theaterspiel-Premiere schickt junge Menschen auf Weltrettungsmission

Kevin Herbertz, Fritzi Eichhorn. | Foto: Simon Jost
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„Alle Satt?!“ vom mobilen Wittener Theater theaterspiel feierte am Montagvormittag im Wittener Saalbau seine Uraufführung. Das Stück will Kindern Mut machen, globale Zusammenhänge zu hinterfragen.

In einer Nacht- und Nebelaktion schleichen sich Marie und Lucky kurz nach Ladenschluss hinter den örtlichen Supermarkt. Die beiden Schüler retten Lebensmittel aus dem Müllcontainer. Der Container füllt die Bühnenmitte des Wittener Saalbaus, improvisiert zusammengesteckt aus einem Podest, einer Plane und Holzstäben. Das Stück von Beate Albrecht verhandelt für ein junges Publikum ab neun Jahren die komplexen Fragen des globalen Hungers und unseren gleichzeitigen Umgang mit Essen vor Ort.

In der rund 60-minütigen Aufführung verschwenden die Musiker und Darsteller jedoch keine Minute mit Schuldzuweisungen, die nichts und niemanden verändern. Stattdessen arbeiten sie mit einer Vielzahl darstellerischer Mittel unbändig und vorwärtsgewandt an Lösungsansätzen.

Figuren singen sich in fremde Länder

Schon bald sitzen Marie (Fritzi Eichhorn) und Freund Lucky (Kevin Herbertz) im Flugzeug und fliegen in ein fremdes Land. „Gucken, was man machen kann“, singen sie als sie sich im Anflug befinden. Sie begleiten Luckys Mutter (Beate Albrecht), deren Firma in großem Stil Äpfel anbaut. Dafür kauft sie lokalen Kleinbauern Land ab. Das klingt für Marie und Lucky erst nach einem logischen Plan, alle sattzumachen, entpuppt sich aber schnell als rücksichtslose Profitmaximierung, welche die Kleinbauern im fernen Land in Existenznot bringt.

Nur mit fünf Figuren schafft Beate Albrecht eine Vielzahl an Konfrontationen, die das Weltbild aller ins Wanken geraten lässt. Themenkomplexe wie Biodiversität, Landraub und Globalisierung streifen die Figuren ganz selbstverständlich nebenbei. Die gesamte Spieldauer über bleibt Marie für das junge Publikum Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Fritzi Eichhorn spielt überzeugend eine Figur, die nicht vor der erdrückenden Größe eines Problems kapituliert und in Lethargie verfällt, sondern Fragen stellt und sich einmischt.

Offenes Spiel mit dem Publikum

Achim Conrads Inszenierung reißt die jungen Zuschauer mit auf der Abenteuerreise von einem Bild ins nächste. Die erzählte Geschichte überführt er gekonnt in ein unmittelbares, offenes Bühnengeschehen. Die multifunktionale Bühne von Katja Struck wandelt sich binnen Sekunden von Supermarktcontainer in Flugzeugkabine oder Bauernhütte. Ebenso schnell wechseln sich die Stile in den Kompositionen von Florian Walter ab. Walter kombiniert Versatzstücke aus Free-Jazz, Popmusik, Hip-Hop und neuer Musik mit clever platziertem Ohrwurm-Material und öffnet das Kinderstück so auch für ein erwachsenes Publikum.

Inszenierung, Bühne und Musik wagen kontinuierliche Neuanordnungen und gehen aktiv in den Widerstand gegen lähmende Perspektivlosigkeit. Die Choreographien von Ivica Novakovic treiben die Darsteller dabei immer wieder in Richtung Publikum und versichern auch diesem das Gefühl der Teilhabe am Geschehen.

„Und wovon träumt ihr?“, fragen die Darsteller am Ende mit Mikrofon die Zuschauer und ermutigen zu ganz großen Visionen. Die Antworten reichen von fairer Tierhaltung bis hin zum Weltfrieden. „Alle Satt?!“ nimmt dem jungen Publikum spielerisch die Angst vor der Komplexität grundlegender Fragen eines globalen Zusammenlebens und hat schon damit viel gewonnen.

„Alle Satt?!“ ist eine Koproduktion von theaterspiel (Witten), movingtheatre.de (Köln), den Duisburger Philharmonikern und dem Freundschaftsverein Tczew-Witten e.V..

Autor:

Klaus Dilger aus Witten

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