06. Mai 2012 – „Heilig-Rock-Wallfahrt“ der KAB Wesel nach Trier

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„Und führe zusammen, was getrennt ist“

52 Frauen und Männer der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung (KAB) aus dem Bezirksverband Wesel fuhren am 06. Mai 2012 nach Trier, der ältesten Stadt Deutschlands. Ziel der Reise war nicht etwa die Porta Nigra oder Weinlokale nahe der Mosel, sondern eine kostbare uralte Tuchreliquie, die aktuell in der alten Römerstadt ausgestellt wird. Das Zielobjekt war der „Heilige Rock“, der letztmalig vor 16 Jahren zur Verehrung in Trier ausgestellt wurde; davor im Jahr 1959. Die Tunika soll Teile jenes Gewandes enthalten, das Jesus Christus bei seiner Kreuzigung vor ca. 2000 Jahren trug.

Unter der Leitung von Mechthild Schulz (Wesel) und Marie Großjung (Walsum) trafen sich die interessierten KAB-ler aus Xanten, Rheinberg, Borth, Neukirchen-Vluyn, Hamminkeln-Dingden, Wesel und Duisburg-Walsum in aller Herrgottsfrühe, um vom sympathischen Busfahrer Clemens durch die Eifel nach Trier chauffiert zu werden. Bereits während der Busfahrt stimmte sich die KAB-Pilgergruppe auf das Wallfahrtsgeschehen ein. Aus dem Pilgerbuch 2012 informierten die Verantwortlichen über den historischen Hintergrund. Anschließend wurden Gebetstexte abwechselnd gesprochen und gemeinsam alte und moderne Kirchenlieder gesungen. So gut eingestimmt, nutzte die Gruppe die Chance, auch den Wonnemonat Mai willkommen zu heißen. Mai- und Frühlingslieder trugen zu einer aufgelockerten Atmosphäre im Reisebus bei.

In Trier begann für die KAB-ler das Wallfahrtsprogramm um 11.30 Uhr mit einem Festgottesdienst in der Basilika St. Matthias mit Weihbischof Dr. Helmut Dieser, Bruder Leo Wittenbecher OSB und dem KAB-Bundespräses Johannes Stein. Die „sehr politische Predigt“ richtete Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ an die über 500 KAB-ler aus den verschiedensten Bundesländern, aus Luxemburg und der Trierer Pfarrgemeinde. Nach der Predigt spendeten die Zuhörer spontan lang anhaltenden Applaus. Der Jesuit Hengsbach sprach offen aktuelle Themen aus Politik und Kirche an und forderte massive Veränderungen. „Glaube sei zunächst Praxis“, predigte Hengsbach, „z.B. die Praxis der Nächstenliebe. Jesus habe sich nicht bedienen lassen. Jesus sei immer auf die Menschen zugegangen. Aus diesem Grunde mögen heute viele Menschen die Kirchen, besonders wegen ihres caritativen und diakonischen Engagements.“ Heftige Kritik übte Prof. Friedhelm Hengsbach SJ am deutschen Arbeitsmarkt, obschon die Arbeitslosigkeit in Deutschland überschaubar sei. Trotzdem gäbe es viele arbeitsmarktpolitische Probleme und gerade die hohe Anzahl der benachteiligten Beschäftigungsgruppen am Arbeitsmarkt seien nicht unübersehbar. Hengsbach benannte: junge und alte Arbeitnehmer, Frauen, geringfügig Beschäftigte, Leiharbeiter und ausländische Mitbürger. Scharfe Worte richtete der Prediger schließlich auch gegen seine Kirche. Er kritisierte die kirchlichen Arbeitsverhältnisse und die katholische Sexualmoral. Sowohl inhaltlich wie auch strukturell müsse die Kirche sehr bald einige Positionen überdenken.

Ein weiteres Highlight für die Frauen und Männer der KAB aus dem Bezirk Wesel war das freudige Wiedersehen mit dem ehemaligen KAB-Bezirks-Sekretär Martin Mohr, der seit gut einem Jahr in Trier für den katholischen Sozialverband tätig ist. Die Wiedersehensfreude war auf beiden Seiten groß. Gemeinsam mit Martin Mohr genossen die Pilger anschließend einen köstlichen Eintopf, den die Hilfsorganisation „Malteser Hilfsdienst“ in der großen Gulaschkanone zubereitet hatte. Wahlweise in Großzelten oder im Freien konnte die leckere Suppe genossen werden. Beim Verzehr im Freien gab es sehr wohltuend wärmende Sonnenstrahlen gratis.

Nach der Mittagspause formulierten die Frauen und Männer der KAB persönliche oder politische Botschaften, die später mit gasgefüllten Luftballonen aufgelassen werden sollten. Um 14.30 Uhr startete der „Politische Pilgerweg“ von der St. Matthias-Basilika durch die Stadt Trier zur Konstantin-Basilika. KAB-Banner, sehr kreativ gestaltete Transparente (Siehe Fotos!), die Luftballons, „segensreiche Regentropfen“ und der Pilgersong „Lasst uns den Weg der Gerechtigkeit gehen, Dein Reich komme, Herr.“ waren Begleiter auf dem Pilgerweg. Vier Polizeibeamte auf ihren Motorrädern sorgten für einen unbeschwerten Pilgergang durch Trier.

