Kaufmann-Wahl: SPD-Fraktionschef Krippner bat Innenminister die Ernennung zu verhindern

Kurz vor der Kommunalwahl löst die Kaufmann-Akte ein politisches Beben in Hagen aus: Offenbar hat SPD-Fraktionschef Mark Krippner in Briefen Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann und Innenminister Ralf Jäger im Januar dazu aufgefordert, die vom Rat beschlossene Ernennung Margarita Kaufmanns als Dezernentin zu verhindern.

Am Mittwoch (14.5.) baten die Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Hagen Aktiv und FDP die Öffentlichkeit an den Tisch. Das gemeinsame Thema: Der politische Stil in Hagen.
Der Rat der Stadt Hagen hatte sich im Dezember mit einer Zweidrittel-Mehrheit für Margarita Kaufmann ausgesprochen - gegen den Bewerber der SPD. Daraufhin kritisierte die SPD Kompetenz und vor allem das Alter Kaufmanns und kündigte an, die Wahl juristisch prüfen zu lassen. In dem sich anschließenden Verfahren vor dem Verwaltungsgericht kam es zu dem entscheidenden Vergleich, dass Margarita Kaufmann sich bereiterklärte, sich zu einer vollen Amtszeit zu verpflichten und auf vorzeitigen Rentenanspruch zu verzichten.
Im Zuge dieser Vergleichsprüfung forderte die Stadt Hagen Akteneinsicht. Und die Akteneinsicht machte die Beteiligten schlichtweg fassungslos. "Was wir vorgefunden haben, geht in seiner Bedeutung über das übliche Maß hinaus und erschien uns geboten, die Öffentlichkeit zu informieren", erklärte Dr. Stephan Ramrath, stellvertretender Vorsitzender der CDU. Gegenstand der Fassungslosigkeit ist nicht das Schreiben der SPD mit der Aufforderung, die Wahl juristisch zu prüfen, sondern ein weiteres vor allem an Innenminister Ralf Jäger, versehen mit einem Rechtsgutachten einer Bochumer Anwaltskanzlei, "das die altersdiskriminierende Rechtsauffassung der Hagener SPD-Spitze untermauern sollte."

Ein Brief an den Innenminister

In der gemeinsamen schriftlichen Presseerklärung der Parteien heißt es:
"In diesem 3-seitigem Schreiben vom 3. Januar 2014 informiert Krippner den 'lieben Ralf' über einen Vorgang, 'der für die SPD in Hagen und auch für die Entwicklung des Beamtenrechts bedeutsam ist' und lobt Jäger dafür, dass dieser immer ein offenes Ohr für die Probleme vor Ort gehabt habe. Krippner bittet den Innenminister 'sehr eindringlich' und unverblümt darum, sicherzustellen, dass die Kommunalaufsicht die Bewerberin Kaufmann nicht berufen wird. Aus Krippners Sicht wäre es wichtig, 'die Ernennung Kaufmanns zu verhindern und ggf. sogar einen langwierigen Rechtsstreit in Kauf zu nehmen.' Als Gründe für sein Vorgehen macht Krippner im Wesentlichen geltend, dass die Entscheidung in dieser Personalie 'weitreichende Konsequenzen für die Entwicklung der SPD in Hagen ' habe. Deshalb bringt Krippner gegenüber Jäger seine Hoffnung zum Ausdruck, 'dass Du Dich der Sache annimmst.'

Eine Antwort des Innenministers findet sich nicht in der Akte.

Dass die "Entwicklung der SPD Hagen" in dem Schreiben das Hauptargument darstellt, die Kaufmann-Ernennung zu verhindern, ist der Aufhänger der anderen Parteien, über den politischen Stil in der Stadt Hagen öffentlich zu diskutieren: "Wir haben in der Sache gerungen und sind zu der bestmöglichen Lösung gekommen, während die SPD auf diese Weise einen Ratsbeschluss torpediert und einen Schaden für die Stadt Hagen und auch Frau Kaufmann in Kauf nimmt, um die eigenen Interessen, möglicherweise auch nur die der Partei-Spitze, über die der Stadt Hagen zu stellen. "

"Zusammenarbeit über das normale Maß hinaus gestört"

Ein langwieriges Verfahren hätte bedeutet, viel Geld zu investieren und möglicherweise auch zunächst ohne Dezernent dazustehen, der Vergleich hätte durchaus auch ohne Gerichtsverfahren, sondern mit einfacher Verständigung im Vorfeld zustandekommen können. Die SPD habe also schlichtweg die Wahl verhindern oder so weit verzögern wollen, um nach der Kommunalwahl den Wunschkandidaten doch noch durchdrücken zu können: "Unter dieser Voraussetzung sehen wir die Zusammenarbeit mit der SPD im Rat über das normale Maß hinaus gestört", so Dr. Ramrath und Joachim Riechel, Fraktionssprecher der Grünen. FDP-Vorsitzender Claus Thielmann: "Wir betrachten das Verhalten der SPD als Aufforderung zur Rechtsbeugung. Hätte jemand in Berlin oder Düsseldorf so etwas gemacht, müsste er jetzt zurücktreten!"
Einen Zeitpunkt der politischen Wende, mehr Transparenz und Fairness, erhoffen sich die Parteien, die das gesamte Wahlverfahren der Dezernentin hinsichtlich des Verhaltens der SPD als "unerträglich" bezeichneten: "Nur mit offenen Diskussionen lassen sich demnächst schwierige Fragen lösen. In der nächsten Wahlperiode werden wir einen bunten Rat haben."

In einer ersten Stellungnahme gegenüber dem Stadtanzeiger erklärte SPD-Fraktionschef Mark Krippner, der Brief sei mit der Fraktion abgesprochen gewesen, und es habe auch niemand sein Vorgehen kritisiert. Durch den Vergleich habe man der Stadt immerhin 150.000 Euro Kosten erspart, die Akteneinsicht sei in Wahlkampfzeiten eher eine Farce. Auf die Frage, warum das Interesse der SPD Hauptargument des Schreibens an den Innenminister war, erklärte Krippner: "Wir machen gemeinsam Politik. Und als Fraktionsvorsitzender kann ich jederzeit einen politischen Brief schreiben, das ist doch normal."

Autor:

Anja Seeberg aus Hagen

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