Orakel-Botschaft: Die Kiefer ist eine Eule

In Sportmeldungen geht häufig ein Medaillen-Hagel über den ein oder anderen Sportler hernieder. Meist überleben sie’s.
  • In Sportmeldungen geht häufig ein Medaillen-Hagel über den ein oder anderen Sportler hernieder. Meist überleben sie’s.
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Verschüttetes Weltwissen: Zum Jahreswechsel greifen wir gerne in unsere Kiste mit der Sammlung schöner Zitate.

Vieles haben wir selber verzapft. Anderes fand per Post den Weg auf unsere Schreibtische. Gerne möchten wir wie in jedem Jahr das Schatzkästlein mit un- und freiwilligen Stilblüten aus der Welt der Zitate öffnen und einen kleinen Einblick in die wundersame Welt der Wort-Unfälle geben. Etliches ist mit einer eher leisen Komik behaftet. So die Aussage, dass „nach Erkenntnissen der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher e.V. (AGR) und des Bundesverbandes Säge- und Holzindustrie Deutschland e.V. (BSHD) hierzulande noch ein falsches Bild vom Wald“ existiere. Potz Blitz! Und das ausgerechnet zum Auftakt des Waldjahres im März 2011. Also: Mein Bild vom Wald ist geprägt von Bäumen, wobei man angeblich den einen vor lauter anderen nicht erkennen könne - oder umgekehrt? Aber an diesem Zerrbild der Unwissenden wollen die versammelten Holzverbände kräftig sägen. Was wir sonst noch gefunden haben:

Aus der Abteilung gewollter Unsinn stammt die Pressemeldung der Stadt zum 1. April. Es ging um einen neuen Anstrich fürs ziemlich marode erscheinende Rathaus. Demnach fördere die Kommunalaufsicht eine Generalüberholung, „sofern die Stadt Witten einem Anstrich im Farbenspektrum zwischen Überschuldungs-Grau und Millionen-Grab-Schwarz zustimmt“. Das ist fast „loriot-reif“. Mehr davon. Wir freuen uns schon auf den nächsten 1. April.
Sehr weit in die unergründlichen Tiefen verschütteten Weltwissen entführte uns eine Meldung, wonach eine Vernissage „Orakel und Kunst“ stattfinde, was unsere Aufmerksamkeit sogleich erregt hat. Wie oft steht man vor Kunstwerken und orakelt, was uns denn nun der Künstler mit seinem Werk sagen möchte!
Doch in diesem Fall gab es konkrete Hinweise. Der zweite Teil des Vernissage-Titels lautete „Die Kiefer ist eine Eule“. Das haut auch den weder Flora- noch Fauna-Interessierten glattweg vom Schlitten, was insofern passte, da diese Meldung im schneereichen Anfang des Jahres verschickt worden war.
Gerade wieder aufgesessen, ließen uns weitere, wie in den Stein der Weisen gemeißelte Worte ins Trudeln geraten. In der Orakel-Botschaft ging es ferner um Bachblüten, den Schamanismus Tibetanischer Mönche und die Trance.
Sehr aufmerksam lesen wir auch die Pressemeldung der Volkshochschule. Gerade wenn es um moderne Wirtschaft - die ohne Zapfhahn - geht und um Marketing, dann glänzt die Hochschule mit neustem Vokabular, dass uns Ehrfurcht ins Gemüt treibt. Da werden Veranstaltungen gestartet wie Formel-1-Rennen, der willigen Zuhörerschaft Impulsreferate um die Ohren gehauen, auf dass sie sich in einer Networking-Reihe verfängt. Und auch sonst wird allerlei Sportlich-Physikalisches getrieben. Apropos Sport. Als es mal um eine „Symbiose“, also ein Zusammenwirken zwischen Gesundheitszentrum und einem erfolgreichen Wittener Sportverein ging, ließ der Meldungs-Poet sich zu diesen Zeilen hinreißen: „Wenn draußen die Winde ums Haus pfeifen, der Regen ans Fenster prasselt ...“ - „dann kommt bald der Nikolaus“, möchte man ausrufen, doch die prosaischen Verse sind Mitte Januar verfasst worden, wo es selbst in Schaufensterauslagen noch nicht weihnachtlich zuging, sondern sich die ersten Osterhasen ins Traininglager begaben.
Doch im Wesenlichen ging es um die Aussage, dass die Winterzeit der natürliche Feind des Sportlers sei, was uns angesichts von Winter-Olympiaden mit angeschlossenen Schi-Zirkussen einigermaßen erstaunte. Die Welt in Witten ist einigermaßen überschaubar, meist bleiben die „großen“ Nachrichten aus, im Guten wie im Schlechten. Das bedeutet auch, dass wir uns Gott sei Dank nicht täglich den ganz großen Fragen der Menschheit widmen müssen, wie etwa: „Sind Kühe Klimaschweine?“ Denn da fällt die Antwort schwer, schließlich wollen wir keine Äpfel mit Birnen vergleichen, und weder den Kühen noch Schweinen einen Bären aufbinden.
Wer nun völlig unsicher ist, ob Rind oder Schwein gerade eine gute Wahl sind, kann ja immer noch zu Geflügel greifen. Aber ach, auch dort wartet Ungemach. Besonders - wie sollte es auch anders sein - im Kleingedruckten. So war auf dem Paket eines anständigen deutschen Brathähnchens zu lesen, dass es zum einen bratfertig und tiefgefroren sei, soweit so gut, und „mit Innereien, z.T. ohne Herz“. Herzlose deutsche Hähnchen, wo kommen wir denn da hin? Da ist’s ja fast nur noch einen Schritt zum Klonfleisch!
Und auch bei Truthahn-Produkten kracht zumindest sprachlich die Schwarte, wenn ein angesehener Markenhersteller seinen Aufschnitt als „Black Puty“ anpreist. Zum Glück ist wahrscheinlich die Generation, die hier falsch etikettiertes Pferdefleisch vom stolzen Hengst Black Beauty vermuten würde, schon zu gesetzt, um darauf hereinzufallen. Jüngere Kinder könnten sich aber doch noch erschrecken, wenn sie davon hörten, dass „Apfelsuppen viele Gesichter“ hätten, wie es in der Pressemitteilung einer Agentur hieß, und zwar unter der Überschrift „Löffelweise Kindheitserinnerungen“. Da hat möglicherweise jemand keine ganz so schönen Erinnerungen an seine Kindheit. Gut, bei uns zu Hause hieß es auch manchmal von der Suppe, dass aus ihr weniger Augen herausschauten als hinein. Für alle, die das nicht (mehr) kennen: Das bezieht sich auf den Gehalt der Suppe, je mehr diese verlängert wurde, desto weniger (Fett-)Augen sieht man auf der Oberfläche.
Früher gab es auch gerne mal nur Zucker aufs Brot oder - nur an Fesstagen - Schokostreusel. Unsere Nachbarn aus den Niederlanden haben davon auch eine bunte Variante, die sie „Hagelschlag“ nennen. Das hatte der Verfasser des Sporttextes wahrscheinlich jedoch nicht im Sinn, als er vom „Medaillenhagel für die Svg Witten“ berichtete. Wir hoffen zwar, dass die Medaillen nicht aus Schokolade waren, aber auch der niedergehende Hagel der begehrten Metallscheiben/-münzen niemanden verletzt hat.

Autor:

Lokalkompass Witten aus Witten

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