Erstellung eines umfassenden Klimakonzeptes für die Stadt Witten
Nach § 24 GEMEINDE ORDNUNG NRW unter Einbeziehung der Wittener Klimaanalyse von 2007

Offener Brief:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister König,

wir haben die Jahre 2018 und 2019, die uns Hitzewellen in bisher unbekannten Ausmaßen erleben ließen, hinter uns gebracht und müssen erkennen, dass der Klimawandel auch in Witten bereits sehr weit fortgeschritten ist. Vertrocknete Fichten-bestände, siehe WAZ-Artikel vom 17.02.21, selbiges auch an weiteren Stellen in der Stadt. Auch die Süddeutsche hat 2018 einen umfangreichen Artikel dazu verfasst, hier ein paar Auszüge:
„Auch im Mai ist der Unterschied zwischen der Vergleichsperiode (1965-1991) und dem Jahr 2018 noch enorm. Mit 16,0 Grad Celsius liegt der Temperaturdurchschnitt um 3,9 Grad über dem Wert der Referenzperiode. Lingen meldete am 29. Mai 34,2 Grad.“
„Die Erderwärmung hat die Wahrscheinlichkeit für die Hitzewelle im Norden Europas auf mehr als das Doppelte erhöht. In den Niederlanden hat sich das Risiko für Hitzewellen etwa verdreifacht, in Kopenhagen verfünffacht. In Schweden ist es infolge des Klimawandels sechs Mal so groß.“
„Vom 27. April bis zum 20. Juni, also in fast acht Wochen fielen hier nur 0,9 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Das muss man sich mal vorstellen: Ein Maßkrug Wasser! Für einen Quadratmeter! In acht Wochen! “
„2018 hat es vor allem im Norden und der Mitte Deutschlands sehr viel häufiger gebrannt als gewöhnlich und es wurde deutlich mehr Fläche vernichtet. Die Trockenheit und die hohen Temperaturen wirkten wie Zunder.“ "Es gibt keine Erfahrungswerte für die Rettung von Wäldern im Klimawandel. Die Bäume könnten zwar ab und zu ein Extrem verkraften, aber nicht, wenn Extreme zur Normalität würden. Gerade Wälder bräuchten mehrere Tausend Jahre, um sich an geänderte Umweltbedingungen anzupassen. "
https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/wissen/bilanz-des-sommers-und-der-hitzewelle-2018-e547928/

