Michael Esken: "Aus Bauchgefühl zurück zu den familiären Wurzeln"

Michael Esken | Foto: Stadt

Man sah Hemers sonst so souveränen Bürgermeister Michael Esken die innere Aufgewühltheit und die emotionale Achterbahnfahrt deutlich an. Als er am Mittwochabend der versammelten Presse seine Beweggründe für den bevorstehenden Weggang aus der Felsenmeerstadt erläuterte, musste er immer wieder schlucken und auch feuchte Augen konnte man beobachten.

"Es war seit langem mal wieder eine Entscheidung aus einem Bauchgefühl heraus", bekannte Michael Esken, "ich habe mich einfach dafür entschieden, weil sich mir plötzlich die Chance bot, nach 14 Jahren zurück zu meinen familiären Wurzeln zu gehen." Bei allen anderen Angeboten, die zuvor an ihn herangetragen worden seien, sei es ihm stets leicht gefallen, diese abzulehnen. "Schließlich habe ich mich hier in Hemer stets pudelwohl gefühlt." Als jetzt jedoch der CDU-Vorsitzende des ostwestfälischen Verl, Eskens Heimatgemeinde, überraschend an ihn herangetreten sei und gefragt habe, ob er sich vorstellen könne, die Nachfolge des nicht mehr kandidierenden Amtsinhabers Paul Hermreck anzutreten, habe sich für einen kurzen Moment eine Tür einen Spalt weit geöffnet und er habe beschlossen hindurchzuschlüpfen, bevor sie sich auf ewig verschließe. "Für mich als christlichen Menschen ist die Familie das höchste Gut und daher ist dies eine einmalige Chance, meiner Frau und meinen Kindern etwas zurückzugeben." In Verl gehen Eskens Töchter zu Schule und seine Frau Dr. Maria Esken betreibt dort ihre Praxis.

"Ob Sie es glauben oder nicht,
auch ein Michael Esken hat einen weichen Kern"

Der erste informelle Anruf vom Verler CDU-Vorsitzenden habe ihn am 31. Dezember 2014 im Urlaub auf der Skipiste erreicht. Doch da sei eine Kandidatur für Esken überhaupt kein Thema gewesen, zumal die Verler Christdemokraten kurz darauf mit Kämmerer Matthias Möllers scheinbar bereits einen idealen Kandidaten gefunden hatten. Als dieser dann aber plötzlich wieder absprang, kam am Freitag, 16. Januar, der nächste Anruf vom dortigen CDU-Vorsitzenden Matthias Humpert: "Michael, wir müssen nochmal reden". Am vergangenen Sonntag weilte Hemers Bürgermeister zunächst zu einem "Nasenfaktor"- Kennenlerngespräch in Ostwestfalen, bevor am Dienstag dann die Gespräche intensiv weitergeführt wurden und nach Rücksprache mit seiner Familie dann die Entscheidung fiel.

"Ich bin Profi"

Doch wie geht es jetzt in Hemer weiter? "Ich will gar nicht erst den Eindruck vermitteln, dass ich hier bereits weg bin", so Michael Esken dann wieder ganz "Profi", "spätestens am Wochenende bei den Haushaltsberatungen mit der Hemeraner CDU beginnt wieder die Arbeit". Es stehe auch überhaupt noch nicht fest, wann er als Bürgermeister von seinem Mandat zurücktrete. "Ich alleine entscheide in Abstimmung mit meiner Partei, wann und wie ich zurücktrete." Fest steht bislang nur, dass den Hemeranern und Hemeranerinnen nach dem Esken-Rücktritt binnen sechs Monaten der nächste Urnengang bevorsteht. "Spätestens wäre das dann im April 2016", erläuterte Esken. Bliebe abschließend noch die Frage, was passiert, wenn sich die Verler am 13. September wider Erwarten für einen anderen Bürgermeister entscheiden. "Ich gehe nicht davon aus, dass ich verlieren kann. Deshalb gibt es dazu auch keinen Plan B."
Und da ist er schon wieder, der selbstsichere und anpackende Michael Esken.

