Rock in Rheinkultur: De Drömmelköppe

Abhotten bis der Köbes kollabiert: Sebi, Marco, Paddy und Domme orientieren sich eher am Kölschrock von „Kasalla“ als am Veedelssingsang der „Bläck Föös“.
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  • Abhotten bis der Köbes kollabiert: Sebi, Marco, Paddy und Domme orientieren sich eher am Kölschrock von „Kasalla“ als am Veedelssingsang der „Bläck Föös“.
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Als die Kabarettisten Jürgen Becker und Rüdiger Hoffmann gemeinsam auf Tournee gingen, wählten sie das Motto „et is Scheiße, aber es geht“. In Boele setzt sich der ewig junge Kulturkampf zwischen Westfalen und Rheinländern fort. Köln, so scheint es, hat gewonnen.

Dabei dürfte der Bandname eher einem sauerländisch gefärbten Idiom zu entstammen. Drömmel hat nämlich nichts mit dem „Drömmelsche“ zu tun, bei dessen Klang alle parat stehen, wie es in der klassischen Karnevalsweise heißt. Eher geht es ums dumm aus der Wäsche gucken. Drömmelig dreinschauen eben. Oder heißt es bedrömmelt?
Diesen Eindruck, gesteht Patrick Gereke, mag man damals von ihm gewonnen haben. Fünf Jahre ist es her, dass er mit einigen befreundeten Musikern Oberloßrock Christopher Petermann ein selbst geschriebenes Ständchen gewidmet hatte. Ans Niveau von Musik und Text hegt er keine sonderlich positiven Erinnerungen. Gleichwohl kam der Vortrag sehr gut an. So gut, dass die noch namenlose Truppe von der kompletten Boeler Narretei mit einem abendfüllenden Programm beauftragt wurde. Da kann man schon mal sparsam gucken.
Was auch immer sich Westfalen und Rheinländer gegenseitig vorwerfen, Feigheit gehört nicht dazu. Karnevalistenehre: Nicht kneifen, nur weil es gesellig zu werden droht! Auch was das Repertoire betrifft, kamen keine Schwachheiten auf. „Kölsche Lieder! Was denn sonst?“ Gereke, in Leverkusen geboren und als pubertierender Anhänger der Bertriebssportgruppe eines Pharmazieunternehmens in Adenauers Sibirien, respektive die östliche Diaspora, verschleppt, musste keinen missionarischen Eifer entwickeln. Wäre aber wohl auch kein Problem gewesen, derlei gehört bekanntlich zur charakterlichen Standardausstattung seines Menschenschlages. „Karneval ist Köln und was da gesungen wird kennt jeder“, stellt er fest. Das ist empirisch belegt und muss darum unwidersprochen bleiben.
Entwicklungs- in Form von Übersetzungshilfe war dann hier und da doch vonnöten, etwa bei dieser Textzeile: „Echte Fründe ston zesamme su wie eine Jott un Pott.“ Der Hagener, weiß der Mundartexperte, denke da schnell (und falsch!) an sanitäre Einrichtungen. Da es nichts Gutes gibt, es sei denn man tut was, sammelte die vor drei Jahren zum Quartett erweiterte Formation Bühnenerfahrung, wo immer es ging, verdingte sich als größtenteils beschäftigungslose Tusch-Kapelle im trostlosen Karneval einer Nachbarstadt (Ortsname wird auf Anfrage vertraulich mitgeteilt), überzeugte bei Brauchtumsveranstaltungen im Niederbergischen und träumte insgeheim doch vom Durchbruch im Gürzenich. „Aber warum denn immer Köln?“, fragt der westfälische Drummer Marco Bötzel. „Bei unserem Zug in Boele ist die Stimmung genauso gut. Auf jeden Fall ist es hier geiler als in Mainz.“
Neben der Live-Credibility tat sich auch musikalisch einiges. Nichts gegen den behaglichen Schunkel-Sound! Aber mit E-Bass und verstärkter Gitarre geht die Reise Richtung „Brings!“ und „Kasalla“, die Gereke besonders schätzt. Rheinisch gefärbt bleibt sein Gesang, auch wenn er manchmal mit Erschrecken zur Kenntnis nehmen muss, dass sich etwa seine in Hürth lebende Schwester noch mal ganz anders anhört. „Oder meine Oma“, denkt der Blondschopf laut, „wenn die sagt ,häßde mol en Zijarettsche‘...“ Dann schaut er auf eine Weise gerührt, für die jenseits des Deilbachs Geborenen über kein Sensorium verfügen.
Was macht denn nun das Mirakel des kölsch vorgetragenen Liedes aus? Warum muss da (fast) jeder mit, obwohl er ganz bestimmt kein Jeck ist? Wenn das einer wissen müsste, dann doch wohl Patrick Gereke! „Ich kann es nicht erklären“, bekennt er und seine Augen umspielt wieder dieser verklärte Ausdruck. „Ich liebe diese Stadt. Ich kann ihr nicht böse sein. Köln hat etwas, das einen alles verzeihen lässt. Selbst eine schrottige U-Bahn.“
Er muss ja nicht am Sülzgürtel wohnen oder im (brech-)reizvollen Chorweiler. Westfalen hat schließlich auch sein Vorzüge. Nicht zuletzt stehen seine Bewohner auf die Mucke vom Rhein.
Das geht. Und Scheiße ist es auch nicht!

Das Konzert
Fünf Jahre „de Drömmelköppe“ wird am Samstag, 19. September, gefeiert.
Die Loßröcke wissen, was sie an ihrer Band haben und lassen sie im Zelt an der Malmkestraße auftreten.
Neben den Klassikern aus dem Karneval der Rheinmetropole präsentiert das Quartett erstmals auch selbst geschriebene Lieder.
Die sollten eigentlich während einer Klausur in der Eifel fertig werden, sind aber noch im Entstehen und tragen klangvolle Titel wie „Hück jomma rus“ aber auch „Loss ma heim jonn“.
Der Eintritt zum Konzert ist frei, Gäste sollten aber eine Spende für das Kinderhospiz „Sternentreppe“ einplanen.
Die Jungs sind zu bescheiden, um diesen Wunsch selbst zu äußern, daher bittet die Stadtanzeiger-Redaktion: Trinkt ein Gläschen Kölsch mit, dann lohnt sich ein größeres Fass.

Abhotten bis der Köbes kollabiert: Sebi, Marco, Paddy und Domme orientieren sich eher am Kölschrock von „Kasalla“ als am Veedelssingsang der „Bläck Föös“.
Boel(l)e alaaf! Im Zelt der Loßröcke steigt am 19. September das Jubiläumskonzert. Paddy (l.) und Marco zeigen schon mal typische Handbewegungen.
Autor:

Henrik Stan aus Hagen

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