Ansichtskartensammlung.  | Foto: Foto: Stadtverwaltung Schwelm / Heike Rudolph
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Stadtarchiv besitzt Sammlung mit 1000 historischen Ansichtskarten Schwelm.

Die Blütezeit der Ansichtskarte begann um die Wende zum 20. Jahrhundert und dauerte einige Jahrzehnte. Diese besondere Karte war zunächst Benachrichtigungs-, Einladungs- oder Glückwunschkarte und wurde nach und nach sichtbares Symbol für den aufblühenden Tourismus. Bis zum Durchbruch von digitalen Kommunikationsmitteln wie Telefon, SMS und E-Mail war sie das Mittel der Wahl, um den Daheimgebliebenen mitzuteilen, wie schön doch die Urlaubswelt sei. Dass auch das Stadtarchiv im Haus Martfeld einen Schatz an historischen Ansichtskarten bewahrt, erläuterte jetzt Stadtarchivar Jens Möllenbeck im Rahmen der Reihe „Archiv- und Museumsgespräch“ interessierten Bürgern.

Postkarten mit historischen Fotos

So hatte der Fachmann, als er vor ein paar Jahren seine Arbeit in Schwelm aufnahm, den ihm von bisherigen Berufsstationen her bekannten Ansichtskartenschrank gesucht, war aber erst später darauf gekommen, dass diese Postkarten mit den zahlreichen historischen Fotos vermischt worden waren und somit eine gemeinsame Sammlung bildeten.Nachdem neuerdings die Fotografien im Archiv, wie dies heute Standard sein soll, statt nach Themen nach Provenienz geordnet wurden, kam auch Struktur in die Sammlung historischer Ansichtskarten, die nun nach Herkunftsverlagen sortiert sind.

1893 abgestempelt

Die Ansichtskarte des ausgehenden 19. Jahrhunderts bzw. beginnenden 20. Jahrhunderts wurde anfangs - wie auch der Brief - als Korrespondenzmedium genutzt. Zunehmend anschaulicher gestaltet und obendrein preiswert im Versand, griff man, auch in Schwelm, gerne zur schmucken Karte, um z.B. auf ein bevorstehendes öffentliches Fest aufmerksam zu machen, um zu einer privaten Feier einzuladen oder um für eine neu eröffnete Restauration zu werben. Jens Möllenbeck präsentierte die älteste Ansichtskarte des Schwelmer Stadtarchivs, die 1893 abgestempelt worden ist (Ausflugslokal „Schnupftabak-Mühle“, das sich dort befand, wo heute in etwa die Kläranlage ihren Standort hat) und führte in der Folge weitere anspruchsvoll gestaltete Exemplare vor, wie sie für Schwelm und den hiesigen Raum typisch waren.
Dazu zählten Ansichtskarten von der Neuen Straße (einst ein bedeutendes Infrastrukturprojekt, heute Teil der Hauptstraße) sowie von der Einladung zu einem Feuerwehrjubiläum oder vom ehedem beliebten früheren Hotel/Restaurant „Prinz von Preußen“, dem Schwelmer Brunnen und dem einstigen Modehaus Thomas.

Die Kölner Straße

„Das wohl am meisten fotografierte Motiv der Stadt dürfte die Kölner Straße sein, und zwar aus Süden mit dem Blick auf die Kirchtürme“, erläuterte Schwelms Mann fürs Historische und legte den Besuchern auch gleich eine historische Ansichtskarte mit diesem Motiv vor. „Dem Fotografen ist es gelungen, die Kölner Straße an dieser Stelle breiter aussehen zu lassen, als sie tatsächlich ist“, lobte Jens Möllenbeck schmunzelnd fotografisches Können, das die Grenze von der Dokumentation zur Inszenierung und sogar zur Illusion gekonnt zu überschreiten vermag.

Die Teilnehmer/innen des Archivgesprächs erfuhren Wissenswertes über bestimmte Kartentypen (Schwarz-Weiß, später in Farbe), sprachen über sogenannte „Mondscheinkarten“ (eine meist blaustichig-romantisierte Karte, auf der auch der Mond nicht fehlen durfte) und wurden darüber „ins Bild gesetzt“, dass früher auch Karten hergestellt wurden, die sich mit Besonderheiten der Städte und Regionen befassten, so z.B. eine Reihe mit Motiven bergischer Höfe und Hinterhöfe.
Es steht zu vermuten, dass diese Karten deshalb beliebt waren, weil die Menschen sich seinerzeit noch stark mit ihrem unmittelbaren räumlichen Umfeld auseinander setzten. Mit dem einsetzenden Nachkriegstourismus nahm das Interesse an kleinteiliger Heimatkunde ab. Man wurde weltläufiger und die Motive zeigten fortan nur noch die Sehenswürdigkeiten der Metropolen.

Erich Dämmers Ansichtskartenverlag

In Schwelm baute Erich Dämmer einen beeindruckenden Ansichtskartenverlag auf. Am Beginn standen in den 30er Jahren Motive, die Priesterjubiläen in der Katholischen Kirchengemeinde St. Marien zeigten und, so J. Möllenbeck, „wohl auch nur in der Gemeinde verkauft wurden“. In der Nachkriegszeit wurde Dämmers Repertoire reichhaltiger; er nahm quasi alles in den Fokus, was ihm an Schwelm der Wiedergabe wert erschien. Es dürfte nur wenige Schwelmer Haushalte geben, die keine Postkarten aus der Dämmer-Produktion ihr Eigen nennen. Die Rechte an zweien seiner Karten - eine zum Stadtjubiläum 1950 und eine mit der Abbildung „Unserer Lieben Frau von Schwelm“, einer Heiligenfigur in der Kirche St. Marien, (Karte aus den Jahren um 1970) – trat Dämmer an den Verlag C.K.D. ab.

Nummerierung der Karten

Stark präsent waren auch Ansichtskarten mit Schwelmer Motiven des ausgebildeten Arztes Vittinghoff, der sein Hobby, das Fotografieren, erfolgreich zum Beruf machte. Sehr bekannt war im hiesigen Raum auch das Kartenportfolio des Wuppertaler Verlages Max Biegel. Je besser das Geschäft lief, desto schneller gingen die Hersteller zur Nummerierung der Karten über.
Immer wieder werden dem Schwelmer Stadtarchiv Ansichtskarten von Privatleuten überlassen, Einzelstücke und Sammlungen. Und siehe da: Selbst eifrigsten E-Mail-Schreiber unserer Tage entzücken sich dann an Motiven, die Schwelm zeigen, wie es einmal war.

Autor:

Nina Sikora aus Essen

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