Auf der Arcaden-Baustelle wurden zahlreiche Fundstücke zutage gefördert

Arno Strassmann zeigt auf die Ausgrabungsstelle, wo damals das Gerberviertel stand. Foto: Max Rolke
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Die Arbeiten an der Arcaden-Großbaustelle im Herzen Recklinghausens bringen Ungeahntes ans Tageslicht: Massen von Objekten wie Knochen, Krüge und Metallteile aus dem Mittelalter lassen die Geschichte wieder zum Leben erwachen. Sogar Experten sind über die Anzahl der Objekte erstaunt.

„Ich war sehr überrascht, so viel zu finden“, erzählt Arno Strassmann. Er ist Boden- und Denkmalbeauftragter der Stadt Recklinghausen und meint damit die Funde, die er im Bereich der Arcaden-Baustelle am Kaiserwall ausgegraben hat. „Das war natürlich keine sehr angenehme Arbeit auf der Baustelle. Vor allem weil ich zu der Zeit einen Hexenschuss hatte“, lacht er.

Doch es hat sich gelohnt, abends, nachdem die Bauarbeiter die Grube verlassen hatten, sich an die Arbeit zu machen, Schlamm und Schutt beiseite zu räumen und Stück für Stück verschiedenste Objekte aus den alten Brunnen zu holen. Heute steht Arno Strassmann vor der Vitrine im Foyer des Arcaden-Showrooms des Projektentwicklers mfi am Kaiserwall und zeigt auf die Krüge, Knochen und gefundenen Münzen: „Diese Vitrine habe ich im Oktober 2012 zusammengestellt, kurz nachdem wir die ganzen Objekte aus einem Brunnen geholt hatten. Die ältesten Fundstücke, wie zum Beispiel die gut erhaltenen Keramik- und Tonkrüge, stammen aus der Zeit um das frühe 13. Jahrhundert.“

Die Brunnen selbst waren allerdings nicht die bekannten Wasserbrunnen, sondern es handelt sich bei den Kastenbrunnen um einen Ort, in dem die Gerber ihr Leder verarbeiteten und hängen ließen. „Die Metallstücke, die hier zu sehen sind, sind Haken oder Aufhängungsvorrichtungen, an denen dann das Leder hing. Außerdem habe ich so viele Knochenteile gefunden, dass ich ein ganzes Rind damit nachbauen könnte“, erklärt Arno Strassmann lächelnd. Im Vorfeld war schon mit solchen Funden zu rechnen, denn es war bekannt, dass im Mittelalter an der Stelle ein Gerberviertel lag. Doch dass so viele Objekte gefunden wurden, verblüffte den Experten doch.

Darunter waren auch einige Stücke, die Verwunderungen hervorriefen. So entdeckten die Bauarbeiter einen Grabstein. Allerdings war an der Stelle gar kein Friedhof. Arno Strassmann konnte das Mysterium dann aufklären: „Der Name auf dem Grabstein lässt auf eine Frau schließen, die im Alter von 23 Jahren regulär beerdigt wurde. Allerdings läuft ja irgendwann die Berechtigung zur Nutzung einer Grabesstätte aus. Die Familie holte den Grabstein danach zu sich nach Hause, um ein Andenken zu haben. Und so landete der Grabstein im Gerberviertel.“

Aus vielen anderen Funden lässt sich auch der Lebenswandel der Bewohner unserer mittelalterlichen Stadt erkennen. So wurden etwa Schweinerippchen gefunden. „Das lässt auf die Essgewohnheiten schließen“, lacht Arno Strassmann. „Außerdem haben wir verschiedene Ledereimer gefunden. Die kamen vermutlich beim großen Brand um 1500 zum Einsatz.“ Auch einen Fund aus der jüngeren Geschichte stellte Arno Strassmann in die Vitrine: Eine Zeitkapsel aus dem Jahr 1963. Das Kupferrohr enthielt eine Zeitung, ein paar Deutsche Mark und Pfennige sowie eine handgeschriebene Urkunde. „Bei der Grundsteinlegung der Arcaden wurde übrigens auch so eine Kapsel vergraben“, weiß Arno Strassmann.

Zur Zeit wird in Recklinghausen nach weiteren Stücken gegraben. Zum Beispiel an der Johannes-Janssen-Straße und Arno Strassmann hofft, hier sogar Stücke zu finden, die bis in die Zeit von Karl dem Großen zurück gehen.

Hintergrund
Viele Ausgrabungsstücke befinden sich noch zur weiteren Untersuchung und Datierung in Münster und Köln. Die Vitrine mit den gefundenen Objekten steht im Foyer des Gebäudes mit dem mfi-Infocenter am Kaiserwall 21 gegenüber vom Rathaus.

Autor:

Max Rolke aus Recklinghausen

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