Danach kam das Jahr 2020, in dem wir in kurzer Folge die größten Waldbrände weltweit hatten, von Australien über Alaska und Sibirien bis Brasilien.
Auch deutsche Wälder sind von Bränden, Trockenheit und Abgasschäden schwer in Mitleidenschaft gezogen worden und teilweise abgestorben. Viele Bäume, auch Laubbäume sind zum Teil erheblich geschädigt, auch wegen zu vieler Stickoxide der Dieselfahrzeuge.
Jedes weitere Jahr bringt uns zurzeit einen neuen Wärmerekord. Die Arktis schmilzt im Rekordtempo und beschert uns unbeständiges Wetter, was für die Landwirte, Waldbesitzer und Gärtner Herausforderungen von immenser Tragweite mit sich bringt.
Das gesamte Klima auf unserem Planeten befindet sich in einer sich selbst verstärkenden Erwärmungsphase, mit allen dazugehörigen Konsequenzen.
Wenn wir noch etwas retten wollen, sollten wir endlich global denken und lokal handeln und zwar umfassend.
Was aber macht die Stadt Witten kurz vor dem Frühjahr? Abholzen und Schreddern von Gehölzen und Bäumen, auf Plätzen und an Fahrbahnrändern, die zur Bepflanzung gut geeignet sind.
Wir gehen davon aus, dass die beobachteten Stellen nicht die Einzigen sind in Witten, die diese Behandlung erfuhren. Ein Beispiel: Zurzeit, Anfang Februar, sägen und fräsen städtische Mitarbeiter Nussgehölze und andere Büsche auf einem städtischen Grundstück, die in keiner Weise den Verkehr oder irgendwelche Leitungen gefährden würden. Ganz im Gegenteil, ließe man sie wachsen, würden sie CO2 aus der Luft aufnehmen und im Holz speichern, Feinstaub von der Straße binden, den Bahnlärm etwas dämpfen, Schatten im Sommer spenden, für ein wenig Kühlung und Verdunstung sorgen, Kindern, Vögeln und Insekten einen Aufenthaltsort bieten, Haselnüsse produzieren usw..
Die Lage dieses Platzes: zwischen Bochumer Straße und Hermannstr. am Trantenrother Weg.
Wir alle hören ständig vom Artensterben in nie dagewesener Geschwindigkeit.
https://kurier.at/chronik/welt/tiere-grosses-artensterben-im-wald-und-zu-wasser/400576835
https://utopia.de/gegen-das-massensterben-un-experten-stellen-20-punkte-rettungsplan-vor-172362/
https://www.planet-wissen.de/natur/umwelt/artensterben/index.html
Bekannte Ursachen sind weltweiter Spritzmitteleinsatz, industrielle Landwirtschaft, das Abholzen von Wäldern sowie Versiegelung, Bautätigkeiten und Individualverkehr, aber auch die zunehmende Mobilfunkstrahlung.
Wir alle kennen inzwischen Klimaaktivisten und Bündnisse für Natur- und Umweltschutz weltweit, angefangen bei Greenpeace, über den BUND und Naturfreunde bis hin zur Deutschen Umwelthilfe und der weltweiten Transition Town Bewegung.
Außerdem entwickeln sich in vielen Städten weitere unabhängige Bürgerinitiativen, die für mehr Radwege und für mehr Grün in der Stadt kämpfen, oder gegen Kohlekraftwerke und gegen die weitere Verschmutzung und Vergiftung unserer Umwelt eintreten.
Wir fragen uns, wie eine Stadtverwaltung für den Bereich des Klimawandels sensibilisiert werden kann, wenn all diese Entwicklungen noch nicht dazu geführt haben, wirklich engagierte Maßnahmen einzuleiten und umzusetzen?
Zur Veranschaulichung dessen was unserer Ansicht nach möglich und nötig ist und bereits von vielen Städten und Gemeinden seit weit mehr als 10 Jahren umgesetzt wird, möchten wir folgendes Beispiel anhängen (Link unter dem Textauszug):
Nachfolgend der Einleitungstext vom Wettbewerb 2011 „Bundeshauptstadt der Biodiversität“ mit dem Titel „Natur in Städten und Gemeinden schützen, fördern und erleben“ von der Deutschen Umwelthilfe und dem Bund der Städte und Gemeinden.
„Vielfalt belebt eine Kommune. Dies gilt im wirtschaftlichen und im kulturellen Bereich genauso wie für die biologische Vielfalt, die sogenannte Biodiversität. Eine vielfältige Natur in und um die Gemeinden und Städte gehört zu den weichen Standortfaktoren, die für die Attraktivität einer Kommune eine große Rolle spielen. Sie ist besonders für Familien mit Kindern und damit für die Zukunft einer Kommune wichtig.
Qualität und Umfang der Grünflächen im Siedlungsgebiet und im Umland bestimmen maßgeblich den Freizeit- und Erholungswert. Naturerlebnisräume bieten Kindern und Jugendlichen in ihren sonst vorwiegend künstlichen Lebenswelten den Raum, frei und ungestört die Welt zu erkunden und Kreativität und Phantasie zu entwickeln.
