Südwestfalens Industrielandschaft – eine digitale Wüste?

Am 10. Juni 2015 erfuhren bereits rund 70 interessierte Unternehmen im Rahmen eines Orientierungsworkshops bei der Busch Jaeger Elektro GmbH in Lüdenscheid wie ihr Unternehmen im Online-Test abgeschnitten hat.
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5.000 Unternehmen im Vergleich: Erster branchenübergreifender Online-Monitor von eBusiness-Lotse Südwestfalen-Hagen und wisnet e.V.

Der eBusiness-Lotse Südwestfalen-Hagen und das Kompetenznetzwerk wisnet haben die Industrie der Region hinsichtlich ihrer Digitalisierungsstrategie durchleuchtet: Unter der Fragestellung “Wo steht der Mittelstand zwischen Web 2.0 und Industrie 4.0″ wurden in einem ersten Online-Monitor 5.000 Unternehmens-Webseiten aus dem Großraum Südwestfalen verglichen und analysiert. Auch wenn die TOP Unternehmen über 300 Mal besser abschneiden als das Durchschnittsunternehmen macht die Studie deutlich, dass bei der heimischen Industrie ein großer Nachholbedarf im Bereich Online-Marketing besteht. Im Ergebnis hat die Elektro-Branche die Nase vorn – die Metallbranche dagegen scheint sich im „Online-Zölibat“ zu befinden. Und für den b2b-Einkäufer gibt es in Südwestfalen fast gar nichts zu finden!

Am 10. Juni 2015 erfuhren bereits rund 70 interessierte Unternehmen im Rahmen eines Orientierungsworkshops bei der Busch Jaeger Elektro GmbH in Lüdenscheid wie ihr Unternehmen im Online-Test abgeschnitten hat. Unternehmen, die ebenfalls Interesse an ihren Ergebnissen und/oder einer Förderung (z.B. BMWi-Beratungsgutscheine go digital, go-Inno, Potenzialberatung) haben, können sich per Mail an studie@elotsen.dewenden.

Rund 70% der b2b-Entscheider beginnen ihre Lieferantensuche im Web. Bei über der Hälfte der Einkäufer geht es darum, Lieferanten zu identifizieren und die Webseiten der Lieferanten sind der wichtigste Grund für ihre Anfrage bzw. Kontaktaufnahme. Für die Masse der 4.942 analysierten Industrieadressen aus Südwestfalen scheint das aber keine Rolle im Geschäftsmodell zu spielen. Um es mit dem Slogan der Region zu sagen: „Alles echt – nicht auffindbar“. Untersucht wurde das Verarbeitende Gewerbe aus dem Raum Märkischer Kreis, Ennepe-Ruhr Kreis, Oberbergischer Kreis, Hochsauerlandkreis, Kreis Olpe, Kreis Siegen-Wittgenstein und der Stadt Hagen. Das typische Industrieunternehmen aus Südwestfalen ist um den Faktor 327 schlechter als die Top 100 Unternehmen.

„Die digitale Unsichtbarkeit der stärksten Industrieregion Deutschlands wirft ein ganz neues Licht auf den Begriff ´Hidden Champion`. Wenn man unsichtbar so erfolgreich ist und jetzt noch die Sichtbarkeit für Einkäufer erhöht, muss die A45 8-spurig werden.“, so eBusiness-Lotse Prof. Dr. Peter Vieregge, dem Autor der Studie. Der Wirtschaftswissenschaftler ist Geschäftsführer des Forschungsinstituts für Regional- und Wissensmanagement und Dozent für Gründungsmanagement an der privaten Business and Information Technology School in Iserlohn.

Unter den 4.942 analysierten Industrieadressen weisen 3.357 messbare Werte auf, die eine gewisse Marktreichweite im Web signalisieren. Dies bedeutet auch, dass rund ein Drittel der Unternehmen keine Webseite hat, technische Probleme aufweist oder nur sehr schlecht mit gängigen Suchbegriffen zu finden ist. Den höchsten Anteil an TOP-Unternehmen stellt die Elektro-Branche. Sowohl in der absoluten Anzahl unter den Top 100, wie auch als Anteil der Branche ist hier eine Besonderheit zu erkennen: Unter die Kategorie fallen einige Unternehmen, die Gebäude bzw. Haushalte technisch ausstatten. Auch insgesamt ist festzustellen, dass unter den Top 100 Unternehmen – neben Konzernteilen, die in der Region ansässig sind – viele Unternehmen gute Werte erreichen, die Produkte produzieren, die eine Nähe zum Konsumenten haben. Einige Webseiten sind wie Händlerseiten gestaltet und nur über den Firmennamen und dessen Handelsregistereintrag wird sichtbar, dass es sich um einen Produzenten mit neuem Geschäftsmodell handelt. Da die Metallbranche viele Unternehmen umfasst und diese insgesamt schlecht abschneiden ist hier die regionale Problembranche auszumachen: Der Metallsektor lebt im „Online-Zölibat“.

