1939-1945 - Niederlage - Flucht und Vertreibung
Der Zweite Krieg

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Zur mahnenden Erinnerung ein historischer Blick aus der Sicht einer altpreußischen Familie auf die Kriegszeit 1939-1945. Die Parallele zu 2022 zum Überfall Russlands auf die Ukraine ist frappierend.

Nach einem Interbellum (1918-1939) begann mit der Besetzung der Freistadt Danzig und dem Einmarsch in Polen durch die deutschen Armeen am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg in Europa. Mehr als 60 Millionen Menschen waren am Ende des Allfrontenkrieges am 8. Mai 1945 tot.

Exkurs:

  • Ein Groß-Cousin des Autors ist im Oktober 1942 auf der Halbinsel Krim gefallen.
  • Die Insassen des Konzentrationslagers Auschwitz wurden im Januar 1945 durch die I. Ukrainische Front befreit.
  • Bereits im Oktober 1944 zogen Flüchtlingstrecks aus Ostpreußen, Pommern und Kurland nach Dänemark und Schleswig-Holstein. Flucht und Vertreibung aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches hielten bis 1947 an. 

Die Zeichen auf einen weiteren Krieg deuteten sich schon vor 1939 an. Es begann damit, dass die Siegermächte des Ersten Weltkrieges bei den Friedensvertragsverhandlungen 1920 dem Deutschen Reich empfindliche Entschädigungszahlungen auferlegt hatten. Zum anderen wurde das Autobahnnetz verstärkt ausgebaut und die Wehrmacht aufgerüstet. Es wurde eine allgemeine Arbeitsdienstpflicht eingeführt. Diese diente der Beschäftigung und „Erziehung“ von Männern und Frauen.
Nach dem „Anschluß“ Österreichs im März 1938 wurde inoffiziell die Bezeichnung Großdeutsches Reich verwendet.

Da der Krieg rund fünf Jahre außerhalb des Deutschen Reiches geführt wurde, ging das Leben im Reich trotz erheblicher Einschränkungen „normal“ weiter. Als erste deutsche Stadt wurde Aachen im Oktober 1944 von den Alliierten besetzt.

Auch in Pommern bleib es zunächst verhältnismäßig ruhig, obwohl viele Soldaten verschiedener Waffengattungen (Marine, Flieger, Infanterie) dort stationiert waren. 
Gegen die Lebensmittelknappheit blühte der „Schwarzmarkthandel“. Wer konnte hielt Hühner und baute Gemüse an. Was nicht selbst erzeugt werden konnte, wurde mit einer „Lebensmittelkarte“ (die bestimmte Mengen vorschrieb) eingekauft oder getauscht.
Ansonsten ging man arbeiten, amüsierte sich, so gut es ging oder besuchte Verwandte in Pommern und in Berlin.
Auf Grund der Arbeitsdienstpflicht wurden Arbeitskräfte abkommandiert um Militärbekleidung zu nähen oder mußten in einer Munitionsfabrik arbeiten. In einigen Munitionsfabriken kam es oft durch unsachgemäße Handhabung des Materials zu Explosionen, deshalb war die Arbeit dort höchst unbeliebt.
Da das Kriegsmaterial immer knapper wurde, wurden auch Autos in Privatbesitz für den Krieg beschlagnahmt.

Das Kriegsende naht

Um die Kriegswirtschaft aufrecht zu halten wurden ausländische Arbeitskräfte aus den besetzten Ländern in das Deutsche Reich verschleppt. Sie wurden meistens in Lager unterbracht und durften es nur verlassen, um ihre Arbeitsstelle aufzusuchen. Einige Zwangsarbeiter wurden auch in Privathaushalte untergebracht.

Stettin/Pommern wurde 1940 und 1942 hauptsächlich durch Luftangriffe betroffen, die aber zunächst keine größeren Schäden verursachten. Erst die Bombenangriffe 1943 und 1944 zerstörten die Altstadt zu über 90 Prozent. Oftmals mußten die Menschen längere Zeit in Luftschutzbunkern ausharren; viele bleiben auch zu Hause und warteten im Keller die Luftangriffe ab. Vorzugsweise Mütter mit Kinder wurden in ländliche Gegende evakuiert.

Im Januar 1945 war die russische Armee im Vormarsch auf Berlin. Als sie kurz vor Stettin stand entschlossen sich viele Familien mit reichlich Gepäck mit dem Schiff auf die Insel Rügen überzusetzen. Am 27. April 1945 besetzte die russische Armee Stettin. Ab Juli übernahmen polnische Stellen die Verwaltung Stettins. Etliche Familien kehrten daraufhin wieder nach Pommern zurück. Die polnischen Soldaten marschierten regelmäßig durch die Straßen, gingen in die Häuser und nahmen mit, was sie gebrauchen konnten. Sie gingen auch nicht achtsam mit den Gewehren um, hin und wieder hörte man Schüsse. Oft erst Tage später wurden die Leichen mit einem Pferdewagen abgeholt. Man wußte, dass sie auf dem Friedhof in namenlosen Massengräbern beigesetzt wurden.

Die polnische Verwaltung forderte die deutschen Bewohner auf, die polnische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Jetzt verließen auch wir zu Fuss, mit Lastfahrzeugen und der Bahn die Heimat und landeten auf dem Hauptbahnhof in Bremen. In Bremen war eine Sammelstelle für Vertriebene, die uns in eine Gemeinde im Oldenburger Land zuwies.

Das war für viele Familien die zweite Vertreibung. Bereits 1920 wurden deutsche Bürger:innen aus Ost- und Westpreußen vertrieben und zogen zum Beispiel nach Pommern, Schlesien, Hamburg.

Jetzt trat langsam Ruhe ein - bis zum 24. Februar 2022, dem Tag, der die Welt erneut erschütterte.

Autor:

Neithard Kuhrke aus Wesel

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