Dreiwöchige Rehaarbilitations-Phase nach Friseurbesuch

Wohl niemand wird meine Haare vorsätzlich verschneiden und auch mangelnde Qualifikati­on dürf­te nur in seltenen Einzelfällen ursächlich für die sich auf meinem Kopf wiederholenden Katastro­phen sein. Vielmehr sind es die tückischen, beim Schneiden nicht erkennbaren Verwirbelungen, die sich nur scheinbar zu einer ansehnlichen Frisur bändigen lassen, um dann bereits kurz nach Verlas­sen des Salons zu der von mir so gehassten Widerborstigkeit zurückzufinden. Von all den Mühen mit Schere, Bürste und Föhn ist nach wenigen Minuten nichts mehr zu bemerken und mein Haar ist derart derangiert, dass man meinen könnte, ich hätte die Nacht unter irgendeiner Brücke verbracht. Nun wird sicherlich nicht ein Filmteam durch die Stadt irren, um einen Typen für die Rolle eines Clochards zu casten - also galt es, Mittel und Wege finden, mein von „Frollein Gaby“ gestyltes Haupthaar über einen längeren Zeitraum in Form zu halten.

„Du siehst aus wie einer von den Leningrad-Cowboys“, musste ich mir vor Jahren nach einem Friseurbesuch anhören. Zu der Zeit trug ich die Haare ein wenig länger und diese hatten die Tendenz, mir ständig in die Stirn zu fallen. Abhilfe sollte eine Art Overkill an Haarspray leisten. Flugs wurde meine renitente Tolle nach hinten gebürstet und gleich darauf war ich – sehr zum Leidwesen meiner Atemwege - von einer klebrigen Nebelwolke umgeben. Nichts brauchte ich dringender als frische Luft und so stürmte ich schnappatmend in Freie, wobei die scheinbar fixierte
Haartolle sich wieder auf den Weg zu ihrem angestammten Platz machte. Doch nahm ihr die versteifende Wirkung des zwischenzeitlich ausgehärteten Sprays die Möglichkeit, nach unten auf die Stirnfläche zu fallen. Ähnlich einem Vordach kragten nun meine betonharten Haare ca. fünf Zentimeter über den Rand meiner Stirn hinaus. Zumindest optisch konnte ich damals mit den finnischen Blödel-Rockern mithalten.

Dem Teufelszeug Haarspray schwor ich auf der Stelle ab und beschloss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. So schmierte ich mir tags darauf den gesamten Gel-Vorrat meiner Frau in die widerspenstigen Haare, die ich zudem noch mit einem Extra-Klacks dieser glibberigen Masse garnierte. Kaum hatte ich das Haus verlassen, begegnete ich einer Nachbarin, die mich fassungslos anstarrte, um dann übergangslos in lautes, unkontrolliertes Prusten auszubrechen. Ich erinnere sie stark an eine Szene aus dem Film „Verrückt nach Mary“ ließ sie mich immer noch glucksend wissen. Für die älteren Leser/Innen wird das Bild jederzeit abrufbar sein., das Hauptdarstellerin Cameron Diaz mit vermeintlichem Styling-Gel im Haar abgab, Keinerlei fixierender Substanzen bedurfte es, als mich unlängst Salon-Mitarbeiterin Claudia derart kahl schor, dass mich ein Nachbar, der jeglicher Rechtslastigkeit unverdächtig ist, mit demonstrativ erhobenen rechten Arm begrüßte.

Abgesehen von den seelischen Schäden ist ein Friseurbesuch auch mit Gefahren für die körperliche Unversehrtheit verbunden. Um jedwede Kommunikaton mit schwafelnden Kunden unmöglich zu machen, wird häufig der Kragen des Umhangs derart eng gezurrt, dass sich das Gesicht bläulich verfärbt und man gut daran tut, in der jeweiligen Landessprache das Wörtchen „Gnade“ zu röcheln. Gar Todesängste stand ich aus, als mich Jürgen während des Schneidens ungefragt wissen ließ, dass ihn sein langjähriger Freund mit einem Anderen betrogen habe und was er am liebsten mit seinem Nebenbuhler machen möchte. Dabei fuchtelte er wie wild mit einem Rasiermesser herum als wolle er an mir die effektivste Vorgehensweise für die geplante Beziehungstat üben. Stets problematisch wird es für mich , wenn mir Kleingeratene das Haar schneiden . Oftmals sind die Stühle nicht höhenverstellbbar, so dass ich dann die anstrengende Sitz- oder besser gesagt Liegeposition eines Rennrodlers einnehmen muss – sieht bei einer Körpergröße von 186 Zentimetern natürlich besonders bescheuert aus.

Dass es derzeit nahezu pausenlos regnet, kratzt mich recht wenig, denn ich werde in den nächsten drei Wochen recht selten das Haus verlassen und hoffe, dass bis dahin genug Haare über die Missetat meines Friseurs gewachsen sind.

Autor:

Klaus Ahlfänger aus Herten

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