Viele Unternehmen fragen sich auch, ob und wofür sie Social Media einsetzen sollen. Diese Frage haben zumindest die TOP-Unternehmen für sich positiv beantwortet. Man spricht auch davon, dass Unternehmen „social signals“ aus der Social Media Welt erhalten und senden. In Facebook verkauft man keine Kunststoffrohre oder Stahlträger? In Südwestfalen haben Unternehmen festgestellt, dass Serviceanfragen aus dem Ausland teilweise über Facebook einliefen, da dies der Kanal war, über den das Unternehmen leichter zu erreichen ist. Rund zwei Drittel der potentiellen Bewerber sucht eine neue Stelle zunächst in Stellenbörsen, danach folgt die Webseite des Unternehmens etwa auf einem Niveau mit der Social-Media Seite Xing. Man kann davon ausgehen, dass nach Stellenbörsen und nach Xing der Besuch der Unternehmenswebseite bei allen Bewerbern im zweiten Schritt erfolgt.

Der Ausgangspunkt für den Erfolg liegt aber nicht im Internet, sondern in der Strategie und dem Geschäftsmodell eines Unternehmens. Industrie 4.0, Web 2.0, Social Media, digitale Transformation, „Internet der Dinge“, Mobile, APP usw. – Unternehmen sollten wissen, was hinter diesen Schlagworten steckt und diese in Chancen für das eigene Unternehmen und das Geschäftsmodell übersetzen.

Die Elektrifizierung der gewerblichen Strukturen ab 1885 in Südwestfalen ist ein Vorgang, der mit der Digitalisierung vergleichbar ist. Licht und Kraft war plötzlich überall verfügbar, Wasserkraft nicht mehr nötig, neue Industrien, wie die Lichtindustrie, entstanden. Es wurden neue Geschäftsmodelle und Produktionsprozesse möglich. Die Digitalisierung macht die Erzeugung und Nutzung von Informationen möglich, überall. Die Industrieunternehmen in Südwestfalen werden sich in Zukunft viel stärker mit der Erzeugung, Analyse und Verwertung von Produktions- und Marktdaten beschäftigen. Es ist eben wichtig zu wissen, dass „lieferant schraube“ in Google nicht gesucht wird, „lieferant schrauben“ 10 Mal im Monat gesucht wird und „selbstsichernde schrauben“ 170 Mal im Monat.

Es gibt keine Patentrezepte, nur individuelle Strategien. Gerne hilft der eBusiness-Lotse da weiter. In einem ersten Schritt konnten rund 70 Unternehmensvertreter im Rahmen des Expertenwissen Workshops “Online Monitor: Industrie Südwestfalen – 5.000 Unternehmen im Vergleich“ am 10. Juni 2015 beim Gastgeber Busch Jaeger Elektro GmbH in Lüdenscheid erfahren, wie z.B. ihr Unternehmen im Online-Test abgeschnitten hat. Vorgestellt und lebhaft diskutiert wurden die detaillierten Ergebnisse für das jeweilige Unternehmen. Außerdem konnten sie sich über eine mögliche Förderung für die persönliche Digitalisierungsstrategie informieren.

Haben auch Sie Interesse an den Ergebnissen für Ihr Unternehmen und an einer Förderung (z.B. BMWi-Beratungsgutscheine go digital, go-Inno, Potenzialberatung)? Kontaktieren Sie uns per Mail an studie@elotsen.de, wir nehmen dann gern Kontakt mit Ihnen auf.

Der eBusiness-Lotse Südwestfalen-Hagen ist Teil der Förderinitiative „eKompetenz-Netzwerk für Unternehmen“, die im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mittelstand Digital – IKT-Anwendungen in der Wirtschaft“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert wird. Der Förderschwerpunkt unterstützt gezielt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie das Handwerk bei der Entwicklung und Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Mittelstand-Digital setzt sich zusammen aus den Förderinitiativen „eKompetenz-Netzwerk für Unternehmen“ mit 38 eBusiness-Lotsen, „eStandards: Geschäftsprozesse standardisieren, Erfolg sichern“ mit etwa 11 Förderprojekten und „Einfach intuitiv – Usability für den Mittelstand“ mit zurzeit 10 Förderprojekten. Weitere Infos finden Sie unter www.mittelstand-digital.de. Träger des regionalen eBusiness-Lotsen ist die Hagener Wirtschaftsförderung (HAGENagentur GmbH), in Kooperation mit dem wisnet e.V. und Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft der Region, siehe www.elotsen.de.

Autor:

Christiane Göttert aus Hagen

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