Pastor Dirk Scheuermann spricht über Gott, die Gemeinde und seine Ziele

Die Evangelische Kirchengemeinde Nierenhof entwickelt sich gegen den Trend: Die Mitgliederzahlen sind stabil, ehrenamtliche Gemeindemitarbeiter sind reichlich vorhanden und das Gemeindeleben strotzt vor Aktivität.

Woran liegt das? Auf der Suche nach einer Antwort führte Stadtanzeiger-Mitarbeiterin Astrid von Lauff ein exklusives Gespräch mit dem Pastor der Gemeinde, Dirk Scheuermann.
Herr Pastor Scheuermann, seit wann sind Sie in der Nierenhofer Gemeinde tätig und was ist Ihnen aus der Anfangszeit besonders gut in Erinnerung?
Im Jahr 1993 zog ich mit meiner Frau Claudia und unseren zwei Kindern nach Nierenhof. In den nächsten Jahren vergrößerte sich unsere Familie um zwei weitere Kinder und wir lebten uns in der Gemeinde ein. Ich erinnere mich noch gut an die große Herzlichkeit, mit der wir hier aufgenommen wurden. Das hat sich bis heute nicht geändert. Mit meinem Amtsantritt übernahm ich eine Kirchengemeinde, die schon damals über einen verlässlichen Stamm von ehrenamtlichen Mitarbeitern und einen lebendigen CVJM verfügte.
Hatten Sie damals ein Konzept? Nach dem Motto: Wo steh‘ ich, wo will ich hin?
Hm. Natürlich hat man Ziele oder Wunschvorstellungen, wie man sich eine gut funktionierende Gemeindearbeit vorstellt. Vorteilhaft für mich war sicherlich, dass ich in Tübingen praktische Theologie und Neues Testament unterrichtet habe. Fragen des Gemeindeaufbaus waren mir daher vertraut. Doch erst einmal musste ich mich damals auf meine neue Gemeinde einlassen, sie kennenlernen und ganz individuell Inhalte wie Seelsorge, Predigt oder Unterricht auf die Bedürfnisse der Menschen abstimmen.
Das hört sich einfach an, ist aber, wenn man den allgemeinen Trend betrachtet, eher ungewöhnlich. Gibt es ein Erfolgsrezept?
So könnte man es sehen, doch einen Vergleich möchte ich an dieser Stelle nicht. Gemeinden sollten miteinander arbeiten und nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Ganz wichtig ist mir bei diesem Thema zu betonen: Ich hatte tolle Startbedingungen. Das Fundament meiner Vorgänger war hervorragend, darauf konnte ich aufbauen. Allein der lebendige CVJM war sehr wertvoll. Man muss das wertschätzen, was vorhanden ist und dann weiterentwickeln. Das geht nicht alleine. Sage und schreibe 200 ehrenamtliche Mitarbeiter leisten überdurchschnittlich gute Arbeit in unserer Gemeinde, durch ihre vielfältigen Begabungen blüht die Gemeindearbeit.
Also kein Geheimnis...
Nein, kein Geheimnis. Eher Gottes Wille. Einer meiner Vorgänger hat schon vor Jahren intensiv für eine Erweckung dieser Kirchengemeinde gebetet. Als ich davon hörte, war ich tief beeindruckt, wie Gott dieses Gebet erhört hat.
Womit wir beim Thema Gott wären. Sie sind eine sehr weltoffene Gemeinde, sieht man viele ihrer Aktionen, gerade im Kinder- und Jugendbereich. Wo sind die Grenzen?
Jesus hat keine Grenze im Umgang mit Menschen. Sie müssen keinem Frömmigkeitsideal entsprechen. Dennoch hat Gott eine klare Botschaft. An meine Gemeindemitarbeiter habe ich daher diesbezüglich klare Ansprüche. Sie tragen Verantwortung innerhalb unserer Glaubensgemeinschaft und sollten den christlichen Glauben leben. Auch wenn ich nicht der Ansicht bin, dass alle Religionen gleich sind, ist jeder Mensch eingeladen, mit uns Kontakt aufzunehmen. Die Auseinandersetzung und Kommunikation mit Andersgläubigen erachte ich als sehr wichtig.
Wo machen Sie Ausnahmen?
Bezüglich meiner Prinzipien? Beispielsweise, wenn es um das Wohl der Kinder geht. Es gibt eine göttliche Ordnung, dazu gehört die Ehe. Aber: Entscheiden sich zwei unverheiratete Menschen dazu, ihr Kind taufen zu lassen, würde ich dem Kind dieses Sakrament nicht verwehren, denn in diesem Fall möchte ich dem Kind Gottes Segen nicht vorenthalten. Das habe ich vor Jahren auch schon anders entschieden, aber das Beispiel zeigt auch, dass manche Dinge sich ändern und viele Entscheidungen, die man treffen muss, hängen von ganz individuellen Sachverhalten ab.
Kinder und Familie sind Ihnen besonders wichtig...?
Hm. Vieles ist wichtig. Auch den älteren Gemeindemitgliedern muss Liebe und die nötige Fürsorge entgegengebracht werden. Aber es stimmt. Den Kindern widmen wir unser besonderes Augenmerk.
Wie sieht das konkret aus?
Mit Gottes Hilfe. Denn, wie will man ‚Gemeinde machen‘ ohne Gott? Schließlich geht es um ihn. Gott führt uns. Für alle Kinder bieten wir einmal in der Woche einen sogenannten ‚Kinderspielplatz‘ an und öffnen dafür unsere Gemeindehalle. Der Idee dazu ging ein ganz konkretes Gebet mit der Frage ‚Was können wir tun?“ voraus.
Hört sich ein bisschen nach Wunschkonzert an, nach dem Motto: Lieber Gott, ich wünsche mir...
(lächelt) Ja, so könnte man meinen. Aber, auf Gott vertrauen und so die Chancen des Lebens erkennen und nutzen, das ist kein Wunschkonzert. Wenn man dann noch sein Wissen und seinen Glauben für andere einsetzt, wie es in dieser Gemeinde viele Menschen tun, ist das gelebte Nächstenliebe.

Autor:

Astrid von Lauff aus Velbert-Langenberg

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