Nashörner und andere

Heute vor 55 Jahren, am 31. Oktober 1959, wurde erstmals das Theaterstück Rhinocéros von Eugène Ionesco im Düsseldorfer Schauspielhaus gespielt. Eugène Ionesco hatte zu der Zeit in Frankreich nicht viele Freunde, so dass es zur Uraufführung in Deutschland kam.

Mich versetzt dieser Jahrestag zurück in die Schulzeit und in den Französisch-Leistungskurs.

In Ionescos Erzählung Rhinocéros – zu deutsch ‚Die Nashörner’ – verwandeln sich in einem kleinen Dorf die Menschen nach und nach in Nashörner. Diese Metamorphosen werden jedoch nur von wenigen Menschen im Dorf wahrgenommen. Über die Zeit wüten mehr und mehr Nashörner durch das Dorf, die Warnungen der weniger werdenden Menschen verhallen ungehört; nein, sie scheinen die Hörer zu infizieren, so dass der Verwandlungsvorgang sich sogar beschleunigt.

Während manche Dorfbewohner die Notwendigkeit ihrer Verwandlung noch zu begründen wissen und Zeitgeist oder Gemeinsinn nennen, mutiern andere aus schierer Angst. Viele Dorfbewohner verwandeln sich, ohne es selbst zu bemerken. Der Hauptcharakter des Stücks beobachtet die fortschreitende Veränderung der Bevölkerung und die Leiden derer, die sich zu wehren versuchen. Er steht am Ende als einziger Mensch da und betrachtet eine Horde von Nashörnern, die das Dorf zertrampeln.

Diese schleichende Verwandlung ganz normaler Menschen hin zu grobschlächtigen und rücksichtslosen Wesen war im Deutschland des Dritten Reiches zu beobachten; sicher ein Auslöser für Ionesco, diesen Stoff zu schreiben. Und wenn man genau hinschaut, sieht man heute in Deutschland und Europa wieder Tendenzen zu einem solchen Verhalten.
So, wie in Ionescos ‚Die Nashörner‘ die noch nicht infizierten Dorfbewohner darüber streiten, was das denn nun für Nashörner seien, afrikanische oder asiatische, so wird jüngst in Deutschland darüber gestritten, ob es Hooligans oder Neonazis waren, die die Kölner Innenstadt bei der angemeldeten Demonstration am 26. Oktober in Angst und Schrecken versetzten.

Wie in Ionesos Stück Menschen Gründe nennen, warum das alles passieren müsse, so finden im heutigen Deutschland tatsächlich Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass wieder vermehrt Nahrung und Parteien am rechten Rand des politischen Spektrums Gehör.

Wir alle müssen deshalb aufpassen, nicht von Nashörnern überrannt zu werden.

Quellen:
[1] Die Nashörner

Autor:

Manfred Schramm aus Wesel

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