NADLER und PROTESTE

Müller schließt Nadler
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Nadler-Homann-Müller:

Durch den gnadenlosen Wettbewerb und gewinnorientierten Konkurrenzkampf, soll das Bottroper Werk Nadler und 3 weitere Standorte bis 2020 geschlossen werden, wovon insgesamt 1.500 Beschäftigte betroffen wären.
Für Bottrop bedeutet das den Verlust von 200 Arbeitsplätzen, in Floh-Seligenthal fallen 60 Arbeitsplätze weg und in Niedersachsen im Kreis Osnabrück sollen im Stammwerk Dissen und im Werk Lintorf alleine mehr als 1.000 Arbeitsplätzen vernichtet werden.

Wir erinnern uns, dass Nadler von Hohmann geschluckt wurde und Hohmann gehört mit seinen Betrieben zur Unternehmensgruppe Theo Müller, besser als „Müller-Milch-Imperium“ bekannt, das er wie „Darth Vader“ beherrscht.
Das internationale Müller Konsortium mit Sitz im Steuerparadies Luxemburg, ist einer der führenden Konzerne der Lebensmittelindustrie, die vor allem europaweit mit 24 Unternehmen und Tochtergesellschaften und zahlreichen Filialnetzen vertreten sind.
Die Unternehmensgruppe Theo Müller verlagerte im Jahre 2011 aus steuerlichen Gründen die Theo Müller S.e.c.s. als Holding in das unternehmerfreundliche Luxemburg.
Die Gesamtverantwortung für die neue Unternehmensform übernahm als Vorstandschef Heiner Kamps, den man noch als schlitzohrigen Brötchenfabrikant der gleichnamigen Bäckereikette kennt.
Er brachte auch die Homann Feinkost GmbH mit 3.000 Mitarbeitern in das Konsortium von Müller ein, wo er auch bis 2015 Vorstandsvorsitzender blieb.

Missbrauch:

Theo Müller betreibt bereits in Wachau-Leppersdorf bei Dresden eine Großmolkerei und möchte dort das neue Zentralwerk errichten, wo bereits 2.500 Mitarbeiter beschäftigt sind.
Mit ihren Produkten sind sie in allen Supermärkte und Discounter vertreten und es gibt kaum einen Lebensmittelhändler der nicht von ihnen beliefert wird.
Sein bestes Geschäft machte Theo Müller allerdings, als er die sanierungsbedürftige ostdeutsche Sachsenmilch AG zu einem Spottpreis aufkaufte und zum größten Milchwerk Europas ausbaute.
Um das zu bewerkstelligen kassierte er damals 40 Mio. Euro EU-Investitionsbeihilfe und 31 Mio. Hilfsgelder aus einem Fond für ländliche Entwicklung.
Diese 71 Mio. Euro Fördermittel waren eigentlich für die Unterstützung von Kleinbetrieben gedacht und um neue Arbeitsplätzen zu schaffen.
Doch durch eine trickreiche Firmenumstrukturierung erlangte er die höhere Schlüsselzuweisung für Kleinbetriebe.
Es wurden zwar auch 148 neue Arbeitsplätze geschaffen, doch dass er gleichzeitig 2 andere Werke stilllegte und 165 Arbeitsplätze abbaute, wurde wohlweißlich verschwiegen.
Das ist ein eindeutiger Subventionsmissbrauch durch Zweckentfremdung von Staatsgeldern, wofür er aber nicht zur Rechenschaft gezogen wurde.
Sein Privatvermögen hat Theo Müller vorsichtshalber in die Schweiz gebracht, wo er mit seinen Söhnen den Wohnsitz in die Nähe von Zürich verlegte.
Vom deutschen Fiskus fühle er sich „enteignet und beraubt“ und eine 30-prozentige Erbschaftssteuer findet er nicht hinnehmbar.
Theo Müller hatte da schon immer seine eigene Philosophie und war auch in Skandalen um Baugenehmigungen, Umweltschutz und genmanipulierte Futtermittel verwickelt.

Wiederholungstäter:

Der Theo Müller Konzern ist jedenfalls ein gutes Beispiel, wie mit politischen Machtspielen und wirtschaftlicher Marktmacht demokratische Prinzipien ausgehebelt und strukturschwache Regionen gegeneinander ausgespielt werden.
Jetzt hat er genau den gleichen Trick wie damals noch einmal versucht, um 25 Mio. abzukassieren, was ihm fast gelungen wäre, wenn nicht die Gewerkschaft NGG protestiert und die CDU-Landtagsabgeordnete Gerda Hövel aus Melle die vorgesehenen 25 Mill. Fördermittel als Wettbewerbsverzerrung bezeichnet hätte.
Daraufhin gab es auf der Ebene der Staatssekretäre Gespräche und SPD-Staatsminister Martin Dulig erklärte daraufhin, dass der Freistaat Sachsen keine EU-Gelder, beziehungsweise rechtswidrige Beihilfen für die mögliche Ansiedlung von Homann in Leppersdorf gewährt habe und dies auch nicht beabsichtige.
Das ist zwar keine Garantie, da es immer wieder weitere Möglichkeiten und Machenschaften gibt, diese Aussagen zu umgehen oder andere Quellen anzuzapfen.
Jedenfalls kann man sehen was in Wahlkampfzeiten so alles bewirkt werden kann.

