60 Jahre Schloss-Spiele - Gala-Abend mit Heide Keller

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Was macht ein Schauspieler, dem Kulisse und Requisiten genommen werden, auf die sich das ganze Stück beziehen? Er versucht, dem Publikum durch seinen Ausdruck zu suggerieren, was er nicht sehen kann - diese Situation hat das Ensemble des Gala-Abends 60 Jahre Schloss-Spiele am Freitag mit Bravour gemeistert.

Eine Woche lang war der Innenhof auf Schloss Hohenlimburg in der Hand der Techniker gewesen, um mit Illumination für die perfekte Kulisse zu sorgen - und wieder einmal machte das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Kurzfristig musste die gesamte Veranstaltung in den Werkhof verlegt werden, eine Herausforderung für alle Beteiligten.
Auf dem Programm standen die Höhepunkte der letzten Jahrzehnte, eine Revue von Spielszenen, Sketchen und Liedern, verbunden durch Erinnerungen und Anekdoten. Nach Grußworten von Marie Theres Konder, Vorsitzende des Freundeskreises Schloss-Spiele, Oberbürgermeister Erik O. Schulz und "Hausherr" Fürst Maximilian zu Bentheim Tecklenburg leitete Peter Schütze souverän durch das Programm - nicht ohne die Gäste zunächst mit Gedankenkraft den Schlossberg hinaufzuführen: "Sie kennen die Ecken und Nischen, auf die wir heute abend zeigen werden!"
Die "Räuber im Schloss" in Erinnerung an die Schiller-Inszenierungen von 1954 und 2002 eröffneten den Reigen: Horst Lappöhn, als Musiker und Schauspieler über die Grenzen Hagens hinaus bekannt, parodierte nicht nur Schiller, sondern auch die Theater-Proben der Schloss-Spiele. An seiner Seite Marcel Eid und Frank Hess, die erst seit einem Jahr zum Ensemble gehören und mit Stimme und Mimik begeistern konnten.
Etwas schwerer, was die Gunst des Publikums betraf, hatte es Sigrun Kiesewetter: Die Sängerin und Autorin aus Hamburg, die sich mit vertonter Lyrik einen Namen gemacht hat und ebenfalls eng mit den Schloss-Spielen verbunden ist, traf mit ihrer Intonation italienischer Lieder nicht den Nerv.
"Es war die Lerche" und "Die Macht der Reinigungskraft" von Stefan Reim, das Portrait der Putzfrau, die als Reinigungsfachkraft und Perle des Hauses die wahre Macht und auch das Geld besitzt, waren die unvergesslichen Stücke von Kriszti Kiss, die eine hinreißende Bühnenshow zum Besten gab.
Edeltraud Kwiatkowski, bekannt als Sopranistin am Theater Hagen, brillierte mit Charme und Stimmgewalt sowohl gesanglich (Norbert Neukamp begleitete den Abend am Klavier) als auch in ihrer Rolle als Miss Marple, die in Sachen der "Todesopfer" auf Schloss Hohenlimburg ermittelte - sämtliche Figuren der klassischen Bühnenstücke, die in den Aufführungen der Schloss-Spiele ihr tragisches Ende nahmen.

Heide Keller

Zu diesen tragischen Figuren, nämlich der Julia, zählte auch die aus der Fernsehserie "Das Traumschif" bekannte Schauspielerin Heide Keller, die 1963 und 1964 in "Romeo und Julia" und "Die Jungfrau von Orleans" in Hohenlimburg am Anfang ihrer Karriere stand. Aus dieser Zeit erzählte Heide Keller: "In meiner ersten Spielzeit war ich in einem kleinen Hotel in Iserlohn untergebracht. In der zweiten gab es in Hohenlimburg eine Wohnung mit Balkon!" Ein Umstand, den die sympathische Heide Keller mit Bescheidenheit als damaligen Luxus beschreibt. Die Schloss-Spiele Hohenlimburg bedeuteten auch einen privaten lebensabschnitt: "Als Julia dachte ich, als ich Romeo sah, hätten die mir nicht einen Hübscheren geben können? Hinterher gefiel er mir um so besser", lächelt sie, "ich habe ihn geheiratet. Aber wie das bei jungen Schauspielern ist, man zofft sich, und so kam es zur Scheidung." Thomas Härtner, so ist sich Heide Keller sicher, wäre auch gerne zu diesem Gala-Abend gekommen - vor zwei Jahren ist der Schauspieler verstorben. Zur Freude des Publikums schlüpfte der heutige Fernsehstar noch einmal in die Rollen von damals, hielt den dramatischen Monolog der Julia und ließ die Zuschauer das Traumschiff zugunsten klassischen Theaters endgültig vergessen.
Neben Heide Keller gab es allerdings noch einen Gast, der vielleicht der heimliche Star des Abends war: Peter Pietzsch, ehemaliger Intendant des Theaters Hagen, erfüllte einen Wunsch von Peter Schütze: "Etwas aus den 50-ern sollte es sein." So wie der Gala-Abend auf die malerische Schloss-Kulisse verzichten musste, so schlicht betrat Pietzsch die Bühne, um Hans Albers zu verkörpern: "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" brauchte keine Requisite und auch kein Mikrofon. Tosender Applaus vom Publikum, neidloser Respekt von der ehemaligen Kollegin Edeltraud Kwiatkowski: "Er ist halt ein Tenor!"
Begeistern konnten aber auch die vielseitige Ariane Raspe, Comedy-Talent und Darstellerin in der bekannten Fernseh-Serie "Stromberg", und die Musicalsängerin und Schauspielerin Tirzah Haase, die im Finale Hildegard Knefs rote Rosen regnen ließ.

Autor:

Anja Seeberg aus Hagen

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