Asylrecht und Abschiebung
Jede Flucht hat ihre Geschichte: Das Beispiel der Familie Islamov

Niederrhein. "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht." So steht es im Artikel 16a des Grundgesetzes. Das Grundrecht auf Asyl fand vor 70 Jahren aus gutem Grund den Weg in den Grundrechtskatakog unserer Verfassung. Nur wenige Jahre vor ihrem Inkrafttreten am 23. Mai 1949 hatten viele Deutsche aus Gründen der politischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten ihre Heimat verlassen müssen, um ihr Leben ins Exil zu retten.

Heute steht die Bundesregierung politisch unter Druck. Abgelehnte Asylbewerber sollen zügig abgeschoben werden. Nur wirklich schutzbedürftige Flüchtlinge sollen in unserem Land Zuflucht finden, Aber das  Leben ist nicht schwarz-weiß. Es hat viele Grauschattierungen. Eine Frage, an der Leben und Tod hängen können, ist nicht einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Das zeigt das Beispiel der Familie Islamov. Der Vater, die Mutter und zwei schulpflichtige Söhne flohen vor drei Jahren aus Aserbaidschan nach Deutschland. Jetzt liegt ihr Fall der Härtefallkommission des nordrhein-westfälischen Landtages zur Begutachtung vor.

Hier entscheiden keine Politiker, sondern Praktiker aus der Sozial,- Ausländer und Flüchtlingsarbeit darüber, ob man die Familie in ihre Heimat abschieben oder ihr eine Duldung zusprechen soll. Der 1996 eingerichteten und aus neun Mitgliedern bestehenden Härtefallkommission gehören Vertreter der christlichen Kirchen, der Flüchtlingsräte, der Wohlfahrtsverbände, der Ausländerbehörden, der Arbeitsgemeinschaft Pro Ayl und ein Arzt an.  

Wie schwierig die Entscheidungsfindung ist, zeigt nicht nur das Beispiel der Familie Islamov. Der Vater, ein gelernter Friseur, seine Frau und seine beiden Söhne verließen das nominell demokratisch, aber faktisch autoritär regierte Aserbaidschan, nach dem der Vater mehrfach mit dem Tod bedroht worden war. Grund für die Todesdrohungen war sein Engagement in einer Oppositionsgruppe, die sich für mehr Meinungsfreiheit und Demokratie in ihrem Heimatland stark machte.

Inzwischen lebt die Familie seit drei Jahren in Wesel. Dort besuchen die beiden Söhne mit Erfolg die Schule und sind in einem Sportverein aktiv und gut integriert. Der Vater arbeitet inzwischen in einem Friseursalon in Voerde. Dort absolviert er zurzeit eine Zusatzausbildung als Damenfriseur. Kunden und Kollegen schätzen den Mann und seine Arbeit sehr. Sie machen sich deshalb dafür stark, dass die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) verfügte Abschiebung der Familie nicht ausgeführt wird. Ein erster Abschiebungsversuch, den die Familie als traumatisch erlebte, scheiterte im Februar nur an der Insolvenz der vom Bamf beauftragten Fluglinie.

Die Flüchtlingsfamilie hat inzwischen einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der aber zum schwebenden Verfahren derzeit ebenso wenig Stellung nehmen möchte wie die betroffene Familie.
Bei der Stadt Wesel weist man auf die Zuständigkeit des Bamfs hin. Die Stadt selbst, so heißt es aus der zuständigen Ordnungsverwaltung, habe in diesen und vergleichbaren Fällen keinen eigenen Handlungsspielraum, sondern müsse die Entscheidungen des Bamfs ausführen.

Laut Stadtverwaltung leben zurzeit 1025 Ausländer mit einem Bleiberecht in Wesel, Hinzu kommen 236 ausländische Asylbewerber und 222 Ausländer, denen wie den Islamovs die Abschiebung droht, weil ihr Asylantrag vom Bamf abgelehnt worden ist.

Abgelehnte Asylbewerber können sich mit Hilfe des Kirchenasyls vor einer Abschiebung retten, wenn sie eine Kirchengemeinde finden, die ihnen in ihren Räumen dauerhafte Zuflucht gewährt. Folgt man den Angaben der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, dann leben derzeit landesweit 739 Menschen (davon 154 Kinder) in 453 kirchlichen Asylorten. Doch das komme, so ist aus dem Unterstützerkreis der Familie Islamov zu hören, in diesem Fall mit Rücksicht auf die angegriffene Gesundheit der Ehefrau und Mutter in diesem Fall nicht in Frage.

Autor:

Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr

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