„Bericht aus Berlin“ - MdB Wolfgang Bosbach beim KKV

Wolfgang Bosbach berichtet aus Berlin
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„Drei bemerkenswerte Ereignisse aus Kirche, Sport und Politik können wir in diesen Tagen bejubeln: Rainer Maria Woelki wird der neue Erzbischof von Köln, Deutschland ist Fußballweltmeister und Wolfgang Bosbach MdB referiert heute beim KKV, Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung, in Monheim am Rhein“, mit diesen Worten begeisterte der Vorsitzende, Herbert Süß, nicht nur den Referenten, sondern auch die fast 130 Zuhörerinnen und Zuhörer. Michaela Noll MdB und Mitglied des KKV, die ihren Fraktionskollegen in ihrem Wahlkreis herzlich begrüßte, berichtete über ihren Wechsel vom Familien- zum Verteidigungsausschuss und ihre neue Funktion als Vorstandsvorsitzende der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetretung.

In kurzweiliger und humorvoller Rede ging Wolfgang Bosbach auf die aktuellen politischen Probleme unserer Zeit ein: Er mahnte, dass wir nicht den untrennbaren Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft und sozialer Leistungsfähigkeit aus den Augen verlieren dürften. Nur wenn das Land weiterhin wirtschaftlich stark und erfolgreich sei, könne auch der Sozialstaat weiter gefestigt und ausgebaut werden. Alles das, was der Staat für die verschiedenen öffentlichen Zwecke ausgebe, müsste zunächst einmal erwirtschaftet werden. Unsere Volkswirtschaft stünde heute in Konkurrenz mit Staaten, die wir vor 25 Jahren noch als Schwellenländer oder Entwicklungsländer bezeichnet hätten. Deutschland sei kein Niedriglohnland und könne auch nie ein Niedriglohnland werden. „Wenn wir teurer sind als andere, dann müssen wir besser sein als andere. Wenn wir teurer sind als andere, dann müssen wir schneller sein als andere“, so Bosbach. Der deutsche Marktanteil in der Premiumklasse des Automobilbaus läge bei über 60 Prozent – nicht weil wir die billigsten Autos bauen würden, sondern die technisch besten.

Bosbach: „Wer nichts im Boden hat, muss was in der Birne haben!“ Die beste Investition sei deshalb die Investition in Bildung und Forschung, die Investition in die Köpfe unserer Kinder.

Verbrennungsmotor, Computer und Faxgerät seien doch deutsche Erfindungen, was beweise, dass wir durchaus die Fähigkeit hätten, mit neuen, innovativen Produkten die Märkte zu beeindrucken. Anders sei es allerdings in der Unterhaltungselektronik und bei der Telekommunikation. Dort seien viele Unternehmen aus Deutschland vom Markt verschwunden. Neue, global agierende Unternehmen wie facebook oder google seien entstanden. Diese Unternehmen hätten heute eine ungeheure Marktmacht, schließlich seien Daten das Gold des 21. Jahrhunderts.

Bosbach wies darauf hin, dass die Politik ihr Versprechen einer sicheren, sauberen Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen einhalten müsse. Unsere Wirtschaft sei auf eine sichere Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen angewiesen. BASF verbrauche mehr Strom als das Land Dänemark. Wenn 2022 das letzte Kernkraftwerk in Deutschland abgeschaltet würde, müsse die technisch anspruchsvolle Energiewende tadellos funktionieren. Die Subventionierung der erneuerbaren Energien sei jedoch mit einem erheblichen Aufwand verbunden, so erhielte die Solarenergie zwar etwa 50 Prozent der Fördergelder, sie würde aber nur etwa fünf Prozent des Strombedarfs decken. „Schon heute gilt: Wenn tagsüber die Sonne scheint und der Wind bläst, können wir zu bestimmten Tageszeiten schon jetzt unseren Strombedarf über 90 Prozent decken. Nachts aber wird es dunkel und wenn kein Wind bläst, dann liegen wir nicht bei über 90 Prozent, sondern bei nur etwa drei – vier Prozent.“ Deshalb sei die Forschung an Speicherkapazitäten so wichtig, weil heute sogenannter Überstrom in großen Mengen in das benachbarte Ausland geleitet werden müsste – dies würden sich diese Länder jedoch teuer vergüten lassen.

Zur NSA-Spähaffäre führte Bosbach aus, dass das flächendeckende Spähprogramm der USA weit über notwendige und legitime Maßnahmen zur Gefahrenabwehr hinausgehen würde. Dies nicht nur wegen der rechtlichen Möglichkeiten in den Vereinigten Staaten, sondern auch wegen der technischen Chancen. So würden 80 Prozent des gesamten E-Mail-Verkehrs über amerikanische Server geleitet und die Nachrichtendienste von Großbritannien seien in der Lage, durch das Knicken von transatlantischen Glasfaserkabeln in großer Menge Telekommunikationsdaten auszuspähen.

Bosbach schilderte im Detail, wodurch sich die Arbeit der amerikanischen und der deutschen Nachrichtendienste unterscheiden. Beide Dienste würden zwar die berühmte „Nadel im Heuhaufen“ suchen, also die Information, die man brauche um Gefahren für das Land abzuwehren, beispielsweise bei der Bekämpfung der Proliferation, der organisierten Kriminalität oder des internationalen Terrorismus. Die Amerikaner würden denken, „wenn wir das ganze Heu haben, ist die Nadel mit Sicherheit dabei“. Demgegenüber würde in Deutschland nach der Devise gearbeitet „wenn wir das ganze Heu haben, werden wir die Nadel vermutlich nicht finden“, deshalb würden unsere Dienste technisch und rechtlich limitiert, nur ganz gezielt nach sicherheitsrelevanten Informationen fahnden.

Bosbach: „Vor 50 Jahren dachten die Menschen bei dem Kürzel USA an den Marshallplan und die Care-Pakete. Vor 25 Jahren dachten sie an die amerikanische Unterstützung bei der deutschen Wiedervereinigung. Heute denken viele an NSA und CIA – und das ist eine wirklich bedauerliche Entwicklung.“ Die Ausweisung des CIA-Residenten in Berlin sei notwendig gewesen, denn Freunde und Partner würden sich nicht gegenseitig ausspähen.

Bezüglich der Krise in der Ukraine wies Bosbach die Vorwürfe gegen die EU und die NATO zurück. Es sei Präsident Janukowitsch gewesen, der mit seiner damaligen Regierung unter allen Umständen ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union habe schließen wollen. Kurz vor der Unterzeichnung eines solchen Abkommens habe es jedoch in der Regierung Janukowitsch eine Kehrtwende um 180 Grad gegeben – und anschließend Unruhen in weiten Teilen des Landes. Das jedoch könne man nicht „dem Westen“ zur Last legen. Die Ukraine müsse alleine und souverän über ihr weiteres Schicksal und ihren weiteren politischen Weg entscheiden, denn dieses Land hätte ein Selbstbestimmungsrecht, wie andere Staaten und Nationen auch.

Die sich anschließenden Fragen beantwortete Wolfgang Bosbach aus seinem reichen Kenntnis- und Erfahrungsschatz.

Weitere Infos über den KKV unter: www.kkv-monheim.de

Wolfgang Bosbach berichtet aus Berlin
Zahlreiche Besucher hörten den Ausführungen Bosbachs interessiert zu.
Autor:

Bernd-M. Wehner aus Monheim am Rhein

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