Hilfe für kranke Kinder in Rumänien

Nach Rumänien reisten Alfons Lakenberg (l.), Stifter der Stiftung für Menschen in Not, sowie Vorstand Herbert Schröer und trafen dort im Krankenhaus kranke Kinder und ihre Familien. Foto: privat | Foto: privat
  • Nach Rumänien reisten Alfons Lakenberg (l.), Stifter der Stiftung für Menschen in Not, sowie Vorstand Herbert Schröer und trafen dort im Krankenhaus kranke Kinder und ihre Familien. Foto: privat
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Eine viertägige Reise nach Rumänien unternahmen Alfons Lakenberg, Stifter der Stiftung für Menschen in Not, sowie Vorstand Herbert Schröer. Vor Ort trafen die beiden Adriana Tontsch, die sich für die Behandlung von Kindern mit Hydrozephalus einsetzt, und besuchten betroffene Kinder im Krankenhaus. Außerdem besichtigten Lakenberg und Schröer die von der Stiftung für Menschen in Not unterstützten Projekte der Czibeszstiftung und überprüften die Bedarfe an Türen, Fenster und anderen Holzbauteile für arme Familien in Nord-Ost-Rumänien. Über die komplette Reise hat Herbert Schröer diesen Bericht verfasst:

Tag 1

Treffen mit Adriana Tontsch, Gründerin, Aktivistin und Vorsitzende von HWKR. Wir erfahren von ihr, warum und wie sie an dem Thema rumänische „Hydrozephaluskinder“ arbeitet.
Im Mai 2004 ist eine Nonne an die gebürtige Rumänin, die seit 1986 in Deutschland lebt, herangetreten, die ein rumänisches Kind mit Hydrozephalus zum Gesprächsthema machte. Das Kind war zu diesem Zeitpunkt 10 Monate alt. Es ging darum, für dieses Kind eine Überlebenschance per Operation (ein Shunt einsetzen) zu finden. Adriana Tontsch schrieb viele soziale Organisationen mit der Bitte um Hilfe an. Keine Organisation half. Erst ein Zeitungsartikel mit dem Spendenaufruf „Marvins Leben kostet 12.000 €“ brachte Erfolg. Frau Tontsch hat die Eltern und Marvin nach Wien zur OP begleitet. Es hat geklappt.
Anschließend schrieb ein rumänisches, staatliches Kinderheim sie an: „Wir haben 6 Kinder, die ebenfalls operiert werden müssen!“ Ein rumänischer Arzt, später Professor Florian, kann operieren. Das staatliche Kinderheim hatte allerdings kein Geld für die OP. 3 Kinder wurden operiert. Nun ging es richtig los: Ein Landkreis 120 km nördlich von Bukarest bat um Hilfe für 50 Kinder. Ein Jahr später lagen Anfragen für 200 Kinder vor. Es wurden jetzt alle Jugendämter in Rumänien angeschrieben. Ergebnis: 800 Kinder sollten operiert werden.

