Arturo Ui ist längst wieder aufgestiegen

Der alte Dogsborough (Manfred Böll, 3. von rechts) wird von Arturo Ui (Xenia Snagowski, rechts) und seinen Helfern gefügig gemacht. Foto: Diana Küster | Foto: Diana Küster
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Bertolt Brechts Stück „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ hatte jetzt im Schauspielhaus Premiere. Grell, bunt, laut, komisch und dann wieder grausam und brutal kommt die Parabel auf die Machtergreifung Adolf Hitlers daher.

In dem Stück, das Brecht 1941 verfasste, verquickte er Hitlers Aufstieg mit der Karriere des amerikanischen Gangsters Al Capone in den 1920er Jahren: Arturo Ui bedroht zunächst die Grünzeughändler Chicagos, um ihnen dann gegen Geld Schutz anzubieten. Er gewinnt immer mehr an Einfluss, auch im Karfioltrust, einem Zusammenschluss der Händler, bis er seine Macht schließlich auf die Nachbarstadt Cicero ausweitet.

Die Inszenierung von Ulrich Greb, dem Intendanten des Schlosstheaters Moers, möchte aber weniger einen Blick zurück auf den Nationalsozialismus werfen, sondern vielmehr auf heutige Verhältnisse: zum Beispiel auf ein Land wie Italien, das unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi nur noch oberflächlich demokratisch ist und ansonsten anderen Gesetzen gehorcht, ohne dass die Bevölkerung ernsthaft protestiert. Die im Titel des Stücks vorweggenommene „Aufhaltsamkeit" der Entwicklung durch die Bürger wäre allerdings noch pointierter ausgefallen, hätte Ulrich Greb nicht ausgerechnet jene Szene gestrichen, in der sich die Chicagoer und Ciceroer Grünzeughändler jeweils als Feiglinge beschuldigen und zugleich sich selbst Unschuld bescheinigen.

Krass und plastisch wollte Brecht sein Stück aufgeführt sehen, aber streckenweise fällt die Bochumer Inszenierung ein bisschen zu plakativ aus. Die Gerichtsszene wäre sicherlich bedrückender gewesen, wenn der Zuschauer den Einfluss der Gangster auf die Richter nicht gesehen, sondern nur gespürt hätte. Und auch Arturo Ui, gespielt von Xenia Snagowski, ist handgreiflicher und brutaler, als von Brecht angelegt, vor allem wenn er am Ende gar vampirische Züge trägt.

Diese Darstellung widerspricht auch dem, weswegen die zierliche Snagowski, die im „Sturm die kindliche Miranda spielt, für die Rolle ausgewählt worden war. „Es ist nicht mehr der starke Mann im Zentrum, der die Gesellschaft schwächt und bekämpft, sondern die neue Macht ist anschmiegsam und biegsam, einfühlsam und weich, heißt es im Programmheft. Eine Schauspielerin allein lässt eine Figur allerdings nicht weicher erscheinen, und schon gar nicht, wenn sie Ladenlokale demoliert, Verbündete verprügelt und einer Gegenspielerin die Zunge abbeißt. Ganz im Gegenteil überzeugt Xenia Snagowski als gewissenloser Gangster, der um jeden Preis nach oben will und dabei vor öffentlicher Gewalt nicht zurückschreckt.

Unterstützt wird Snagowski von einem Ensemble (unter anderem Krunoslav Šebrek, Therese Dörr, Werner Strenger, Manfred Böll und Roland Riebeling), das seine Figuren durch sein gekonnt grelles, temporeiches Spiel trotz aller Grausamkeit der Ereignisse immer wieder der Lächerlichkeit preisgibt.

Das Stück „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui” ist wieder am 4., 12., 19. und 26. Juni im Schauspielhaus zu sehen. Karten gibt es unter der Rufnummer 0234/33335555.

Der alte Dogsborough (Manfred Böll, 3. von rechts) wird von Arturo Ui (Xenia Snagowski, rechts) und seinen Helfern gefügig gemacht. Foto: Diana Küster | Foto: Diana Küster
Betty Dullfeet (Therese Dörr, im Vordergrund) und Arturo Ui auf der Beerdigung von Ignatius Dullfeet, Bettys Mann. Foto: Diana Küster | Foto: Diana Küster
Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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