An der Konstantin-Basilika wartete bereits die Musikgruppe „Liedstöckel“ von der Saar auf die KAB-Mitglieder-Schar. Nach kurzer Begrüßung durch die KAB-Diözesanvorsitzenden richteten Malu Dreyer (Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie – Rheinland-Pfalz), Eugen Roth (Gewerkschaftler) und Christoph Pistorius (Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Trier) politische Statements an das „KAB-Volk“. Die Moderation lag in den Händen des Chefredakteurs Bruno Sonnen von der „Pauliner Wochenzeitung“. Jetzt endlich war der Zeitpunkt da, um die weißen Luftballone mit den politischen bzw. persönlichen Wünschen oder Gedanken der KAB-Pilger in den Himmel aufzulassen. Petrus, für viele Menschen Wetter-Verantwortlicher, war wohl nicht einverstanden und bescherte den KAB-Protestlern Regentropfen. So verblieben viele KAB-Bitt-Karten vom Regen durchweicht am Boden.

Zwischenzeitlich nutzten derweil einige niederrheinische KAB-ler die Zeit, um sich persönlich beim Anblick des „Heiligen Rockes“ aus der Nähe inspirieren zu lassen. Dazu waren ein Fußweg zum Trierer Dom und Wartezeiten in Warteschlangen von einer bis zu drei Stunden erforderlich. Eigentlich „sehr schwer verständlich“, dass tausende von Pilgern, diese Torturen auf sich nahmen. Warum eigentlich?

Auch der Autor reihte sich artig ein, obschon er signalisiert bekommen hatte, dass er mit ca. 45 Minuten „Schlange-bewegt-sich-langsam-vorwärts“ rechnen müsse. Die Abfahrtszeit (18 Uhr) im Hinterkopf sorgte für eine gewisse Unruhe. Mühsam bewegten sich zwei lange Menschenschlangen (durch die Dom-Eingangstüren links und rechts) Richtung Reliquie „Heiliger Rock“. Zwischenzeitlich trippelten die Pilger noch durch das Pilgerzelt, um dort die mitgebrachten Wollfäden in einem Sammelbehältnis abzulegen. Die kunterbunten Fäden sollen dann später zu einem „modernen Gesamt-Kunstwerk“ eingeflochten werden. Und auch hier griff wieder der Wallfahrts-Slogan: „Und führe zusammen, was getrennt ist“.

Kurz vorm Abfahrtstermin konnte sich der Autor dann schließlich persönlich einen Eindruck vom Rock aus nächster Nähe verschaffen¸ eingeschlossen in einem gesicherten Holz-Glas-Schrein vor dem Hauptaltar des Doms zu Trier. „Da liegt sie nun die Tunika, korrekt ausgerichtet und zwinkert uns Gläubigen leicht bräunlich und zerknittert zu. Ich spüre, dass viele Besucher und Christen zutiefst ergriffen sind. Kurz erinnere ich mich an die christliche Erziehung während meiner Kindheit. Spontan fallen mir Jesus-Geschichten aus der Kinderbibel unserer Kinder ein. Ich erinnere mich an meine Ministrantenzeit; die Nähe zum Altar der St. Franziskuskirche. Ich stelle fest, dort wird sich wohl mein Glaube an Gott und seinen Sohn Jesus Christus entwickelt haben. Genau deshalb stehe ich hier und heute als gläubiger Christ und Mitglied der KAB vor dem “Heiligen Rock” im Dom zu Trier; unglaublich!?” Zum Andenken erhalten alle Schritt-für-Schritt-Pilger eine Bild-Dankkarte. Auf der Rückseite ist das Trierer Pilgergebet aufgedruckt: „Jesus Christus, Heiland und Erlöser, erbarme dich über uns, über die ganze Welt. Gedenke deiner Christenheit und führe zusammen, was getrennt ist. Amen.“

Im Rahmen dieser Glaubensdemonstration wird auch die Ökumene nicht vernachlässigt. Die Evangelische Kirche im Rheinland, zweitgrößte protestantische Landeskirche, ermunterte ihre Mitglieder zur Teilnahme an der Pilgerfahrt vom 13. April bis 13. Mai. Damit folgte sie einer Einladung des katholischen Bischofs Stephan Ackermann aus Trier. Präses Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der EKD, sprach von „einer Chance, den einen Herrn der Kirche, Jesus Christus, als die gemeinsame Mitte zu feiern“. Und auch an dieser Stelle spiegelt sich der ökumenische Akzent im Motto wieder: „Und führe zusammen, was getrennt ist“.

Dank einer guten logistischen Organisation trafen sich die Pilgerinnen und Pilger der KAB aus dem Bezirk Wesel pünktlich um 18 Uhr am Weberbach, um wieder mit Busfahrer Clemens Richtung niederrheinische Heimat zu fahren. Gegen ca. 22 Uhr waren alle KAB-ler wieder daheim, wohl mit der Gewissheit, dass man an einer gelungenen Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 teilgenommen und einen sehr abwechslungsreichen Tagesausflug mit der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) verbracht habe.

Weitere Fotos werden noch eingestellt!

Autor:

Friedel Görtzen aus Wesel

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