Faust des Winterkorns — Der Tragödie einziger Teil; Teil II

Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.
  • Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.
  • hochgeladen von Timothy Kampmann

Nach guter Resonanz und großer Nachfrage habe ich mich entschlossen, dem Winterkorn-Stück nun doch einen (zunächst nicht vorgesehenen) zweiten Teil zu bescheren.

SZENE 2 von 2

[Anno 2021. Sichelmond-gedimmte Nacht. Winterkorn schaut aus einem Hochhausfenster auf die Straßen, betrachtet nachdenklich die Autoscheinwerfer, die wie Ameisen in Linien aus rotem und weißem Licht nebeneinander wimmeln.]

WINTERKORN:
Von schwebend machenden Erfolg verwöhnt,
Bin ich nun als böse Miene verhöhnt,
Musste meinen guten dreisilbigen Namen einbüßen,
Schleppe mich schwer durch eisern schweigen' Wüsten.
Die Wahrheit ruht in Grabes Tiefe und sickert,
So dass niemand fragt und niemand wittert.
Das neue Leben wartet freudig schon,
ich warte mit und erwarte Lohn.

[Auspupheles grinsende Visage, geformt aus glimmenden Rauch, aus dem Auspuffrohrmodell hervor rußend, hinter dem Glas einer Vitrine, die bereichert ist mit Modellen von Motoren und allerlei Bauteilen]

AUSPUPHELES:
Lohn!? du bist ganz mein Geistbruder und Geschlecht,
Dass du erwartest Glück und meinst, es wär gerecht.
Wer seine Seele mir dauerhaft vermacht,
Über den mein Auge wahrlich wacht.
Was heißt, des Schwefels Duft dich leicht umsifft. —
Der Schüler niemals den Lehrer übertrifft!

WINTERKORN:
Du glaubst, du hättest mich in der Hand und in der Tasche,
Glaubst, ich müsse kriechen in Sack und in Asche?
Bist eingenommen von deinen Einfällen und Ideen,
Kannst vor lauter Lügen den Betrug nicht mehr sehen?

AUSPUPHELES:
Betrug mein einzig Element,
Jeder mich daran erkennt!
Alte Pferde in Bolognese neuster Zubereitung,
Oder weniger Service für schlechtere Preisleistung —
Und ist Molke in der Einweg-Aludose drin,
Entfällt das Pfand und ist dahin.
Das Alles ist meine erschaffene Welt,
Wo der Verbraucher auf die Fresse fällt!
Ich grabe meine Schlupflöcher und Andere fallen herein,
Die Konsumwelt ist ausgefeilt — und sie ist ganz mein!

WINTERKORN:
Ich tat, was du mir hast angeraten,
Auf gleichem Boden, doch mit anderen Saaten.
Ich warte nun auf die Früchte meiner Arbeit,
Sie werden prall, mein Baum gedeiht.

AUSPUPHELES:
In undurchblickbaren Rätseln du sprichst und phantasierst,
Frage mich, ob du Bedeutungstiefe und Tragweite kapierst?
Sprichst von eigenen Bäumen, von Früchten gar,
Vergiss nicht: auch Eva dem Apfel zugetan war.
Die Sünde ist des Handelns Nebenwirkung immer,
Alle handeln viel, doch merken dieses nimmer.
Nun sag mir endlich, was du meinst,
Oder glaubst, dass du mich leimst?

WINTERKORN:
Mein gesprächiger Gesell und Marketingexperte,
Dein Wille sich nur um simplen Betrug scherte…
Ich dachte weiter und hatte noch mehr vor,
War nicht nur dein befehlsempfangender Tor.

AUSPUPHELES:
Um Höllens Willen und zum Himmel noch mal: Erklär!
Sag mir Details, erzähl! und verkauf mir keine Mär!

WINTERKORN:
Ich ließ den Diesel die Vertrauensfrage verlieren!
Konnte sämtlich Verbrauchsdaten invalidieren,
Verbrämte den Kunden die alten Technologien,
Dass diese in neue elektrische Gefilde fliehn.
Die Firma erklomm den Markt für Elektromobile,
Die Verkaufszahlen stiegen und der Kunden wurden viele.
So habe ich persönlich den Umschwung gebracht,
Und werde im Nachhinein von der Akkulobby bedacht.
Mit denen mach ich Geschäfte und bald richtig Geld,
Deine Tricksereien verblassen, deine Verfügungsmacht daran abschellt.

AUSPUPHELES:
Das ist also des Auspuffs wahrer Kern?!

WINTERKORN:
Nun. Von mir kannst du noch lern…

AUSPUPHELES:
Eine Sache, lieber Freund, muss ich dir noch mitteilen,
In der Wüste Atacama, verteilt über sieben Meilen,
Besitze ich seit neustem Lithium-Minen,
Die Seltenerde wird Akkumulatoren dienen.
Diese sind reichlich in allen Elektroautos verbaut,
so dass es gut um meine Präsenz ausschaut!
Die kleine Nasenlänge Voraussein wirst du mir doch gönnen,
und dich getrost an deinem Apfelbäumchen freuen können!
Am Hebel der Macht bleibe ich einfach mal sitzen,
Und Leute wie du werden meine Herrschaft weiter stützen.

WINTERKORN:
Ein Faustschlag gegen meine Ehr, dass kann ich nicht anders verspüren!
Scharfspitzige Dornen aus Lithium mein Herz drohen zu berühren!
Schlägt es schneller, wird es bestimmt bitterlich bluten —
Ach! wär ich nur geblieben auf den Wegen des Guten.

Ende Szene 2.

Das war:
Timmy Kampmanns
Faust des Winterkorns
Der Tragödie einziger Teil; Teil II

Personen und Situationen sind frei erfunden, jede Ähnlichkeit mit real existierenden Personen oder Situationen basiert wahrscheinlich auf Zufall. Buchstaben Abbildung ähnlich. Der Umtausch ist ausgeschlossen. Wussten Sie, dass die Nichte vom Regisseur Luc Besson für den Soundtrack seines letzten Films gesungen hat?! Ich wusste das nicht. Man lernt aber auch nie aus.

Autor:

Timothy Kampmann aus Wesel

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