Offener Brief an den Rat der Stadt Datteln

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wende mich in Form eines "offenen Briefes" mit dem dringenden Appell an Sie, auf die Änderung des Flächennutzungsplanes und den Bebauungsplan 105a zur Errichtung des Steinkohlekraftwerks Datteln 4 zu verzichten.

Ausgehend davon, dass Sie das an Sie von den Wählerinnen und Wählern der Stadt Datteln übertragene Mandat zu politischen Entscheidungen gewissenhaft wahrnehmen und damit den von Ihnen geleisteten Eid zu Beginn der Ratsperiode folgen, nämlich Schaden von der Stadt und seiner Bevölkerung abzuwenden, verlange ich von Ihnen, dass Sie alle Möglichkeiten nutzen, die dazu dienen, sich zu informieren und zu orientieren, bevor Sie für die Stadt Datteln und für die gesamte Region weitreichende Entschlüsse fassen, die über Generationen hinaus von Bedeutung sind.

Ich verlange von Ihnen, dass Sie sich gerade - was die Kraftwerksdiskussion anbelangt - nicht nur von Expertisen mehr oder weniger bestellter Gutachter leiten lassen, sondern auch über den "städtischen Tellerrand" hinausblicken und dem entsprechend die jüngste Diskussion zum Thema Klimawandel mit Argusaugen verfolgen, um diese wissenschaftlichen Erkenntnisse in Ihren Entscheidungsprozess einfließen zu lassen. Diese unabhängigen Wissenschaftler warnen vor dem Einsatz fossiler Brennstoffe in Kraftwerken zur Energieerzeugung, weil mit dem damit verbundenen CO2-Ausstoß das Klima weltweit in höchster Potenz gefährdet ist. In Deutschland beträgt der Ausstoß an diesen umweltschädigenden Treibhausgasen inzwischen auf jeden Einwohner umgesetzt 9,1 Millionen Tonnen pro Jahr. In 2013 sind die CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Prozent gestiegen. Wie Sie hoffentlich wissen, würde das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 mit einem Schadstoffausstoß von 8,5 Millionen Tonnen per anno noch weiter auf die Negativliste Einfluss nehmen. Das darf im Hinblick auf die sich schon jetzt abzeichnenden Klimaveränderungen auf gar keinen Fall Realität werden! Ignorieren Sie bitte nicht die Warnungen des Weltklimarates, die dieser erst jüngst ausgesprochen hat und fordert, auf die Verbrennung von Kohle zur Energieerzeugung gänzlich zu verzichten, sondern lassen Sie diese Erkenntnisse eine wichtige Grundlage in Ihrem Entscheidungsprozess werden.

Und auch das Oberverwaltungsgericht Münster hat in seinem Urteil 2009 unter anderem festgehalten: ". . .dies lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass es mit einer Inanspruchnahme von 0,73% des bundesweit zur Verfügung stehenden CO2-Kontingents einen hohen Anteil an den 'anthropogenen Treibhausgasimmissionen' hat. Deren Reduzierung ist ausweichlich der Vorbemerkung und der Erläuterung der energiepolitischen Zielvorgaben des LEP ein maßgebliches Anliegen der Landesregierung. Auch mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Kosten können Kraftwerksplanungen nur realisiert werden, wenn damit in der CO2-Bilanz und bei anderen klimarelevanten Stoffen ein Fortschritt erreicht wird."

Zwar wird vom Antragssteller, dem Eon-Konzern, immer wieder gesagt, dass im Hinblick der erzeugten Kilowattstunde elektrischer Energie der Schadstoffausstoß bei Datteln 4 geringer sei als bei alten Kraftwerken; Fakt ist und bleibt aber, dass umweltschädliche und damit klimaunverträgliche Schadstoffe von jährlich 8,5 Millionen Tonnen in die Atmosphähe abgeben werden und zur weiteren Verschlechterung der schon prekären Situation beitragen. Können Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren?

Weg vom Umweltschutz, hin zu wirtschaftlichen Aspekten. Glauben Sie denn tatsächlich, Eon würde sich für die Stadt Datteln als "Dukatenesel" erweisen, mit dem die Gewerbesteuereinnahmen in den nächsten Jahren nur so sprudeln? Fragen Sie doch einmal die Selbstständigen in den Reihen des Stadtrates allen voran den Steuerfachmann Peter Amsel, wann Gewerbesteuer fällig werden. Nämlich dann, wenn ein Unternehmen einen positiven Jahresabschluss erzielt. Dass damit bei Eon nicht zu rechnen sein wird, hat der Vorstandsvorsitzende, Herr Theissen, erst kürzlich in einem Interview bestätigt. Mit großen Kohlekraftwerken lasse sich in Zukunft kein Gewinn erwirtschaften, so der Eon-Chef. Bei derartigen Aussagen müssten bei Ihnen in den Ratsfraktionen doch die Alarmglocken schrillen. Recherchieren Sie doch einmal - ohne der Stadtverwaltung einen Auftrag hierzu zu erteilen - von sich aus und fragen Sie die Kämmerer in Ibbenbüren oder Bergheim, warum in diesen Städten die bisher sprudelnde Gewerbesteuerquelle plötzlich versiegt. Weil dort nämlich der Kraftwerksbetreiber RWE-power keine Gewinne mehr erzielt und er darum auch keine Gewerbesteuern mehr zahlt. Dererlei Recherchen vermisse ich bei Ihnen, obwohl dies auch eine Aufgabe verantwortungsvoller Kommunalpolitik wäre.

Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren des Rates der Stadt Datteln, obliegt es mit Ihrer Entscheidung, ob Sie sich zukunftsorientiert entscheiden und auch auf lange Sicht das Wohl und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und ausgehend von dieser Stadt in der Region in den Fokus Ihres politischen Handelns setzen.

Darum wiederhole ich meinen Appell: Stimmen Sie gegen die von der Verwaltung und Bürgermeister Werner vorgeschlagenen Änderung des Flächennnutzungsplanes und gegen den Bebauungsplan 105a. Setzen Sie sich stattdessen dafür ein zu überlegen und zu realisieren, wie auch in Datteln dezentral Energie erzeugt werden kann als Brückenelement zur Energieerzeugung aus Sonne, Wind und Biomasse (wie es Eon in Recklinghausen plant). Denken Sie in diesem Zusammenhang nicht nur punktuell. Denken Sie zukunftsorientiert zum Wohle auch der nachfolgenden Generationen. Denken und handeln Sie verantwortungsbewusst, so wie Sie es versprochen haben, als Sie sich zu Beginn Ihrer Ratstätigkeit verpflichtet hatten, Schaden von der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger abzuwenden.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Schmitz, Datteln

Autor:

Norbert Schmitz aus Datteln

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