Die Nöte der Cannabispatienten

Grüne Medizin. Viele Patienten werden kriminalisiert statt versorgt | Foto: Kokopelli  / pixelio.de
  • Grüne Medizin. Viele Patienten werden kriminalisiert statt versorgt
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(ein Bericht von Andreas Rohde)
Am 20. Juni fand in Bonn eine Kundgebung und Infoveranstaltung der 'Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin' (ACM) statt. Ich war dort für einen kleinen Redebeitrag eingeladen und möchte hier mal von diesem Tag berichten.

Um die Mittagszeit - auf dem Hinweg - schien es, als wolle Petrus das Ganze in Regenfluten ersäufen. Ein heftiges Unwetter zog über das Rheinland und verursachte viele lokale Überschwemmungen. Ich dachte so was wie: 'Wow, welch ein Sinnbild dafür, wie die Gesellschaft in diesem Thema die Patienten im Regen stehen lässt'.

Der Spuk war dann aber so schnell wieder vorbei wie er kam. Dort angekommen klarte der Himmel auf und es wurde ein sehr sonniger Nachmittag. Einige Teilnehmer erzählten, dass sie kurz vorher noch ihre Wohnzimmer und Keller trocken gelegt hatten. Ich traf eine ganze Reihe neuerer und älterer Bekanntschaften, herzte ein paar Freunde und fühlte mich von Anfang an wohl dort.
Drei Pavillons boten neben Infomaterial auch eine große Verlosung und Hanfwürstchen an. Die waren echt gut. Ich hatte gleich drei davon.

Dr. Franjo Grotenhermen, Sprecher des ACM, eröffnete unter großem Beifall die Veranstaltung. Liegend, denn der ist selbst ein schwerkranker Mann. Es folgten dann verschiedene Redebeiträge und Grußworte. Dabei waren u.a. Andrej Hunko (Linke), Harald Teppe (Grüne), Max Plenert vom Hanfverband und auch ich selbst für die Piraten. Alle beklagten die Zustände in diesem Thema. Ich fand alle Redebeiträge sehr gut. Mancher deutete an, dass er kaum Hoffnung hat, dass sich gegen die betonartige Sperrhaltung von CDU und SPD je etwas bewegen ließe. Ich selbst sehe das optimistischer und hatte das auch so gesagt. Ich habe die Hoffnung, dass ab Herbst mit den Piraten eine weitere Kraft im Bundestag sein wird, die sich hier gemeinsam mit Grünen und Linken engagiert.
Nein, auch die Piraten werden hier zu keiner plötzlichen Revolution führen. Aber sie stehen hinter diesem Thema. Es hat großen Rückhalt in der Partei. Größer und konsequenter, als bei vielen anderen. Und das möchte ich nach Berlin tragen. Damit möchte ich Mitstreiter in diesem sicher noch langen Kampf für Menschenrechte sein. Gemeinsam mit denen, die schon heute dort mitreden dürfen. Um diese argumentfreie Mauer aus Dogmen Stück für Stück aufzuweichen. Das mit dem steten Tropfen, ihr wisst schon.

Sicher, die Erfahrungen der Vergangenheit können schon verzweifeln lassen. Es ist wirklich kaum zu glauben, wie die Rechte von Patienten - von teilweise übelst schwerkranken Menschen - von Parteien und dogmatischen Verbotshaltungen ignoriert werden. Schlimmer noch, denn über die Negierung dieser Menschenrechte hinaus trifft diese Menschen mitten in Deutschland oft auch noch eine Kriminalisierung. Das wurde besonders an Ende der Veranstaltung noch mal sehr deutlich. Da berichteten Betroffene von ihren Erfahrungen. Und was da berichtet wurde, machte mich richtig sprachlos und betroffen. Menschen, die nichts weiter wollen, als ein hochwirksames Medikament ohne nennenswerte Nebenwirkungen, fanden sich ruckzuck als Angeklagte und Vorbestrafte wieder. Viele berichteten sogar von Haftstrafen in ihrer Vita. Warum? Weil sie sich die horrenden, selbst zu tragenden Kosten für die zugelassenen Cannabis-Pharmaextrakte oder das schlechte und sau-teure Apothekencannabis nicht mehr leisten konnten. Weil die derzeitigen Regelungen und Fabelpreise sie finanziell ausgeblutet hatten. Und weil sie sich deshalb zu einen kleinen kostengünstigen Eigenanbau genötigt sahen.

All das zu ändern könnte eigentlich sehr leicht sein. Eigentlich. Wir brauchen dafür Mehrheiten. Und vorher brauchen wir natürlich auch Bewusstsein für diese Situation. Neben den Problemen, die die jahrzehntelange Repressionspolitik ganz allgemein in Fragen von Drogen und Sucht schafft und erhält, findet hier eine ganz besonders perfide Missachtung von Menschenrechten statt. Das widert mich an. Es spornt mich an hier noch energischer Verbesserungen einzufordern. Und ich hoffe, dass hier kein blöder Parteienproporz im Wege stehen wird. Ich bin optimistisch, auch wenn mir völlig klar ist, dass dieser Weg steinig und lang wird.

An der erwähnten Verlosung hatte ich natürlich auch teilgenommen. Die Erlöse dienen der unglaublich tollen Arbeit des ACM und der SCM, der Selbsthilfegruppe der Cannabispatienten selbst. Und ich hatte sogar etwas gewonnen. Es war ein Buch, der - für mich persönlich - wohl passendste Gewinn, denn mit Grow-Utensilien hätte ich leider nichts anfangen können.

Der Hauptgewinn aber war dieser tolle Tag in Bonn, von dem ich viel völlig Unmaterielles mitnehmen konnte.

Autor:

Andreas Rohde aus Wesel

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