Im Wettbewerb „Bundeshauptstadt der Biodiversität“ zeigen Kommunen aus ganz Deutschland vielfältiges Engagement für ihre natürlichen und naturnahen Gebiete. Im Vergleich zu früheren Wettbewerben, die wir als Kooperationspartner der Deutschen Umwelthilfe begleitet haben, beteiligten sich diesmal weitaus mehr Großstädte. Die Teilnahme der Hälfte der deutschen Großstädte scheint uns ein klares Zeichen, dass der Erhalt der biologischen Vielfalt auch oder gerade dort an Bedeutung gewinnt.
Doch auch die Gemeinden, Klein- und Mittelstädte waren im Wettbewerb zahlreich vertreten und imponierten mit umfangreichen und innovativen Strategien und Maßnahmen, die hinter denen der Großstädte nicht zurückstanden.
Die Ostseegemeinde Ratekau schaffte es in der Gesamtwertung gar auf den zweiten Platz. Die in dieser Broschüre dargestellten Beispiele sollen Mut machen. Sie zeigen, dass jede Kommune zahlreiche Möglichkeiten hat, dem in Deutschland und Europa andauernden Trend zur Verarmung unserer natürlichen Lebensumwelt entgegenzutreten.
Städte gelten zunehmend als wichtige Refugien für bedrohte Pflanzen- und Tierarten. Und gerade deren Schutz unmittelbar vor der eigenen Haustür ist eine besondere Chance, sie der Bevölkerung nahe zu bringen und Interesse und vielleicht gar Faszination zu wecken.
Mit dem Wettbewerb haben wir die Chance, die vielen engagierten Kommunalverwaltungen und -politiker zu würdigen, deren langjährige Arbeit für den Erhalt der biologischen Vielfalt sonst selten im positiven Rampenlicht der öffentlichen Aufmerksamkeit liegt.
Auch an dieser Stelle wollen wir mit Nachdruck darauf hinweisen, dass die finanziellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, die von Bund und Ländern bestimmt werden, zu einem großen Maß den Spielraum der Kommunen beim Erhalt der Biodiversität festlegen. Gleichzeitig zeigen die Teilnehmer des Wettbewerbs, dass auch unter schwierigen finanziellen Voraussetzungen Vorbildliches erreicht werden kann.“
https://www.dstgb.de/dstgb/Homepage/Publikationen/Dokumentationen/Nr.%20105%20-%20Natur%20in%20St%C3%A4dten%20und%20Gemeinden%20sch%C3%BCtzen,%20f%C3%B6rdern%20und%20erleben/doku105.pdf
Wir haben den Bürgerantrag formuliert und würden uns freuen, wenn die Stadt Witten ein Gesamtkonzept zur Erhaltung und Verbesserung des städtischen Klimas und der Artenvielfalt erstellt, interessierte Bewohner an dessen Erarbeitung beteiligt und zügig die Umsetzung des Konzeptes in Angriff nimmt.
Bis zur Fertigstellung dieses Konzeptes sollte von den Planungen zur Bebauung der letzten freien Flächen in der Innenstadt wie z. B. Kornmarkt und Karl-Marx-Platz Abstand genommen werden. Eine solche Bebauung würde die weitere Erwärmung der Innenstadt – die schon lange eine Wärmeinsel ist – intensivieren und deren Durchlüftung weiter einschränken.
Diese Bebauungsmaßnahmen würden für manche Bewohner der Innenstadt (Senioren und Säuglinge), bei anhaltenden Hitzeperioden, gravierende gesundheitliche Folgen haben.
Zum Glück fördert der Bund 2021 Klimaschutzprojekte der Kommunen. Für finanzschwache Kommunen erhöhe sich die Förderquote, in den meisten Fällen. Teilweise würden für Maßnahmen sogar bis zu 100 Prozent der Kosten übernommen. Der Kornmarkt könnte also kostenfrei noch dieses Jahr durch diese Förderanträge grün werden.
Die diesem Bürgerantrag beigefügten Textauszüge und Links verdeutlichen die Notwendigkeit sofort und umfassend zu handeln.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Kirsten Irle, Rainer Gehrke, Gisela Ladwig, Gabriele Czewinski, Nihad Fridtjoff, Carsten Samoticha, Christian Kersting, Carla Pakia, Gisella von Papp

Kornmarkt Initiative Witten, Transition-Town-Witten.jimdofree.com, aufstehen Witten, BI-Empört Euch, Bürgerselbsthilfe Witten, Mitglieder des Verdi Erwebslosen-Ausschusses, der Verein Strohbau.org, Basisdemokratie-Witten.de und neu die Klimaliste Witten so wie tausende Wittener Bürger

Weitere Quellen-Angaben unter: Transition-Town-Witten.jimdofree.com

Autor:

Carsten Samoticha aus Witten

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