Machenschaften:

Besonders interessant ist ja nicht nur, dass wir mit unseren eigenen Steuergeldern solche Firmen subventionieren, die dann anschließend damit unsere Arbeitsplätze abbauen.
Sondern auch die Aussage, wir erhalten mehr EU-Gelder zurück, als wir als Staat in die Gemeinschaft einzahlen, muss man etwas genauer betrachten.
Der entscheidende Faktor ist, das wir zwar als Bürger über unsere Steuergelder die EU-Beiträge einzahlen, die Rückzahlungen aber als Fördergelder an die Wirtschaftsunternehmen gehen.
Außerdem werden in Wirklichkeit ja keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, sondern durch reine Umzugspolitik mit Rationalisierungseffekt abgebaut.
Auch wenn jetzt in diesem Fall keine Fördergelder fließen, so ist dies doch ein übliches Verfahren, was immer wieder erfolgreich angewandt wird.
Im Grunde genommen ist das der ganz normale Kapitalismus, wie ihn Nokia und Monheim mit ihrer unsozialen Umzugs- und Abwerbepolitik vorgemacht haben.
Erst kassieren und dann weiterziehen, oder auf Kosten anderer Regionen die Unternehmen durch günstige Gewerbesteuersätze anlocken.
Gesamtgesellschaftlich gesehen ist dies immer ein Minusgeschäft zugunsten der Unternehmer, denn wo es Gewinner gibt, gibt es auch immer Verlierer.

Fördermittel:

In unserem Fall wird sich Theo Müller, ob mit oder ohne Fördermittel mit Sicherheit im Freistaat Sachsen niederlassen, denn es locken auch billige Arbeitskräfte ohne Tarifverträge, die bis zu 400 Euro unter den üblichen Löhnen arbeiten.
Nach all den bekannten Methoden ist die Lernunfähigkeit der Städte und Bundesländer höchst erstaunlich, sich immer wieder untereinander ausspielen zu lassen.
Die Unternehmer haben ihre helle Freude daran und erhalten so preiswerte sanierte und erschlossene Flächen und Grundstücke und profitieren zusätzlich von gewährten Steuererleichterungen.
Das gleiche Prinzip finden wir auch auf den alten Industriebrachen vor, wo die kontaminierten Flächen der Großkonzerne mit aufwendigen Sanierungen auf Kosten der Steuerzahler wieder hergerichtet werden.
Das herrschende Finanz- und Wirtschaftssystem ist schon ein Schlaraffenland für das Kapital und hat mit Demokratie und Gerechtigkeit nicht das Geringste zutun.
Denn Unternehmer handeln einfach nach den Gesichtspunkten der höchstmöglichen Profitrate und da sind Zusammenlegungen und Schließungen nun einmal ein ganz normaler Vorgang.

Mitschuld:

Daher ist auch der scheinheilige und empörte Aufschrei aus Politik und Gewerkschaft zu den herrschenden Umständen einfach nur lächerlich und unglaubwürdig.
Denn es sind doch vor allen Dingen die beiden großen Parteien, die diesem „freiheitlich demokratischen“ Wirtschaftssystem dienen, was solche Auswüchse hervorbringt.
Die Regierungsparteien schaffen die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen,
damit die Ausbeutung der Arbeitskraft auch perfekt funktioniert.
Eine weitere große Mitschuld trifft natürlich auch die Gewerkschaften, denn sie haben damals die „Agenda 2010“ von Gerhard Schröder und seinen Helfern mit all ihren Ausartungen zugelassen und unterstützt.
Damit wurde das alleinige Entscheidungsrecht der Unternehmer bestätigt und die restlichen sozialen Bedingungen in der Arbeitswelt restlos zerstörte und die Menschen den Unternehmern schutzlos ausgelieferte.
Dadurch haben wir jetzt so eine riesige Anzahl von Konfliktfeldern, denen niemand mehr Herr wird, wie Subunternehmer, Leiharbeit, Werksverträge, Hartz4, Mindestlohn, Dumpinglöhne, Minijobber, Tariffreiheit, versicherungspflichtige Niedriglohnbereiche, befristete Arbeitsverhältnisse, Aufstocker und Arbeitslose.

