Es ist einem Anwalt nicht zuzumuten umsonst zu arbeiten - erst PKH bewilligen, dann Verfahren betreiben

"Über die Prozesskostenhilfe (PKH) (früher als „Armenrecht“ bezeichnet) kann gem. §§ 114 ff. ZPO einkommensschwachen Personen eine finanzielle Unterstützung zur Durchführung von Gerichtsverfahren gewährt werden. Prozesskostenhilfe kommt in Verfahren vor den Zivil-, Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichten in Betracht, wenn eine Verfahrenspartei nicht in der Lage ist, die Anwalts- und Gerichtskosten für den Prozess aufzubringen."
wikipedia

Dieser Zugang zu fachkompetenter anwaltlicher Hilfe wird in der letzten Zeit zunehmend erschwert. Anstatt aufgrund der angestiegenen, erfolgreichen Klageflut durch die Einführung von Hartz IV, das „mit heißer Nadel gestrickte“ SGB II bürgernah zu verschlanken und das Existenzminimum sicherzustellen, wurden die Hürden der Rechtsverteidigung der Bedürftigen erheblich erschwert.

Am 05.04.2012 hatten Kläger aus dem Märkischen Kreis Klage eingereicht und Prozesskostenhilfe beantragt. Mehrmals forderte der Richter den Anwalt auf das Verfahren zu betreiben, ohne jedoch die Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Nach eineinhalb Jahren endlich, mit Beschluss vom 09.10.2013 lehnte der Richter dann die Prozesskostenhilfe ab, obwohl zumindest ein Teilerfolg der Klage aus der Akte unabweisbar war. Zur Begründung führte der Richter aus: „Mangels ordnungsgemäßen Betreibens hätten die Kläger keine hinreichenden Erfolgsaussichten glaubhaft gemacht.“

Zu Unrecht hat das Gericht . . .

Am 26.06.2014 gab das LSG NRW aber dann der Beschwerde wegen der Ablehnung von PKH statt. Die vorsitzenden Richter des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen stellten klar: „Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.“

Die Richter rügen die Aufforderung der Betreibung des Verfahrens ohne zuvor Prozesskostenhilfe zu gewähren, obwohl die hinreichende Erfolgsaussicht aus der Akte absehbar sei. Die Richter stellten außerdem klar, dass an die Bewilligung der PKH keine überspannten Erwartungen gestellt werden dürften. Die Gewährung des Rechtsschutzes sei keine Vorwegnahme der Hauptsacheverhandlung, sondern bediene lediglich einen Rechtsstaatsgrundsatz.

LSG NRW, L 19 AS 2274/13 B, 26.06.2014

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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