Reisetagebuch Rumänien 29.Juli 2013
Fahrt zum Krankenhaus Marie „Skowalanska“ Curie. In diesem staatlichen Krankenhaus (einem von 8 in Rumänien) werden Wasserkopfkinder behandelt und operiert. Das Gesundheitssystem mit allen Einrichtungen ist staatlich.
Wir treffen hier die rumänische Vereins-Mitarbeiterin von Frau Tontsch, die ebenfalls an Spina Bifida erkrankte „Ranuca“, und John Dolan, irischer „Chief Executive Officer“ der Disability Federation of Ireland. Er arbeitet in der länderübergreifenden „Service provider“ Gesellschaft mit Frau Tontsch zusammen.
Ein erstes Thema ist aus aktuellem Anlass der Weggang von rumänischen Ärzten in andere Länder. Der Verdienst eines Arztes liegt in Rumänien bei ca. 400 €. Aktuell geht ein wichtiger Chirurg (auch für die Wasserkopfkinder), des Krankenhauses nach Saudi-Arabien. Im Krankenhaus herrscht reger Patientenverkehr, da es auch für die ambulante Versorgung zuständig ist. Alles ist ziemlich voll, die Räumlichkeiten wirken beengt.
Wir besuchen Kinder, die auf ihre Operation warten oder schon operiert sind.
Samuel: 7 Jahre, Spina bifida und Hydrochephalus. Er wird kurzfristig operiert. Die Op, die Behandlung bezahlt der Staat, die Ventile allerdings nicht!
Junges Mädchen, 10 Jahre, mit Brille und langen Haaren im Bett: Bei ihr gibt es Probleme mit dem Ventil, hat Kopfschmerzen. Sie wohnt ca. 400 km von Bukarest entfernt. Bei ihr gab es immer wieder Probleme mit diversen Ventilen. Oft ist es so, dass durch die Konsistenz der ablaufenden Flüssigkeit das Ventil verstopft. Die neueste Generation von Ventilen (aus Deutschland) löst weitestgehend das Problem.
Chefarzt Dr. Sebastian Aonesca (ein Urologe) bitte uns in sein (wunderbar) klimatisiertes Büro. Während es in den Mehrbettkrankenzimmern stickig heiß und schwül ist. Er berichtet von seinem multiprofessionellen Team, das die Arbeit mit den Kindern durchführt und verweist u.a. auf den Tatbestand, dass bei Spina-bifida-Kindern incl. Hydrozephalus (soweit dieser frühzeitig behandelt wird) nicht unbedingt eine Intelligenzminderung vorhanden ist. Ein weiteres Thema ist das Thema Inkontinenz der Patienten. Es werden Kurse durchgeführt, wie die Kinder am besten versorgt werden können.
Die Regierung nimmt minimale Investitionen in diesen Fragen für Erwachsene vor, für Kinder stehen keine Investmittel zur Verfügung. Die Operationen werden kostenfrei in den staatlichen Krankenhäusern (außer staatlichen gibt es zwar private, diese sind allerdings nicht erschwingliche Krankenhausdienstleitungen) durchgeführt. Ein Ventilkauf findet nicht statt. Ärzte operieren mittlerweile wie selbstverständlich. Viele Ärzte (überwiegend Neuchirurgen) sind Mitglied im rumänischen Verein von Frau Tontsch.
Denisa: 5 Jahre alt. Es gab bei ihr ein Problem mit dem Ventil, ebenfalls Konsistenzproblemaik. Wird eine Woche im Krankenhaus bleiben, erhält ein neues Ventil aus deutscher Herstellung, kauft Frau Tontsch ein. Die Op dauert 40 Minuten und wird in Vollnarkose ausgeführt.
Fazit: Gutes Engagement und entsprechende Fachlichkeit der Ärzte und Krankenhäuser ist mittlerweile dank der Vereinsarbeit vorhanden. Der Staat entzieht sich der Verantwortung für diese Kinder.