Verändern:

Wenn wir in Zukunft sichere Arbeitsplätze, eine ausreichende Altersversorgung und eine Perspektive für unsere Kinder haben wollen, dann muss man diese Wirtschaftsordnung beseitigen.
Die Gewerkschaften im vereinten DGB könnten das sicherlich schaffen, doch sie haben leider kein Interesse daran, dieses Ausbeutungssystem abzuschaffen.
Sie haben zwar eine schlagkräftige Organisation, doch die Führungsebenen haben sich mit einer falschen Kompromisspolitik dem Wirtschaftssystem zu sehr angepasst.
Wenn wir jedoch diesem ungerechten System unsere Arbeitskraft entziehen würden, hätte sich das alles sehr schnell erledigt.
Denn in der Geschichte der Arbeiterbewegung war immer das Ziel der gewerkschaftlichen Interessensvertretung, dass die gesellschaftlich erarbeiteten Werte auch denen zugute kommen müssen, die sie geschaffen haben.
Doch solange diese Macht- und Besitzverhältnisse jedoch vorherrschen und das Privateigentum an den Produktionsmitteln nicht in Gemeineigentum überführt ist, wird sich da auch nichts grundsätzlich ändern.

Hilfe:

Die Unternehmer handeln immer nach den Gesichtspunkten der höchstmöglichen Profitrate und da sind Zusammenlegungen und Schließungen nun einmal ein ganz normaler Vorgang.
Dass man in einem falschen System keine richtigen Entscheidungen treffen kann, zeigt ganz einfach das Beispiel, wenn man selbst der Nutznießer wäre.
Wie würden sich denn unsere heimischen Politiker und Gewerkschafter verhalten, wenn der Müller Konzern alles nach Bottrop verlagert hätte und die anderen Standorte den Schwarzen Peter gezogen hätten?
Dabei haben die Beschäftigten von Nadler bereits in der Vergangenheit mit ständiger Salamitaktik einen Teil der Arbeitsplätze einbüßen müssen.
Da darf man echt gespannt sein, was die angekündigte Demonstration und die Ansprache zum 1 Mai, am Tag der Arbeit für die Betroffenen bringt.
Enttäuscht sein und nur Solidaritätsbekundungen und große Sprüche klopfen, bringen den von der Schließung bedrohten Mitarbeiter nämlich nichts, denn dafür können sie sich nichts kaufen.
Peinlich ist es nur, wenn die heimischen Politiker und Gewerkschafter die Machenschaften von Theo Müller mit Recht anprangern und verurteilen ohne etwas zu bewirken.
Denn im Grunde genommen beschwert man sich ja über sich selbst und die eigene verfehlte Wirtschaftspolitik.
Schöne Worte sichern keinen Arbeitsplatz, da muss Kritik schon in praktisches Handeln und handfest Zusagen und echte Hilfe umgesetzt werden.

Alternativen:

Ich will ja nicht nur berechtigte Kritik üben, sondern hätte da schon einige sehr nützlich Vorschläge, mit der man die Gesamtproblematik vorerst ganz gut lösen könnte, ohne großes gesellschaftliches Chaos zu verursachen.

Jedes Unternehmen ist verpflichtet, im Arbeitsvertrag die Vereinbarung zu garantieren, dass der zuletzt gezahlte Lohn oder das monatliche Gehalt bis zum Ableben seine Gültigkeit behält. Also eine Altersvorsorge wie es die Vorstände durch Rückstellungen in Millionenhöhe im Rahmen ihrer Ruhestands-Pensionen genießen.

Oder das gesellschaftlich erwirtschaftete Vermögen geht nicht an die Aktionäre, sondern fließt in die Staatskasse, damit von dort aus alle anstehenden Schwierigkeiten, wie z.B. auch die Rentenproblematik gelöst werden kann.

Oder die Arbeitgeber übernehmen zu 100 % sämtliche Sozialversicherungsbeiträge.
Also die Kranken- Arbeitslosen- Renten- und Pflegeversicherung.
Das würde keinen Unternehmer ärmer machen, sondern bei den ständig sinkenden Lohnkosten nur den durchschnittlichen Kostenfaktor Arbeit in der betriebswirtschaftlichen Kalkulation von 15 auf 20 % erhöhen.

Allein diese 3 Maßnahmen würden die Gestaltung unseres gesellschaftlichen Lebens völlig verändern und auf ein wesentlich verbessertes Niveau setzen.
Wir hätten auch mehr finanziellen Spielraum, um unsere Altersversorgung nach Bedarf noch etwas aufzustocken.
Damit wären zwar nicht alle Ungerechtigkeiten beseitigt, aber es sind sinnvolle und machbare Vorschläge über die man ja mal nachdenken könnte.

Autor:

Rolf Zydeck aus Bottrop

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