An der Seite der Kapitäne

Lang vorbei sind die Zeiten, in denen Schiffer-und Landfrauen gemeinsam im Gemeindezentrum Eichenstraße mit Erika Weise (4.von links) Feste feierten. Viele von ihnen sind bereits verstorben. Foto: Archiv
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Die Schifferseelsorge so wie sie einmal war, wird es bald nicht mehr geben. Schifferseelsorger Horst Borrieß denkt gern zurück an die Betreuung der Schiffer- und Landfrauen seiner Gemeinde. Er erinnert sich an gemeinsame Feste, aber auch daran, dass er viele der Frauen auch auf ihrem letzten Weg begleitet hat.

Im Jahr 2002 feierten die Schiffer- und Landfrauen ihr 25. Jubiläum in der Schiffergemeinde Datteln an der Eichenstraße. Schon damals Grund genug, in alten Erinnerungen zu stöbern.
Horst Borrieß erzählt: „Magda Schulz befuhr mehrere Jahrzehnte 'als Matrose' mit ihrem Mann und Kapitän den Kanal, bevor sie sich in Datteln niederließ." Sogar das Schiffsführerpatent hatte sie in der Tasche. Eisen, Kohle und Tabak transportierten sie auf ihrem 138-Tonnen-Frachtschiff den Kanal entlang von Emmerich bis nach Worms. Schon als Kind war Martha Hein auf dem Schiff zuhause. Noch ganz genau erinnerte sie sich damals beim Jubiläumsfest der Schifferfrauen an den ersten Bombenangriff auf Berlin: „Wir saßen fest in Schleuse und konnten nicht vor und zurück."
Horst Borrieß erinnert sich auch gern an Käthe Jeylitto. Sie befuhr von 1956 bis 1981 allein mit ihrem Mann den Kanal. Sobald ihre drei Kinder schulfähig waren, kamen sie ins katholische Schifferheim in Minden. Das war damals so üblich. Sie berichtete ihm damals: „Entweder hatten die Männer keine Frauen oder die Kinder keine Mütter, denn zusätzliches Personal konnte man sich einfach nicht leisten.“
Auch zum Lachen gab es genug. "'Wollt ihr meine Frau ersaufen lassen?', schrie verzweifelt mein Mann“, erzählte sie lachend im Kreise der anderen Schifferfrauen.

"Wollt ihr meine Frau ersaufen lassen?"

Was war geschehen? Mit breit aufgeschwemmten Röcken zappelte Käthe Jeylitto im Becken der Schleuse Hindenburg. „Ja, konntest du denn nicht schwimmen?“ riefen die anderen Frauen verwundert. „Nee, das hab ich erst hinterher gelernt“, lachte die damals 66-Jährige.
Auch die Landfrauen aus Datteln hatten eine bewegte Vergangenheit. Lotte Steber wurde 1921 in Amerika geboren, lebte dann in Ostpreußen auf einem Bauerhof und kam über Pommern, Mecklenburg und Niedersachsen nach Westfalen.
Kira Wilke sorgte immer für Spaß und Freude beim Treffen der Schiffer- und Landfrauen. Sie war die Vorleserin im Bunde und las immer kleine Episoden und Ausschnitte aus Büchern und Zeitungen.

So hatte jede Frau ihre Geschichte. Doch was wäre die Gemeinde der Schiffer- und Landfrauen gewesen ohne Erika Weise. Die engagierte Küsterin und Laienpredigerin war die gute Seele des Ganzen, hatte für jeden ein gutes Wort und so manche Überraschung für die Frauen parat. Noch heute engagiert sie sich als Vorsitzende bei Frauenhilfe NordWest in Datteln.
Ja, die meisten der alten Schiffer- und Landfrauen aus damaliger Zeit leben nicht mehr - und die Schifferseelsorge bald auch nicht mehr.

Autor:

Petra Pospiech aus Recklinghausen

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