Ja, er war billig zu haben…

Edgar war nicht einer dieser geölten Männer, die sich hinter ihrer Sonnenbrille versteckten, um besser entdeckt zu werden.
Aber er war auch nicht der verliebte Schüler, der sich seiner Angebeteten zu Füßen warf, um ihr besser in die Augen zu sehen. Aber natürlich wollte auch er begehrt werden.
Und so überprüfte er sein Gesicht jeden Morgen im Spiegel. Dann drehte er seinen Kopf hin und her, um sich auch im Halbprofil zu begutachten. Und manchmal nickte er sich zufrieden zu, als begrüßte er dort im Spiegel einen Mann, der sich weltläufig zu bewegen verstand.
Selbst nachts stand Edgar gelegentlich auf und wählte irgendeine Telefonnummer. Und wenn ihm dann die Stimme gefiel ( natürlich musste es eine Frauenstimme sein ) versuchte er diese Frau am Ende der anderen Leitung in ein Gespräch zu verwickeln.
Meldete sich jedoch am Telefon ein Mann, dann legte er, Edgar, seine Hand fest über die Muschel, als könnte er so diese männliche Stimme ersticken.
Edgar kannte die Worte, die die Frauen lieben. Das stand doch in jedem Ratgeber. Und im Übrigen hatte er bei einer entsprechenden llustriertenumfrage:
Wie behandele ich eine Frau?
- die volle Punktzahl erreicht.
Seit dieser Zeit hielt er den Frauen die Tür auf und half ihnen noch lieber aus dem Mantel. Dazu war er ein zärtlicher Liebhaber mit den sanften Händen eines Goldschmiedes.
Kurz, er spielte perfekt auf der Klaviatur des neuen Mannes.
Wenn er also seinen Text aufsagte, lag in seiner Stimme eine Wärme, sodass jedes Wort verständnisvoll klingen musste.
Edgar war kein Mann, der die Frauen unterdrückte. Denn Edgar wusste, Frauen sind dann besonders sensibel, wenn man von ihnen spricht.
Und vielleicht, nein ganz bestimmt, da war sich Edgar sicher, erinnerte sich gerade in diesem Moment die Frau, mit der er sprach, an die romantischen Momente ihres Leben, die sie schon längst vergessen glaubte.
In diesem Augenblick aber schwieg Edgar, damit sich bei seiner Gesprächspartnerin das Gefühl ausbreiten konnte etwas verloren zu haben, was sie vielleicht noch nie besessen hatte.
Dann lächelte er und sah irgendwie „nostalgisch“ aus.
Ja, er war billig zu haben.
Da zuckte keine Frau zusammen, wenn er sie zum Tee einlud.
Und warum sollten die Frauen ihn, Edgar, nicht wie ein Taschentuch benutzen mit dem sie ihre Tränen tupften?
Ob aber ihnen, als Frau, Edgar zu einer qualifizierten Stellung im Beruf verholfen hätte, weiß ich nicht.
Im Übrigen habe ich da meine Zweifel.
Denn er ließ sich doch von keiner Frau „an die Leine“ legen.
Aber das sagte er natürlich nicht.
Welche Frau konnte also damit rechnen, dass er sofort seine Sachen packte, wenn er von ihr die Nase voll hatte?

Autor:

Dr. Mathias Knoll aus Arnsberg

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