Nachfolgend die offzielle Mitteilung von Michael Esken an die Hemeraner und Hemeranerinnen:

"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

schlaflose Nächte kenne ich eigentlich gar nicht. Fast nichts hat mich seit meinem Amtsantritt im Jahr 2003 um den Schlaf gebracht: Kein Jugend- und Kulturzentrum, kein Haushaltssicherungskonzept, keine Landesgartenschau, sieht man einmal von dem ersten Entwurf des Jübergturms ab. Das hat sich in der vergangenen Woche grundlegend geändert, denn meine Familie und ich mussten einen lebenswichtigen Entschluss treffen: Ich werde vielleicht nach einer Wahl im September diesen Jahres von Hemer in die Stadt Verl (Kreis Gütersloh) wechseln.

Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals eine schwerere Entscheidung getroffen zu haben. Aber dieser Schritt, und das wissen wir alle, musste irgendwann einmal auf mich zukommen. Es gibt Momente im Leben, die sich als einmalige Chancen entpuppen. Es sind die Momente, in denen sich eine Tür nur einen Spalt öffnet, und wenn wir nicht hindurchschlüpfen, verschließt sie sich auf ewig. Der CDU-Vorstand im ostwestfälischen Verl hat mich gestern Abend einstimmig als ihren Bürgermeisterkandidaten nominiert. Und ja, ich möchte diese einmalige Gelegenheit nutzen, und mich in der Stadt, in der ich zur Grundschule und zum Gymnasium gegangen bin, in der ich aufgewachsen bin, in der ich als Gruppenleiter der Kolpingsfamilie arbeiten durfte, in der ich über 12 Jahre im Rat saß und in der meine Mutter und Geschwister leben als Bürgermeisterkandidat zur Wahl stellen.

Ich wünsche mir von Herzen, dass ich mit dieser Entscheidung niemandem vor den Kopf stoße, vielmehr erhoffe ich mir Ihr Verständnis. In Verl gehen meine beiden Töchter zur Schule und arbeitet meine Frau. Seit 12 Jahren hier in Hemer erfahre ich durch meine Familie größte Unterstützung in meinem Beruf. Es ist nun für mich als christlicher Mensch, dem Familie das höchste Gut ist, an der Zeit, meiner Frau und meinen Kindern etwas zurückzugeben und ihnen wenn möglich und die Bürgerinnen und Bürger mich wählen nach Verl zu folgen.

Liebe Hemeranerinnen und Hemeraner, diese Entscheidung habe ich seit Sonntagabend dieser Woche in den sehr kurzen Nächten wohl durchdacht, immer wieder abgewogen und keineswegs lange vor mir hergeschoben. Erst mit dem Jahreswechsel habe ich im Urlaub erfahren, dass Verls amtierender Bürgermeister Paul Hermreck nicht mehr kandidieren wird. In den vergangenen Tagen ist dann die CDU Verl an mich herangetreten und hat mich überzeugt, mich der Bürgermeisterwahl am 13. September 2015 zu stellen.

Meine sehr geehrten Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich habe bereits erwähnt, dass es die fast schwerste Entscheidung meines Lebens ist, Hemer evt. zu verlassen. Gemeinsam haben wir in elfeinhalb Jahren so vieles erreicht. Ich liebe diese Stadt, ich liebe diese tollen Menschen in Hemer. Ihnen allen möchte ich aus tiefstem Herzen Danke sagen. Ohne starke Bürger kann es keinen starken Bürgermeister geben. Ohne Sie alle wäre ich auch nicht in der Lage gewesen, die Geschicke unserer Stadt mit zu lenken. Ohne Sie hätte sich diese jetzt anstehende Chance mit all ihren Herausforderungen wahrscheinlich auch nie ergeben. Ein besonderer Dank gilt natürlich auch der CDU in Hemer, den Fraktionsmitgliedern, dem CDU-Vorstand und dem ganzen CDU-Team, denn ohne die Unterstützung aus der Partei heraus wäre vieles einfach nicht möglich gewesen.

Bitte akzeptieren Sie, dass ich mich für die Familie entschieden habe. Ich hoffe, dass die Verler Bürgerinnen und Bürger mich willkommen heißen werden."

Ich bleibe
Ihr
Michael Esken

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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