Tag 2
Besuch der Werkstätten der Csibesz-Stiftung
In einem älteren Hintergelände-Kleingewerbegebiet befinden sich einige Flachbauten in den sich die o.g. Einrichtungen befinden. Imre Columban, stellvertretender Vorsitzender unserer Stiftung, führt uns.
In einem großen Büro arbeitet die Verwaltungsangestellte, die bis auf die Kfz.-Werkstatt alle Verwaltungsarbeiten der Stiftung erledigt.
Näherei
Eine ganztägige Fachkraft, Elisabeth Tulid, erledigt Auftragsarbeiten, das Nähen von Fahnen, Aufträge der katholischen Kirche und mehr. Es gibt keine Eigenprodukte, die vermarktet werden. Es gab mal 20 Personen, jetzt wird viel in schulischer Ausbildung an beruflicher Qualifikation gelernt. Eine Person hilft ab und an aus. Sehr einfache und ältere Ausstattung.
Schreinerei
10 Personen arbeiten dauerhaft in der Schreinerei. Es gab früher mehr Arbeit, z.B. Staatsaufträge. Ein Schreiner verdient mtl. 900 bis 1.000 Lei = ca.250 €. Keine Azubis. Auch wg. der Problematik der verschulten Ausbildungen. Azubis erhalten keinen Lohn. Maschinenausstattung in Ordnung, Qualität der gesehenen Produkte wie z.B. Fenster für verarmte Menschen in und um Racaciuni ebenfalls. Keine Hobelbänke, keine Werkzeugschränke…? Nicht mit einer deutschen Schreinerei zu vergleichen
Seitens der Stiftung „Aktionen – Stiftung für Menschen in Not“ sind keine unterstützenden Gelder in diese Werkstätten geflossen. Die Schreinerei wird nach Vorlage entsprechender Kostenvoranschläge beauftragt, für verarmte Menschen in und um Racaciuni Türen, Fenster und Mobiliar zu bauen.
Kfz.-Werkstatt
Das Problem der Werkstatt ist die schlechte Auftragslage. Als Gründe führt der Leiter der Werkstatt, Laslo Rusz, die Wirtschaftskrise und die schlechte Lkw-Situation vor Ort an. Daher werden jetzt verstärkt Pkw-Besitzer umworben. Waren es in der Anfangsphase der Werkstatt noch 10 Handwerker, sind es jetzt nur 4, plus 1 Bürokraft und eine Leitung, die von Laslo Rusz wahrgenommen wird. 11 Lehrlinge werden ausgebildet, wobei der Schwerpunkt der Ausbildung leider in den Schulen liegt.
Lehrlinge sind zwischen 14 und 18 Jahre alt und erhalten kein Geld. Für sie gibt es nach der Ausbildung nicht unbedingt Arbeit. Viele Kfz-Werkstätten gehen in die Insolvenz. Junge ausgebildete Leute gehen oft ins Ausland.
Wir besprachen mit Herrn Rusz, wie die Situation durch z.B. mehr und andere Werbung verbessert werden kann. Auch sagten wir ihm zu, dass wir mit dem Vorstand, Herrn Columban, über diese Situation sprechen werden. Der Vorstand ist bei der Werkstatt ebenfalls in der Verantwortung. Es fehlt ein schlüssiges Werbekonzept und ein Konzept für einen hohen Qualitätsstandard der Werkstatt, der auch nach außen getragen werden muss.
Besuch von Kinder- und Jugendeinrichtungen der Czibeszstiftung
Im Dorf Csurnorthan wurde ein Haus für Kinder renoviert: 21.000 € übernahm Renovabis, (Kath. Hilfsorganisation), davon zahlte 5.000 € unsere Stiftung. 19 Kinder in 2 Häusern.
Im Lakenberghaus in Miercurea leben 10 Kinder familienähnlich. Es wurde 1996 mit Hilfe unserer Stiftung umgebaut und renoviert. Frau Angela, als im Haus wohnende Erzieherin, ist die Seele des Hauses. Darüber hinaus gibt es eine weitere Erzieherin und eine Köchin in Teilzeit. Wir bleiben einige Stunden bei den Kindern, um deren Alltag ein wenig kennen zu lernen. Peter, ein junger Mann mit einer besonderen Fähigkeit, stellte uns seine Werke vor.
Auf großen Leinwänden mit Bleistift gezeichnete Großbauten, detailgetreu nach Originalen oder aus der eigenen Phantasie entworfen. Ein leider einseitiges, aber trotzdem ein Supertalent. Er ist 24 Jahre alt, besuchte nur die achtklassige Schule. Alle Berufseingliederungsversuche sind bisher gescheitert.

