Jetzt mal Hochdeutsch 8

Dreck weg - Tage

„Es würde uns beiden gut tun!“ Zu dieser Einsicht waren Erika und Erna,
ziemlich beste und ziemlich dicke Freundinnen auch dieses Jahr wieder gekommen, als beim Frühstücksschwimmen im Kombibad nicht nur die ersten Sommermodelle der Entkleidungsbranche von zierlichen Schwimmerinnen vorgeführt wurden, sondern auch einige noch ansprechbare Neurentner männlicher Art ihre sportliche Zukunft in Angriff nahmen.
Erika hatte es im Wartezimmer beim Hausarzt gelesen: Fastenwandern ist wieder in – die etwas andere Art, seine Konturen zu schärfen, so und so, also figürlich und auch sonst, weißt du…. Einschlägige Anleitung gab es für kleines Geld im web: „SCHLANKWEG – Wandern nüchtern betrachtet!“
Ein letzter Besuch bei Casimiro – dem Gelatiere ihres Vertrauens – und ein Schwur unter Verbündeten. Das ist die letzte Zigarette! Tabak und Alkohol und andere Genußgifte, z.B Casi’s Spezialbecher sind gestrichen, am Anfang steht die Entgiftung. So kurz vorm Ersten ist das zunächst mal nicht unnormal, aber ab dem dritten Tag folgt das große Entschlacken. Dem Körper müssen also alle schädlichen weil giftigen Ablagerungen entzogen werden, die tief drinnen als Nebenprodukt des Stoffwechsels sich rumflezen. Erika, Enkelkind des Ruhrgebiets kannte diese Halden, teils Abraum, teils aber auch Schlacke – klar, sowas gehört nicht in einen der Schönheit geweihten Körper.
Täglich 5 Liter vollentrahmtes Quellwasser, jeweils mit einem gehäuften Teelöffel Glaubersalz gewürzt, standen für die nächsten zwei Tage als einziges auf der Nahrungsliste, unter „Weitere Empfehlungen“ auch noch der Rat, möglichst die Wohnung nicht zu verlassen. Gut so! Per Mobiltelefon blieb frau in Kontakt – anders wäre das auch gar nicht möglich gewesen.
So wurden die ersten Einkäufe von Outdoor Walking Trecking Artikeln ins Auge gefasst, während die Halden wuchsen. Erikas gelegentlicher Ständiger Begleiter, Stationspfleger auf der Inneren, kam am zweiten Tag zwar ungerufen aber gerade recht. – „Entschlacken! Bist du der Hochofen?
Welcher Komiker hat euch das denn verordnet?“ Sie erklärte ihm geduldig, wie es in seinem Körper doch so belastet aussähe, und das diese Schlacke raus müsste. „Bei so einer Aktion muss man auch an die Ofensau denken!“ stellte er fast ernst fest und schon war sie beleidigt, weil ahnungslos, allerdings auch schon so sehr entschlackt, dass sie sich nicht mal mehr aufregen konnte.
Erna am Telefon war entrüstet über diese Beurteilung ihrer Bemühungen, fühlte sich durch die Ofensau auch ordentlich diskriminiert, ließ sich aber nach leichtem, eher angedeutetem Widerstand dazu überreden, eine andere Kur zu versuchen, zumal Wandern sowieso blöd ist.

Autor:

Paul Scharrenbroich aus Monheim am Rhein

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