Was geht mich der Krieg an?

Gerade dann, wenn einem „Volk“ (angeblich) durch einen wie gearteten „Feind“ auch immer die „kollektive Bedrohung“ droht, entwickeln die Menschen dieses Volkes oft genug eine Art von unkritischer Solidarität, die auch noch das Gefühl von Geborgenheit hinterlässt.
Und in dieser „nationalen Schicksalsstunde“ wird mit Sicherheit immer einer das Kommando übernehmen, der es auf spektakuläre Weise versteht, jedem Einzelnen das Gefühl zu vermitteln ein nützliches Glied in einer bedrohten Gesellschaft zu sein.
Nur, diese Gesellschaft wird dann nichts mehr zu sagen haben.
Aber gerade deswegen vielleicht möchte dann jeder dem Anführer gehorchen, der seine wohldosierte Anerkennung zu verteilen weiß. Menschen aber, die bereit sind eine geforderte Norm zu erfüllen, um so in ihrem Leben Halt zu finden, werden schnell bestechlich.
Denn wer erst einmal reif ist für nationale Phrasen, die so holzschnittartig abgefasst sind, dass sie die eigenen Komplexe und undefinierbaren Lebensängste ansprechen, der greift auch schnell und erleichtert nach einer Schablonensprache, die auf schlüssige Weise Problemlösungen anbietet.
Aber scheinbar stichhaltige Versionen, die mit Ausdauer vertreten werden, nehmen am Ende den Charakter des Aberglaubens an oder werden zu einer Doktrin, die sich in einer allgemeinen Denkkonvention manifestiert.
Wenn sich diese Denkkonvention allerdings mit dem „gesunden Volksempfinden“ verbindet, dann weiß jeder, wer für die Aufrechterhaltung der „Ordnung“ verantwortlich ist.
Denn demagogisch begabte Politiker verstehen sich darauf die „Angst“ ihres Volkes in einem raffinierten Surrogat von Scheinlösungen zu binden. Und je öfter sich diese Politiker an ihr Volk wenden, desto mehr wirken ihre flammenden Worte wie Transmissionsriemen, die die „Angst“ in kämpferische Energie umsetzt.
Und schon wird der Soldat aus „Angst“ schießen, auch wenn er glauben wird, sich als „Held“ fehlen zu können.
Nun steht nichts mehr im Weg, um beruhigt und geordnet, die Reihen fest geschlossen, in den Tod zu marschieren, um sich dann mit dem Feind im Massengrab wieder zu versöhnen.
Was geht mich der Krieg an? mag sich so mancher fragen. Denn schließlich ist jeden Tag irgendwo Krieg.
Aber als Soldat im Krieg war es noch nie leicht die Uniform auszuziehen, um den Krieg zu verlassen.
Aber gerade deswegen hoffen auch heute jeden Tag irgendwo auf der Welt junge Soldaten auf das Ende eines Krieges, weil sie ihrem Zivilleben entgegen fiebern. Auch ohne Altersfleck wird man schnell zu einem Veteran.
Das war nicht nur im I. Weltkrieg so.

Autor:

Dr. Mathias Knoll aus Arnsberg

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