Abschied eines kleinen Juwels - Iserlohner Kostümverleih am Bielstein schließt nach 38 Jahren

Schweren Herzens schließen Bärbel Puppel (li.) und Luise Falkenroth Ende des Monats ihren geliebten Kostümverleih.
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"Die erste vage Idee kam mir spontan während eines Wien-Urlaubs", erinnert sich Bärbel Puppel noch genau. Die Idee wurde nach der Rückkehr schnell konkreter und am 10. Oktober 1980 genau um 10.10 Uhr war es dann soweit. Zusammen mit der Freundin Luise Internicola eröffnete sie in den Räumen der damaligen Eisdiele "Bei Susi" in der Unnaer Straße einen Woll- und Second-Hand-Laden, zunächst probeweise für die fünf Monate, wo sich die Eisdielen-Besitzer eine winterliche Auszeit in ihrer italienischen Heimat gönnten.

Von Christoph Schulte

Iserlohn. "Die Wollknäuel und Schmuck präsentierten wir in den leeren Eisbehältern", so die inzwischen über 70-jährige Iserlohnerin, "und höchstens von uns erhofft, nahmen die Iserlohner die neue Geschäftsidee tatsächlich an." Und so wagte es Bärbel Puppel schließlich, ein Ladenlokal "Am Bilstein 15", dem heutigen Standort, anzumieten.
Der erste Geschäftsname war dann so ungewöhnlich wie die -idee: "Klüngelecke an der Treppe." Mit selbstgeschriebenen Handzetteln warb die Jungunternehmerin für ihr Geschäft. Während das Woll-Geschäft weiter sehr gut lief, gestaltete sich die Nachfrage nach Second-Hand-Artikeln eher zögerlich - "und das, obwohl wir echte Schätzchen aus den 50er bis 80er Jahren zu bieten hatten, von Schlaghosen über Petticoats bis zu Rüschenhemden". Irgendwann meinte eine junge Kundin beim Besuch der "Klüngelecke": "Ich würde dieses 60er-Jahre-Punktekleid ja gerne zu unserer Party anziehen. Aber nur, damit es dann für den Preis von 70 Mark bei mir im Kleiderschrank hängt?" Das war der Moment, als Bärbel Puppel beschloss, besondere Kleidungsstücke zukünftig nur noch zu verleihen und damit die Geburtsstunde des Iserlohner Kostümverleihs - auch wenn die Boutique noch weiter lief und später sogar aktuelle Mode aus Amsterdam und Paris anbot.
Nach diesem entscheidenden "Kurswechsel" traute sich Bärbel Puppel auch, neue Ideen einfließen zu lassen. Mit Hilfe einer tüchtigen Angestellten - Bettina Paul, die heute ein eigenes Geschäft führt - und viel Unterstützung aus ihrem Bekanntenkreis wurde eine innovative Kostümshow erarbeitet. "Die entwickelte sich schnell zu einem großen Erfolg und sorgte dafür, dass unser Bekanntheitsgrad stetig wuchs", lässt Barbel Puppel die wohl erfolgreichste Periode Revue passieren. "Wir hatten sogar viel beachtete Auftritte in der Dortmunder Westfalenhalle während eines dortigen Modemarktes, aber auch in der Stadthalle Hagen, im Parktheater oder beim Agenda-Fest auf dem Alten Rathausplatz."
In den 90er Jahren wurden durch ihren Cousin Ingmar Heller sogar kleine aber feine Musik-Events in dem kleinen, "schnuckeligen" Ladengeschäft organisiert. "Bei den Jazz- oder Swing-Matinees traten bei uns namhafte, in der hiesigen Szene bekannte Musiker wie Winnie Schickentanz, Paul Heller, Hans Schlüter, Herte und Nina Tripp, Violetta Körner oder -nicht zu vergessen - der 'singende Bäcker' Thorsten Woeste auf."
Seit 2010 führt ihre Tochter Luise Falkenroth ("Ich bin ja quasi in unserem besonderen Laden aufgewachsen.") den Kostümverleih weiter. Doch seit die gelernte Sozialpädagogin im August 2017 den Ökologischen Landkinderkarten "Lindenhaus" in der Grürmannsheide mitgründete, wurde die Doppelbelastung trotz der Unterstützung von Anne Unnasch und Gabi Breuker immer größer. "Außerdem spüren natürlich auch wir die Konkurrenz aus dem Onlinehandel, auch wenn die dort angebotenen Karnevalskostüme nicht annähernd an die Qualität unserer Ware heranreicht", so Luise Falkenroth. Schließlich stammen viele der qualitativ hochwertigen Stücke im Iserlohner Kostümverleih aus Versteigerungen verschiedener Fundus wie der der Theater Hagen und Dortmund oder des Tanztheaters Gelsenkirchen, sind handgenähte Einzelexemplare oder liebevolle Spenden von Iserlohner Bürgern.
Und da schließlich auch noch ein sicher geglaubter Interessent für die Übernahme kurzfristig absagte, mussten die beiden schließlich schweren Herzens und mit "zwei weinenden Augen" die Reißleine ziehen. "Am 31. März ist endgültig Schluss", seufzt Bärbel Puppel, die sich auch um die Zukunft "ihres" Quartiers sorgt. "Wir waren ja immer ein Gegenpol zu dem schwierigen Kundenklientel der benachbarten Sozialeinrichtungen und haben bis zuletzt allen geholfen, die Gegend sauberzuhalten."
Bis sich am 31. März zum letzten Mal die Eingangstür zum Kostümverleih schließt, können Interessierte die über 3.000 Kostüme und Accessoires käuflich erwerben. Was bleibt, wird eingelagert, denn wie heißt es so schön: "Niemals geht man so ganz...". 

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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