Tag 3
Fahrt zur Gemeinde Racaciuni, genauer gesagt zum Ort Ciucani gemeinsam mit Imre und Alfons, auf zum Teil sehr einfachen Straßen durchs Gebirge nach Bacau und danach ein Stückchen südlicher. Auffallend sind die vielen Pferdewagen, ein- oder zweispännig, bzw. auch Ochsenwagen haben wir gesehen. Es gibt viele Kleinstlandwirte.
Hier wollen wir uns Hütten, z.T. aus Lehm (!) von Familien ansehen, die sehr arm sind und von Herrn Columban und einer Sozialarbeiterin der Kommune ausgesucht worden sind. Sie sollen neue Fenster, Türen und z.T. auch Holzmöbel und Fußböden erhalten. Uns lag eine Liste mit Fotos der vorgeschlagenen Maßnahmen vor, die wir uns alle kontrollierend ansehen wollen. Es ging dabei um 9 Hütten, in denen arme Familien leben.
Hier 2 Beispiele: Eine Familie verfügt über eine marode Hütte, besitzt eine Kuh und ein Wagen mit Pferd. Sie hat 2 gesunde und ein krankes/behindertes Kind. Bei dem letztgenannten Kind war trotz mehrmaliger Arztbesuche nicht klar welche Krankheit das Kind hat. Medikamente gab es. Die ganze Hütte war in einem verdreckten, verwahrlosten Zustand. Essenreste, alte unsaubere Kleidung, verdecktes Geschirr waren in der Wohnung verstreut. Die Eltern machten den Eindruck der Überforderung. Die Familie erhält einige Holzbauteile, die allerdings nicht die grundlegenden Probleme lösen, aber trotzdem notwendig sind.
Eine andere Familie hat 9 Kinder. Der Vater arbeitet zeitweise am Bau. Zurzeit hat er Rückenprobleme. Die Kinder machten einen aufgeweckten und netten Eindruck. Auch die Eltern schienen verbal gut drauf zu sein. Die Eindrücke in und um der Hütte waren genauso chaotisch und verdreckt wie im letzten Beispiel. Fließendes Wasser gibt es nicht. Neben den Holzbauteilen wird dafür gesorgt werden, dass ein Brunnen gebohrt wird.
Beide Beispiele machen deutlich, dass unsere Hilfe hier am richtigen Platz ist, ohne einen Anspruch auf absoluter Veränderung der Lebensverhältnisse zu haben.

Tag 4
Rückreise, Ziele und Fazit
Die Reisekosten wurden privat und nicht aus Spendengeldern finanziert!
Ziele der Reise:
- Kontakt mit Frau Tontsch, um uns von der Notwendigkeit unserer Hilfe für die Kinder mit Hydrozephalus vor Ort zu überzeugen.
Fazit: Frau Tontsch hat eine umfangreiche, bewundernswerte Aufbauarbeit für Kinder mit „Hydrocephalus“ geleistet.
- Sie hat Ärzte und Krankenhäuser davon überzeugt, dass die notwendigen Operationen kostenfrei (ohne Ventil) durchgeführt werden
- Eltern und Betroffene vertrauen ihr.
- Sie knüpfte internationale Kontakte, um auf das Problem dieser Kinder aufmerksam zu machen und um Spendenmittel für Ventile einzuwerben.
- Hat bisher eine Menge an Spenden zum Kauf der Ventile und der allgemeinen Arbeit mit diesem Personenkreis akquiriert
- Benötigt für 2014 Spenden für Ventile.
War überwiegend überzeugend: Unterstützung ist empfehlenswert
Ziel der Reise:
- Sich über den Stand der Aktivitäten z.B. in der Kfz-Werkstatt und der Csibeszstiftung zu informieren.
Fazit: Die Kinder- und Jugendhäuser sind überwiegend in einem guten Zustand. Der Eindruck ist, dass hier gute Arbeit im Sinne der Kinder geleistet wird. Die finanzielle Ausstattung scheint ebenfalls gut zu sein.
Perspektive der Werkstatt muss verbessert werden. Dem Vorstand ist seine Verantwortung dargelegt worden. Dieser will aktiv werden. Wir werden die Entwicklung im Auge behalten.
Ziel der Reise:
Kontrolle der geplanten Maßnahme der Versorgung von armen Menschen mit Holzbauteilen in Ciucani.
Fazit: Die gesamten Aktionen sind eine gute Sache und sollten fortgesetzt werden.
Sie sind ein Gewinn im doppelten Sinne:
- Arbeit für die Menschen der Schreinerei
- Notwendige und zielgerichtete Hilfen für besonders arme Menschen
Empfehlung: Weiter fortführen.

Autor:

Lokalkompass Castrop-Rauxel aus Castrop-Rauxel

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