Prof. Rudolf Hoppe beim KKV: „Das II. Vatikanische Konzil – Identitätsverlust oder Identitätsgewinn für die Katholische Kirche?“

KKV-Vorsitzender Herbert Süß (am Rednerpult) begrüßt die Teilnehmer; neben ihm (links) der Referent Prof. Rudolf Hoppe
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„Wir stehen heute beim Rückblick auf das Konzil zwischen Zeitzeugen, die am Konzil unmittelbar teilgenommen und es geprägt haben, eigener, damaliger persönlicher Anteilnahme am Konzil durch die Medien und den Texten, die das Konzil verfasst hat.“ Mit diesen Worten umriss Prof. Dr. em. Rudolf Hoppe bei einem Vortragsabend des KKV Monheim, Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung, vor fast 80 erschienenen Teilnehmern die derzeitige Situation nach dem Konzil. Gleichzeitig sei zu berücksichtigen, dass das Konzil eine „Eigendynamik“ entwickelt habe, die nicht mehr reglementiert werden könne. „Ich werde mich deshalb auf die Texte von drei Erklärungen stützen, nämlich Nostra Aetate, Dei Verbum und Gaudium et Spes, und hierzu im Einzelnen Stellung beziehen:“, so Hoppe weiter. Der katholische Sozialverband hatte unter dem Motto „Das II. Vatikanische Konzil – Identitätsverlust oder Identitätsgewinn für die Katholische Kirche?“ Mitglieder und Interessenten ins Pfarrer-Franz-Boehm-Haus eingeladen, um sich 50 Jahre nach Beginn des II. Vatikanums mit diesem wichtigen religiösen Thema zu befassen.

„Nostra Aetate“
Mit „Nostra Aetate“ habe das Konzil eine Erklärung über das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen verabschiedet. Wirkungsgeschichtlich von größter Bedeutung sei in der Erklärung das Verhältnis der Katholischen Kirche zum Judentum, betonte der Referent. Das Konzil stelle die Kirche in die Tradition Israels und betone die Unverbrüchlichkeit des Bundes Gottes mit dem Gottesvolk. Vor allem begegne es dem Verdikt der Juden im Zusammenhang des Todes Jesu mit der ausdrücklichen Hingabe Jesu aus Liebe zu allen Menschen. Die Ablehnung jeder Form des Antisemitismus, aus welchen Gründen auch immer, sei unmissverständlich. In „Nostra Aetate“ sei deshalb der Durchbruch zu einer Neubestimmung der Katholischen Kirche zum Judentum gelungen. Die Erklärung habe die theologische Forschung, vor allem die Rückfrage nach dem Juden Jesus von Nazaret, maßgeblich beeinflusst und sich für das christlich-jüdische Gespräch als äußerst fruchtbar erwiesen, betonte Hoppe

„Dei Verbum“
In „Die Verbum“ sei die Erklärung des Konzils zur göttlichen Offenbarung erfolgt. Erstmals rücke die Bibel des Alten und Neuen Testaments ins Zentrum des katholischen Glaubensverständnisses. Deshalb habe auch das Konzil ausdrücklich betont, dass der Zugang zur Heiligen Schrift allen Gläubigen weit offen stehen müsse. Die positive Wirkung vor allem des biblischen Teils der Erklärung bestünde darin, dass die Bibel als „Urkunde des Glaubens“ deutlicher ins Bewusstsein der Kirche gerückt und für ihre Identitätsbildung maßgeblich sei. In der Folge des Konzils seien neue Bibelübersetzungen entstanden, das ökumenische Gespräch habe neue Impulse erhalten und die Bibelwissenschaft sei in ihrer Bedeutung anerkannt worden. Hier lägen noch Möglichkeiten, die der weiteren Aufarbeitung bedürften, betonte Prof. Hoppe.

„Gaudium et Spes“
In der Erklärung „Gaudium et Spes“ setze sich das Konzil mit Fragen auseinander, die an Aktualität nichts eingebüßt hätten: Wachstumskrise, Reichtum und Armut, Zusammenwachsen der Welt. Programmatisch sei die Position, „dass das Volk Gottes und die Menschheit, der es eingefügt sei, in gegenseitigem Dienst stehe, so dass die Sendung der Kirche sich als eine religiöse und gerade dadurch höchst humane erweist“ (Art. 11). Grundlegend seien deshalb auch heute noch die Ausführungen zur Frage nach dem Menschen, seine Freiheit und Verantwortung, seine Gemeinschaft mit Gott und erst von daher der Blick auf den Atheismus, unterstrich der Referent. Er würde also nicht primär verurteilt, sondern der Atheismus würde als Frage an die kirchliche Praxis gestellt (Art. 21). Dass der Dialog zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden gesucht werden solle, um am Aufbau einer Welt mitzuwirken, in der man gemeinsam lebe, sei für die heutige säkulare Situation von großer Bedeutung.

Konzil brachte Identitätsgewinn und -stärkung
„Natürlich will ich nicht verschweigen, dass das Konzil auch für Irritationen besonders in der Liturgiereform gesorgt hat“, bekannte Hoppe. So sei in der Praxis sicher manches übertrieben worden. Der gregorianische Choral hätte durchaus in der Liturgie stärker gepflegt werden können. Das wäre gar nicht gegen die Intention des Konzils gewesen. Insgesamt habe das Konzil aber doch zu einer großen Vergewisserung beigetragen: „Wir haben die Bibel besonders auch in ihren vorchristlichen Überlieferungen neu ins Zentrum unseres Selbstverständnisses gerückt. Die Offenheit, mit der das Konzil den nichtchristlichen Religionen gegenübergetreten ist, der Blick für die innerchristliche Ökumene, alles das hat Maßstäbe gesetzt.“ So sei das II. Vatikanische Konzil Identitätsgewinn und Identitätsstärkung, aber sicher kein Identitätsverlust, so das Fazit von Prof. Dr. Hoppe.

Die sich anschließenden Fragen wurden ausführlich von Prof. Hoppe beantwortet. Der KKV-Vorsitzende, Herbert Süß, dankte dem Referenten für seinen inhaltsreichen Vortrag.

Weitere Infos: www.kkv-monheim.de bzw. www.kkv-bund.de.

Autor:

Bernd-M. Wehner aus Monheim am Rhein

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