"Der Jugend Werte vermitteln" - PWG-Schulleiter geht von Bord

Heranwachsende im Sinne demokratischer Werte zu bilden und zu erziehen war Berufsaufgabe für Rainer Schollas (64). Der Chef der Peter-Weiss-Gesamtschule wechselt jetzt nach zehn Jahren in Unna in den Ruhestand. Doch als „Aushilfslehrer“ bleibt er der Gesamtschule noch ein Jahr erhalten.
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  • Heranwachsende im Sinne demokratischer Werte zu bilden und zu erziehen war Berufsaufgabe für Rainer Schollas (64). Der Chef der Peter-Weiss-Gesamtschule wechselt jetzt nach zehn Jahren in Unna in den Ruhestand. Doch als „Aushilfslehrer“ bleibt er der Gesamtschule noch ein Jahr erhalten.
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Heranwachsende im Sinne demokratischer Werte zu bilden und zu erziehen war Berufsaufgabe für Rainer Schollas (64). Der Chef der Peter-Weiss-Gesamtschule wechselt jetzt nach zehn Jahren in Unna in den Ruhestand. Doch als „Aushilfslehrer“ bleibt er der Gesamtschule noch ein Jahr erhalten.

Die Schüler starten in die Ferien, Rainer Schollas in den Ruhestand. Jetzt sei für ihn der richtige Zeitpunkt an der Spitze der Schule Schluss zu machen. Nach 40 Jahren als Pädagoge blickt Rainer Schollas einer Realität in die Augen, in der er auch froh ist Verantwortung abzugeben. Für Schulleitung und Kollegium werde es immer schwieriger. Im Rückblick spannt Schollas den Bogen von der schlecht vorbereiteten Inklusion bis zu Defiziten bei der Digitalisierung der Schullandschaft. Mit dem Bildungsstandort Deutschland werde zwar geprahlt, aber bei den Schulen bleibe das auf der Strecke. „Und jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben“, bedauert Schollas. Zudem sehe er, was am „unteren Rand der Gesellschaft“ vor sich gehe. „Die Schulpolitik entgleist, dann ist der richtige Zeitpunkt Schluss zu machen.“
Sein Lebens- und Berufsweg führte direkt von Dortmund über das Studium zur ersten Lehrerstelle am Gymnasium Herne. Danach wechselte er zur Gesamtschule Witten und später als stellvertretender Schulleiter nach Wattenscheid. Im Studium der Sozialwissenschaften, Deutsch, Sport und Philsophie entstand sein Wunsch als Pädagoge zu arbeiten. Als „Spät-68er“ erlebte er die Ausuferung der Bewegung und die Terrorwelle der 70er-Jahre mit. „Da wollte ich als Lehrer bei jungen Menschen etwas bewegen. Im Finanzamt wäre ich nicht glücklich geworden.“ Als er zur PWG wechselte war er stellv. Schulleiter. Eine Schule in Hagen stand mit zur Auswahl. Doch die Schule in Unna gefiel ihm am besten. Schnell durfte er im Kollegium hier erleben: „Hier bleibt keiner lange alleine.“ Bei aller Kritik findet Schollas lobende Worte für den Schulträger in Unna. Millionen seien investiert worden, man tue was machbar sei. „Die Schulbetreuung identifiziert sich bestens mit den Schulen. Ich glaube hier sind dem Schulträger die Bildungseinrichtungen wirklich wichtig.“
Sprachprogramme
Seine Bilanz nach zehn Jahren an der Spitze der Schule ist beeindruckend. Heute besuchen 1240 Schüler die Gesamtschule. Gingen früher 25 Abiturienten ab, überreichte er in diesem Jahr rund 60 Abiturienten das Reifezeugnis. „Die Qualität hat dazu gewonnen. Wir haben eine sehr große Gruppe mit Realschul- und Hauptschulempfehlung.“ Ausgebaut wurde das Angebot in den Naturwissenschaften. Als Europaschule bietet die PWG eine breite Auswahl an Sprachschwerpunkten. Austauschprogramme mit Spanien, Israel, Italien, Georgien, Mazedonien, Spanien werden aktiv gestaltet.
Am meisten freut er sich, Leistungskurse im Fache Kunst eingerichtet zu haben. „ Das ist mittlerweile ein Alleinstellungsmerkmal in der Schullandschaft Unnas. Kinder mit Talenten im musischen Bereich erhalten eine Chance. Angebote wie die Agenda 21, der Bienengarten, das Musical und der Fahrradkeller konnten erhalten oder ausgebaut werden.
Berufsorientierung
Unter seiner Leitung wurde die Berufsorientierung neu strukturiert, mit der Uni Dortmund werden die Oberstufen über Möglichkeiten informiert. Das Allerwichtigste für Rainer Schollas ist aber die Anerkennung als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. „Da kann man sagen, dass haben wir zusammen hingekriegt.“ Die Grauen des Naziregimes und der Judenverfolgung nicht ins Vergessen geraten zu lassen ist Rainer Schollas eine Herzensangelegenheit. Eine kleine Gruppe von Kollegen etablierte eine Fahrt zum Konzentrationslager Ausschwitz als Pflichtveranstaltung für die 11. Klasse. Hier steht Rainer Schollas gerne über seine Pensionierung hinaus gerne zur Verfügung.
Austausch mit Israel 
Mit einer Schulklasse besuchte er vor 25 Jahren er zum ersten Mal die Gedenkstätten in Israel. Seitdem hat sich ein Netzwerk an Kontakten entwickelt. Und im vergangenen Jahr besuchte erstmals eine Schülergruppe der Peter-Weiss-Gesamtschule die Stadt. Zuversichtlich ist Schollas, dass die Verbindung der Schüler auch in Zukunft hält.
Eines seiner schönsten Erlebnisse verbindet Rainer Schollas mit der Israel-Reise. Eine Schülerin berichtete, in ihrer Gastfamilie sei eine Tochter schwanger und habe angekündigt, das Kind nach ihr nennen zu wollen. Vor einigen Wochen kam die Geburtsmitteilung und seitdem ist die PWG-Schülerin die Namenspatin.
Den Schulbetrieb wird Rainer Schollas vermissen, aus dem Unterricht ist aber noch nicht raus. Im kommenden Schuljahr unterrichtet er zwei 12er-Leistungskurse in Deutsch und Sozialwissenschaften. Denn Lust am Unterricht hat er immer noch. „Ich bekomme viel zurück.“ Aus manchen Unterrichtsstunden gehe er hinaus mit der Erkenntnis: „So habe ich das noch gar nicht gesehen.“
Nachfolge offen
Wer das Steuer der Peter-Weiss-Gesamtschule in Händen hat ist offen. Insgeheim wünscht sich Rainer Schollas, dass Gaby Sowka, seine jetzige Stellvertreterin, den Stab übernimmt. Noch stehe die Entscheidung des Betriebsrates aus.
Radfahren, Badminton und Reisen sind seine Hobbys. Sein Herz schlägt für den BvB-Dortmund. Als Dauerkartenbesitzer Südtribüne verpasst er kein Heimspiel der Elf. Wenn im kommenden Jahr auch seine Ehefrau aus dem Berufsleben ausscheidet möchten beide mehr Reisen unternehmen.

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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