An den Bürgermeister von Fischeln

Geehrter Herr Bürgermeister!

Durch einen Onkel von meiner Frau, der ein Bürger aus Fischeln ist (Jakob Planker), habe ich erfahren, daß Sie vor einigen Wochen Ihr 30jähriges Jubiläum als Bürgermeister gefeiert haben. Es hat mich sehr gefreut als ich dieses hörte, denn es kam mir dadurch eine Jugenderinnerung in den Sinn, die Sie, Herr Bürgermeister, auch erfreuen wird zu hören. Ich bin nämlich aus Ihrer Heimat, Monheim; Josef K,,,,,,, Sohn des Karusellenbesitzers und jetzt 40 Jahre alt.
Also vor 30 Jahren um die jetzige Jahreszeit kam Ihre Schwester Anna auf den Kollblech und sagte: „Schäng, Andres, Adam, Pitter, Josef - und wie sie alle hießen - Ihr sollt ens met nem Leffel no us komme.“ Aber wir sagten zu Anna: „Du wells us för den Doll haale, Ihr hat kee Ferke jeschlacht.“ Da sagte das Anna:“Wer nit kütt, kritt niks.“ Im Bewußtsein, dass es bei der Stefenstant (denn Möhn durften wir nie zu ihr sagen) oft etwas für uns gab, holten wir uns einen Löffel und berieten unterwegs, ob wir den Knabbedamspott schrabben sollten, oder – nein, se hatten ke Ferke geschlacht
In größter Erwartung ging et nach Stefens, sogar noch Kinder aus dem Dorf, worauf wir schon neidig waren. Die Stefenstant stand oben in der vorderen Haustür, mit frisch gebügelter Schürze uns freundlichst begrüßend, durch die vordere Tür eintreten ließ und rechts in das große Zimmer führte. Welch ein herrlicher Anblick: zwei Tische aneinander gestellt und weiß gedeckt. „So, nun setzt euch alle eröm.“ – Als alle Kinder mit den Löffeln gut saßen, wurden von Anna und Trina große Schüsseln aufgetragen. Welch eine Freude und Spannung. Dicker Milchreis! Einige große Flaschen mit Himbeersaft, welch ein Jubel.
So etwas hatten wir noch nie gegessen, wohl schon mal gehört, dass es so etwas in der Welt gibt. Es bekam jeder sein Tellerchen voll, und nochmal, und so weiter, so viel jeder wollte. O herrliche Speise, die gute Stefenstant, die freudigen Kinder, wohl zwanzig an der Zahl. Als sich alles nun gut getan hatte, stellte sich die Stefenstant am Kopfend der Tische und sagte mit erhobener Stimme und glücklichen Augen: „Kenger, weßt ihr och, woröm ihr hück so gut lävt bei mir?“ – Aus allen Kehlen: “Enä!“ - „Unser Wilhelm es Bürgermeister geworden un dröm hann esch üsch dat gegoffe.“
Das herrliche unvergessliche Mahl war gehalten und alle gingen und liefen freudig nach Hause. Ich weiß es noch, als wenn es vorige Woche gewesen wäre. Es wird Sie, Herr Bürgermeister, und Ihre Schwester Anna sicher freuen, die hochherzige Spende Eurer seligen Mutter noch mal zu erfahren, zum Andenken vor 30 Jahren.
Sind Sie nun nebst Ihrer Schwester Anna freundlichst gegrüßt von

Josef K..... und Familie
Düsseldorf

Autor:

Paul Scharrenbroich aus Monheim am Rhein

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